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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
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Frau und ihre Tochter als Mätressen. In einer jener
hingeworfenen Bemerkungen, für die er berühmt war, sagte er: »Sex ist wie
Händereiben.« Nun, da er alt wurde, war sein einziges Hobby außer dem
Geldmachen, sich Feinde zu machen. Der spanische Arzt, der ihm das Leben
rettete, wurde nach ihm der meist-gehaßte Mann Roms.
     
    Bei aller oberflächlichen
Selbstsicherheit hatte Bonifaz eine ständige Sorge. Zu viele Prälaten
argwöhnten, er habe seinen Vorgänger durch Betrug zum Rücktritt gebracht. Es
ist eine der seltsamsten Geschichten der katholischen Kirche, und sie begann im
Jahr 1292 mit dem Tod Papst Nikolaus’ IV.
    Das Konklave, das in Perugia
gehalten wurde, konnte sich nicht über einen Nachfolger einigen. Die elf
Wahlberechtigten waren zwischen den Colonnas und den Orsinis gespalten, so daß
die Diskussionen wochenlang, dann monatelang ergebnislos weitergingen. Benedikt
Gaetani stand abseits von alledem und hoffte, man würde als Kompromiß ihn
wählen. Nach zwei Jahren, in denen sich nichts bewegte, gab Gaetani vor, einen
»Brandbrief« von einem alten Einsiedler empfangen zu haben. Petrus von Morone,
der sich in einer Abruzzenhöhle verborgen hielt, stand im Ruf der Heiligkeit.
Er verlangte, die Kardinäle sollten der verwaisten Kirche einen Papst geben.
Statt Gaetani schlug der Dekan Petrus von Morone selbst vor — mit Erfolg.
    Im heißen Sommer 1294 verließ
eine päpstliche Reisegruppe Perugia. Nach einer Reise von 150 Meilen und einem
Aufstieg von tausend Fuß stießen sie auf den neuen Papst. Mager, struppig,
ungewaschen spähte er durch das Gitter seiner selbstgebauten Zelle wie ein
verwirrter Mönch. Der Ruch der Heiligkeit war nicht angenehm. Die päpstliche Delegation,
geführt von Kardinal Petrus Colonna, kniete mit den Worten »Heiliger Vater«
nieder. Sobald er begriffen hatte, daß es kein Scherz, nicht nur der Traum
eines alten Mannes war, nahm Petrus von Morone an. Er nannte sich Coelestin V.
    Der neue Papst mißbilligte Roms
Sittenlosigkeit und bestand deshalb darauf, seinen Sitz in Neapel zu haben. Um
sein Vertrauen zu gewinnen, baute ihm Gaetani eine hölzerne Zelle in einen der
riesigen Räume des Castello Nuovo, der fünftürmigen Burg über dem Meer. Dort,
wie ein Zeitgenosse es ausdrückte, hoffte Seine Heiligkeit sich zu verbergen
wie ein Fasan im Unterholz. Dies war nicht seine Umgebung, und diese weltlichen
Fürsten waren vollkommen Fremde für ihn. Er konnte die geschliffenen
lateinischen Phrasen, die sie benutzten, nicht verstehen. Er räumte seine
Ställe und reiste bei Bedarf auf einem Esel, wie Jesus.
    Die Kirche hatte sich seit den
frühen Tagen so sehr verändert, daß Jesus selbst nicht hineingepaßt hätte. Den
Kardinälen wurde ihr Fehler bald klar. Coelestin verschenkte Kirchenbesitz an
Unwürdige, etwa an Arme und verarmte Mönche, mit denen er immer verbunden
gewesen war. Er hatte kein Flair für Simonie. Er würde die Kirche im
Handumdrehen bankrott machen. Sogar von Banketten hielt er sich fern und zog es
vor, in Einsamkeit eine Brotkruste zu knabbern und Wasser zu nippen.
    Es mußte etwas getan werden,
und wer war besser geeignet, es zu tun, als Benedikt Gaetani? Er bohrte ein
Loch in die Wand der päpstlichen Zelle und steckte ein Sprachrohr hinein. In
der Mitte der Nacht flüsterte er in das Sprachrohr: »Coelestin, lege dein Amt
nieder. Es ist eine zu große Last für dich.« Nach mehreren Nächten, in denen er
auf die Stimme des Heiligen Geistes hörte, beschloß der einfache Mönch
abzudanken. Nur fünfzehn Wochen nach seiner Krönung berief er seine Kardinale
ein und bat sie — mit wenig Hoffnung auf Erfolg —, ihre Mätressen ins Kloster
zu schicken und in Armut zu leben wie Jesus. Er vertauschte seine päpstliche
Robe mit dem rauhen Eremitengewand, trat zurück und reiste ab. Gaetani, ein
Jurist, hatte diesen erfolgreichen Ausgang arrangiert; er, der Gegenpol zu
Coelestin, beanspruchte nun das Recht auf den Thron. Er übernahm ihn im
Dezember 1294 und kehrte sofort nach Rom zurück. Doch da er fürchtete,
Coelestin könnte mit spirituellen Fanatikern wie Jacopone da Todi zurückkehren,
ergriff er die Vorsichtsmaßnahme, ihn in der Burg von Fumone einzuschließen;
dort starb der alte Eremit anderthalb Jahre später an Hunger und
Vernachlässigung.
    Die Familie Colonna erfuhr, daß
Gaetani Coelestin aus dem Amt gedrängt hatte, und setzte dies Wissen ein, um
seine Legitimität in Frage zu stellen. Bei all seiner Macht sollte sich Bonifaz
VIII. auf

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