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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
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dem Papstthron nie sicher fühlen.
     
    Die Colonna waren Abkömmlinge
der Conti von Tusculum. Abgesehen davon, daß Bonifaz den Thron, ihren Thron
usurpiert hatte, störte es sie, daß er ihr Land um Rom herum geschluckt und
Mitgliedern seiner Familie geschenkt hatte. Als die Colonna einen päpstlichen
Konvoi überfielen, der mit Gold beladen war, behandelte Bonifaz sie wie Türken,
indem er gegen sie einen Kreuzzug mit Ablässen predigte. Als sie so vorsichtig
waren, sich aus Rom fortzustehlen, beschuldigte er sie, mit den Franzosen im
Komplott zu sein, um ihn zu stürzen. Im Gegenzug sandte er Armeen in die Berge
um Rom, um ihre Zitadellen dort zu zerstören, die Bauern auf dem Land zu töten
oder als Sklaven zu verkaufen. Bald boten nur noch die Felswände Palestrinas
den Colonna Zuflucht.
    Die beiden Colonna-Kardinäle
hatten keine Wahl, als um Gnade zu flehen. Sie eilten nach Rieti, wo der Papst
residierte, und warfen sich vor ihm nieder, mit Stricken um den Hals und in
schwarzen Bußgewändern.
    Bonifaz’ Augen leuchteten
heller als seine Tiara; er schenkte ihnen ihr Leben und nahm ihnen etwas, das
ihnen mehr wert war: ihre Ehre. Er verstieß sie aus dem Heiligen Kollegium und
zertrümmerte ihre Siegel mit einem Hammer. Dann reiste er nach Anagni, seiner
Lieblingsstadt über dem breiten Saccotal vierzig Meilen östlich von Rom. Dort,
auf dem unteren Kamm des Monte San Giorgio, war er geboren und aufgewachsen.
    Er ging zum Fenster im oberen
Zimmer des Papstpalastes; von dort hatte er einen herrlichen Blick über die
Frühlingsvegetation. Palestrina, eine der sieben Säulen der römischen Kirche,
kauerte am Hang eines Hügels, umgeben von Oliven und Lorbeer. Horaz hat eins
seiner lieblichsten Carmina zum Ruhm Palestrinas geschrieben, und dort
war im dritten Jahrhundert der Kindmärtyrer Agapitus um Christi willen
erschlagen worden. Nachdem er ein Gebet gemurmelt hatte, hob und senkte der
Papst seine Hand wie ein Rachegott. Sofort wurde eine Flagge auf den
Palastzinnen gesenkt, das Zeichen für die päpstlichen Truppen, mit dem Sturm
auf Palestrina zu beginnen.
    Nichts wurde verschont. Man
berichtete von sechstausend Toten, obwohl viele der Einwohner in die Umgebung
geflüchtet sein müssen. Paläste, unter ihnen das Haus Julius Caesars,
Antiquitäten und herrliche Mosaiken, ein runder Marientempel über einer
Marmortreppe mit hundert Stufen — alle ereilte das gleiche Schicksal. Nur die
Kathedrale wurde verschont. Der Rest wurde so rücksichtslos dem Erdboden
gleichgemacht wie einst Karthago. Es wurde umgepflügt und Salz in die Furchen
geschüttet, um die Trostlosigkeit vollkommen zu machen. Es würde eine andere
Stadt geben, versprach Bonifaz, eine Civitas Papalis, die etwas von
Loyalität gegenüber Seiner Heiligkeit verstehen würde.
    Für diese monströse Tat im
Frühling 1299 begrub Dante Bonifaz VIII. im Achten Kreis der Hölle, kopfunter
in den Felsspalten.
     
    Drei Jahre später, an einem
kalten Tag Mitte November 1302, war Bonifaz wieder in Anagni. Seine Stimmung
war so übel, daß selbst der Anblick des zerstörten Palestrina sie nicht heben
konnte. Was sollte aus der Christenheit nur werden, wenn er sich nicht auf
seinen ältesten Sohn verlassen konnte? Seine Auseinandersetzung mit Philipp dem
Schönen von Frankreich zog sich endlos hin. Der König nahm es dem Papst bitter
übel, daß er ihn nicht wie versprochen zum Kaiser gemacht hatte. Im Gegenzug
hatte er Steuern vom Klerus erhoben, um seine militärischen Feldzüge zu
finanzieren.
    Vor sechs langen Jahren hatte
Bonifaz mit seiner Bulle Clericis laicos zurückgeschlagen. Er nahm sie
sich vor und las sie noch einmal. Seine eigene Unbeugsamkeit erstaunte ihn noch
immer. Gregor VII. hätte sie nicht übertreffen können. »Die Laien waren den
Klerikern immer feindlich gesinnt.« Wie wahr, seufzte er mit seinem gewohnten
Lispeln. Philipp war ein Paradebeispiel für dieses Prinzip. Bonifaz hatte jeden
Kleriker mit Exkommunikation bedroht, der einen Pfennig an einen Laien zahlte,
sei er König oder Kaiser. Tatsächlich beschloß er, wenn ein habgieriger Monarch
auch nur einen Finger auf ein einziges Stück Kirchensilber legte, würde er ihn
sofort von Christus abschneiden, und wenn er nicht bereute, würde er sein
Königreich verlieren.
    Wurde Philipp von seinem
Wahnsinn geheilt? Mitnichten. Er hatte den Export von Gold und Silber verboten;
der Dieb steckte alle Kircheneinnahmen in seine Tasche; und was am schlimmsten
war, er hatte einen Bischof

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