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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
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sagen würde. Otto war der erste »König der Römer«, der »erwählt von Gottes
und des Papstes Gnaden« genannt wurde.
    Innerhalb eines Jahres wurde
Otto rebellisch und behauptete, zu Recht, sein Versprechen habe keine
rechtliche Grundlage gehabt. Innozenz exkommunizierte ihn und wählte einen
anderen. Später krönte er auch Peter von Aragon und den König von England.
Selbst Gregor VII. war es nicht gelungen, den König von England gefügig zu
machen. Wilhelm der Eroberer weigerte sich, sein Vasall zu sein, und sagte:
»Ich verdanke mein Königreich Gott und meinem Schwert.« Johann, der gekrönt
wurde, als Richard Löwenherz 1199 gestorben war, war von anderem Kaliber.
     
    Johann Ohneland war nur 1,65 m
groß und mit den Worten eines Chronisten »ein unehrlicher König«. Er war ein
verwöhntes Kind gewesen und wild, launisch und unberechenbar. Er hatte schräge
Augen wie ein Orientale; sein Fuchsgesicht war ständig fahl. Nur in Dingen der
persönlichen Hygiene war er über allen Zweifel erhaben: Man wußte, daß er in
einem Jahr acht Bäder nahm.
    Seine Unausgegorenheit zeigte
sich bei seiner Krönung. Entgegen dem Protokoll verweigerte er das Sakrament.
In feierlichen Augenblicken riß er schlüpfrige Witze und brach in sein laut
meckerndes Lachen aus. Seine Verachtung der Kirche zeigte sich zehn Jahre
zuvor, als er ohne Dispens seine Cousine Isabel von Gloucester heiratete. Ein
Jahr nachdem er König geworden war, verliebte er sich in die junge, schöne und
schon verlobte Isabel von Angoulême. Nachdem er seine Ehe selbst annulliert
hatte, heiratete er seine zweite Isabel und machte sie zu seiner Königin. Als
Innozenz sein Mißfallen kundtat, tat Johann Buße, indem er tausend Mann auf den
Kreuzzug schickte und mit gestohlenem Geld eine Zisterzienserabtei baute.
Innozenz stimmte seiner zweiten Verbindung stillschweigend zu.
    Der Papst über warf sich mit
Johann schließlich nicht wegen der Ehe, sondern wegen des Geldes. Der König
mischte sich in die Freiheiten der Kirche ein — im Klartext, er besteuerte den
Klerus, um seine Kriege mit Frankreich zu finanzieren.
    Als Johann seinen eigenen
Kandidaten zum Erzbischof von Canterbury ernannte, hatte der Papst genug. Er
ernannte Stephen Langton, den anzuerkennen Johann sich weigerte. Innozenz gab
ihm drei Monate, sich zu besinnen, oder er würde das kanonische Recht in voller
Härte zu spüren bekommen. Johann dachte nicht daran nachzugeben, sondern
vertrieb die Mönche von Canterbury aus seinem Reich. Alle außer einem Bischof
ergriffen Partei für Innozenz und gingen ins Exil. Eine siebenjährige
Auseinandersetzung zwischen König und Papst hatte begonnen.
    Innozenz zeigte, wie rücksichtslos
er sein konnte, indem er ganz England den Bann auferlegte. Dies war eine Strafe
von unglaublicher Strenge. Er hatte sie schon an Frankreich erprobt, das er
kurz nach seiner Wahl acht Monate lang gebannt hatte.
    Johann schwor »bei den Zähnen
Gottes«, wenn irgendein Bischof diese Strafe in England verbreitete, würde er
den ganzen Klerus mit ausgestochenen Augen und aufgeschlitzten Nasen zum Papst
zurückschicken. Als sie am Palmsonntag 1208 bekanntgemacht wurde, war Johanns
erste Reaktion, mit Hilfe habgieriger Barone den Kirchenbesitz zu
beschlagnahmen. Er, der das Opfer hatte sein sollen, amüsierte sich königlich.
Er erhob Steuern vom Klerus und führte nichts nach Rom ab. Sein
Lieblingsstreich war es, bei Nacht Pfarrhäuser zu überfallen und unkanonische Ehefrauen
— die focariae oder Herdgenossinnen — aus den Betten der Pfarrer zu
entfernen. Wenn diese tonsurierten Herren ihre Frauen wiederhaben wollten,
mußten sie ein dickes Lösegeld zahlen. Dies unterschied sich kaum von den
Einfällen des Boten des Erzdiakons, des meistgehaßten Beamten. Wenn er die
Geliebte eines Priesters entdeckte — und seine Erfolgsquote war phänomenal hoch
—, erhob er einen »Sündenzins« von jährlich zwei Pfund.
    Der größte Teil Englands litt.
Kinder wurden ebenso wie Erwachsene zu Opfern. Die Religion, Unterhaltung und
Trost des Volkes, war illegal geworden. Die einzigen Treffpunkte, die Kirchen,
waren verriegelt und verrammelt gegen alle, außer die Fledermäuse und die
Wanderfalken, die in den Türmen der Kathedralen nisteten. Zum Schweigen
gebracht durch dieses Verdikt war der lieblichste Klang ganz Englands: die
Glocken. Nicht länger perlte über Stadt und Land dieser »Glockeninsel« das
Geläut zum Begräbnis oder zum Angelus, nicht länger ertönte die bronzene,

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