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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
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Ihr Hauptproblem bestand darin, diesen
riesigen, stinkenden Klumpen in einen engen Sarg zu bekommen. Da sie einen
solchen Ansteckungsherd nicht berühren wollten, banden sie einen Strick um den
geheiligten Fuß, so oft geküßt von Fürsten, Prälaten und hübschen Frauen, und
zerrten ihn von der Bahre. Der dicke Leichnam zischte, als er auf den kalten
Boden aufschlug. Sie schlugen ihm die Mitra herunter und hoben ihn mit Seilen
an, gerade hoch genug, um ihn in den Sarg plumpsen zu lassen.
    Inzwischen, so Burchard, waren
da »weder Kerzen, Lichter noch Priester oder sonst irgend jemand, um bei dem
toten Papst zu wachen«. Wie die Gnade Gottes war die Leiche zusammengedrückt
und dennoch überfließend. Burchard brauchte seine ganze Kraft, sie in die
richtige Form für den Sarg zu schlagen. Da sonst nichts da war, bedeckte er
schließlich den Knecht der Knechte Gottes mit einem alten Stück Teppich.
    Die Träger des Palastes mußten
mit den Klerikern der Basilika kämpfen, denn diese weigerten sich, die Leiche
zum Begräbnis hineinzulassen. Nur vier Kirchenfürsten wohnten dem Begräbnis
bei. Der Sarg durfte nur die kürzeste Zeit in der Krypta von St. Peter bleiben.
Papst Julius II. bestätigte später, es sei Gotteslästerung, für die Verdammten
zu beten. Deshalb wäre jede Seelenmesse für Alexander ein Sakrileg.
    1610 wurde die Leiche ganz aus
der Basilika verbannt; heute ruht sie in der spanischen Kirche in der Via di
Monserrato und wartet angstvoll auf das Jüngste Gericht.

7. Kapitel

Die unvermeidliche Reformation
     
     
     
     
     
     
     
    Bald nach Borgia kam einerder bemerkenswertesten Männer der Geschichte auf den
Papstthron, Julius II. Er war ein Franziskaner aus Genua, groß, gutaussehend
und syphilitisch, und schmierte sich den Weg zum Papsttum mit Hunderttausenden
von Dukaten. Danach ordnete er an, daß künftig jeder, der ein Konklave bestach,
abgesetzt werden sollte. Er war ein athletischer Mann und trug immer einen
Stock bei sich, um jeden zu schlagen, der ihn ärgerte. Für diesen Wirbelsturm
von Mann war Religion noch nicht einmal ein Hobby. Seine Fastengerichte
bestanden aus Garnelen, Thunfisch, Neunaugen aus Flandern und dem feinsten
Kaviar. Am besten ist er als Mäzen der Künste in Erinnerung. Eines Tages führte
er einen einunddreißigjährigen Bildhauer in die Sixtinische Kapelle. Der junge
Mann war breitschultrig, mager, mittelgroß, mit dickem, schwarzem Haar und
gebrochener Nase von einer Prügelei in seiner Lehrlingszeit mit einem Jungen,
der größer war als er selbst.
    Papst Julius zeigte mit seinem
Stock zur Decke: »Das. Das sollst du für mich ausmalen.«
    Michelangelo sah hinauf und
unterdrückte ein Stöhnen. Die Decke war zwanzig Meter hoch und konkav. Wie
konnte er oder überhaupt jemand da Perspektiven herausarbeiten? Außerdem war er
kein Maler. Bisher hatte er nur ein paar Leinwände bemalt und war nicht allzu
stolz auf sie. Er arbeitete lieber in Stein. Stein ist etwas Bleibendes. Nein,
er würde ablehnen. Ohne Ankündigung ging er in seine Heimatstadt Florenz; dort
war er in der reinen Luft des Arezzolandes aufgewachsen und hatte seine
Bildhauerei mit der Ammenmilch eingesogen.
    Zwei Jahre später, 1508, zwang
Julius ihn ohne seinen Hammer und Meißel nach Rom zurück. So begann das
Gemälde, das diesen jungen Mann von der Unbekanntheit zum Gipfel der Größe
erheben sollte. Trotzig wie immer, schrieb er auf seine erste Honoraranweisung:
»Ich, Michelangelo Buonarroti, Bildhauer, habe 500 Dukaten zur
Verrechnung bekommen... für das Ausmalen des Gewölbes der Sixtinischen
Kapelle.«
    Julius sollte ihn mehr als
einmal schlagen, denn es ärgerte ihn, daß dieser Mann ebenso stürmisch war wie
er selbst. Einmal mußte Michelangelo als Zeichen der Unterwerfung mit einem
Strick um den Hals vor ihm erscheinen.
    In vier Jahren sollte er etwa
580 Quadratmeter Decke mit 300 Figuren ausmalen. Seine Erinnerungen an jene
Jahre schrieb er in einem Gedicht nieder. Durch das lange Liegen auf dem Rücken
bekam er einen Kropf, der wie ein Eimer, aus dem Tiere trinken, an seinem Hals
schlenkerte. Sein Rücken wurde krumm wie der eines Bogenschützen. Seine
Bartspitze zeigte zum Himmel, so daß Kinn und Bauch praktisch ineinander
übergingen. Sein Pinsel tropfte ihm ständig ein Mosaik von Farbe aufs Gesicht.
Dies ist keine Stelle zum Bemalen, stöhnte er, und ich bin nicht einmal Maler.
    An Allerheiligen 1512 schwang
dieser Nichtmaler die Tür der Kapelle auf. Hoch auf dieser

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