Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
Vom Netzwerk:
verhaftet. Zitternd vor Wut griff Bonifaz zur
Feder. Eine neue Bulle. Sie war an die Kirche der ganzen Welt gerichtet. Nach
ihr haben viele Katholiken, einschließlich einiger Päpste, sich gewünscht, er
hätte sie nicht geschrieben.
     
     
    »Unam sanctam« und das Klirren
der Schwerter
     
    Der Papst saßversunken an seinem Pult; nur der Gänsekiel, der auf dem
Papier kratzte, war zu hören. Seine ersten Worte sollten um die Welt gehen: Unam
sanctam. »Es gibt nur eine heilige, katholische und apostolische Kirche;
außerhalb ihrer gibt es keine Erlösung oder Vergebung der Sünden.«
    Es war das beste, diesen
Anspruch laut und deutlich geltend zu machen. Er, der Papst, war das eine Haupt
der Kirche, zusammen mit Christus und Petrus. Diese Kirche ist die Arche der
Rettung; jeder, der außerhalb ist, ist verdammt zum Untergang für immer,
speziell die griechischen Christen, die sich weigern anzuerkennen, daß der
Papst Hirte der ganzen Herde ist.
    Ein weniger pastorales Bild kam
ihm in den Sinn. Seine Augen leuchteten auf. Die zwei Schwerter. »Die Apostel
sagten zu Jesus: Hier sind zwei Schwerter. Der Herr antwortet nicht: Zuviel,
sondern: Genug!« Dies hat die mittelalterliche Exegese selten übertroffen.
    Jetzt raste seine Feder.
     
    Wer
leugnet, daß das zeitliche Schwert in der Macht Petri ist, mißdeutet die Worte
des Herrn »Stecke dein Schwert in die Scheide«. Beide Schwerter, das geistliche
und das weltliche, sind in der Macht der Kirche. Das geistliche wird von der Kirche geführt, das
weltliche für die Kirche. Das eine durch die Hand des Priesters, das andere
durch die Hand von Königen und Rittern nach dem Willen und Einverständnis des
Priesters. Ein Schwert muß unter dem anderen sein; das weltliche unter dem
geistlichen, wie die zeitliche Autorität allgemein unter der geistlichen ist.
     
    Bonifaz hielt inne, um die
Ruinen Palestrinas zu betrachten. Was war ein besserer Beweis für die rechte
Ordnung der Dinge in einem geistlichen Gemeinwesen? »Die geistliche Macht«,
fuhr er fort, »muß die weltliche Macht einsetzen und beurteilen, ob sie gut ist
oder nicht. Wie Jeremia sagte: ›Siehe, heute habe ich dich über Völker und
Reiche gesetzt.‹« Er hoffte, Philipp und alle Monarchen würden sich seine Worte
diesmal zu Herzen nehmen.
    Ein letzter autoritativer
Akzent, damit seine Bedeutung eindeutig war: »Wir erklären, verkünden und
definieren, daß es für jedes Geschöpf zur Erlösung unbedingt erforderlich ist,
dem römischen Oberhirten untertan zu sein.«
    Um seine Autorität zu
unterstreichen, unterschrieb er die Bulle als im Lateran gegeben, im achten
Jahr seines Pontifikats. Er rief seinen Sekretär, einen Bischof, und reichte
ihm Unam sanctam zur Abschrift und Verteilung in der ganzen Kirche.
     
    In Frankreich war die Reaktion
ungnädig. Ein Berater des Königs kommentierte: »Das Schwert des Papstes besteht
nur aus Worten; das meines Herrn ist aus Stahl.«
    Philipp verbreitete das
Gerücht, Bonifaz habe seinen Vorgänger zum Rücktritt gezwungen, dann
eingeschlossen und ermordet. Bonifaz ist ein Tyrann, erklärte er, ein Ketzer,
eine Beute jedes Lasters.
    Der König wußte, daß es mit
Worten nicht getan war. Er mußte energisch und rasch handeln, bevor er
exkommuniziert war. Er rief seinen Kanzler Wilhelm Nogaret zu sich. Zusammen
heckten sie einen kühnen Plan aus. Ein Trupp bewaffneter Männer sollte
trainiert werden, um den Papst nach Frankreich zu entführen. Dort würde er sich
vor einem Allgemeinen Konzil verantworten, das ihn zweifellos absetzen würde.
    Nogaret verneigte sich vor
seiner Majestät, und innerhalb von Wochen war die Expedition marschbereit.
     
    In Rom frohlockte Bonifaz. Unam
sanctam hatte ihm mehr Spaß gemacht als die Plünderung Palestrinas, sogar
mehr als der Anblick von zwei Millionen Pilgern, die im Heiligen Jahr vor zwei
Jahren nach Rom geströmt waren, um ihn zu bereichern. Gott hatte sozusagen die
Echtheit seiner Bulle bestätigt, indem er dafür sorgte, daß Philipp in der
Schlacht bei Courtrai von den Flamen besiegt wurde.
    Nun wußte die ganze Kirche, daß
Gott gebührt, was Gottes ist, und was des Kaisers ist — nun, daß auch das Gott
gebührt. Natürlich. Selbst wenn ein paar Päpste nicht den Mut gehabt hatten, es
auszusprechen. Schließlich gebührt alles Gott, denn er hat alles geschaffen,
und der Papst vertritt Gott. Der Papst als Oberhirte ist verpflichtet, die
gesamte Herde zu weiden, einschließlich der größten Schafe von allen:

Weitere Kostenlose Bücher