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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
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namens Perroto in Stücke gehackt, Alexanders Lieblingskämmerer,
weil er mit seiner Schwester schlief. Es war nicht die Sünde, sondern die
Unvernunft dabei, die ihn störte. Es war wichtig für die Interessen der
Familie, und speziell Cesares Interessen, daß Lucrezias frühere Ehe mit
Giovanni Sforza beendet wurde, damit sie in die Königsfamilie von Neapel
heiraten konnte. Die Annullierung wurde mit Nichtvollzug begründet. Eine
Kommission bezeugte ihre Jungfräulichkeit nach dreijähriger Ehe und
beschuldigte implizit ihren Mann, impotent zu sein. Ganz Rom schrie vor Lachen,
als die Nachricht durchsickerte. Lucrezia galt als »die größte Hure, die es in
Rom je gab«. Ihr Gatte, Sforza, verweigerte die Zusammenarbeit mit der
Kommission und betonte, es habe außerordentlich viel Vollzug gegeben. Er
schwor, er habe sie »zahllose Male fleischlich erkannt«. Sein Onkel, Ludovico
von Mailand, schlug trocken vor, er solle seine Fähigkeiten vor Zeugen unter
Beweis stellen.
    Dies war nicht die einzige Scheidung,
die Alexander unter dem Anschein einer Annullierung ermöglichte. Nicht, daß es
Lucrezias neuem Ehemann half. Als er 1500 seine Schuldigkeit getan hatte, ließ
ihn Cesare erdrosseln. Perroto war ein früheres Opfer. In Cesares Augen hatte
er den Ruf seiner Schwester in einem heiklen Augenblick kompromittiert und war
entsprechend zu behandeln.
    Der Papst mit seinen
blinzelnden Triefaugen versuchte, seinen Kämmerer unter seinem Umhang zu bergen
und schrie auf spanisch: »Nein, Cesare, um Gottes willen, nein!« Cesare stach
mit dem Messer zu, so daß das Blut in das Gesicht des Papstes hinaufspritzte.
Danach bekam die Leiche die übliche Behandlung: Sie wurde in den Tiber gekippt.
Tagelang hörte der Papst die Schreie des Jungen, roch das Blut, das seine Soutane
bis auf seine schlotternde Brust durchnäßte, fühlte Perroto bei jedem neuen
Stich zurückweichen, bis er im Tod erschauerte.
     
    Alexanders eigener Tod, im
voraus angezeigt durch eine Eule, die bei Tageslicht durch sein Fenster flog
und zu seinen Füßen verendete, war maßgeschneidert. Wahrscheinlich vergiftete
Cesare sich selbst und seinen Vater aus Versehen. Die Cantarella im Wein war
für ein paar reiche und eminent entbehrliche Kardinäle bestimmt.
    Cesare kam wieder zu Kräften.
Er sollte drei Jahre später tapfer auf dem Schlachtfeld von Viana in Spanien
sterben, wo er es ganz allein mit einer Armee aufnahm. Als sein Leichnam
entkleidet wurde, waren dreiundzwanzig Wunden darin. Der dreiundsiebzigjährige
Papst erlag dem Gift. Burchard in seinen Tagebüchern und Botschafter in ihren
Depeschen berichteten im Detail, was geschah.
    Das weiße Arsen ließ einen
Feuerball in seinem Bauch entstehen. Stundenlang lag er auf seinem Bett, mit
blutunterlaufenen Augen und gelbem Gesicht, und konnte nicht schlucken. Seine
Haut wurde streifig wie die eines Tigers und begann, sich abzuschälen. Das Fett
an seinem Bauch verflüssigte sich. Magen und Gedärme bluteten.
    Die Ärzte versuchten es mit
Brechmitteln und Aderlaß, aber es war sinnlos. Nach dem Empfang der
Sterbesakramente hauchte dieser Mann, in dem laut Guiccardini keine Religion
war, sein Leben im Borgiaturm aus, in einem von Pinturicchio ausgemalten
Zimmer.
    Cesare, noch ans Bett gefesselt
und tieftraurig, daß sein Papst-Vater und Gönner nicht mehr war, befahl, die
päpstlichen Gemächer zu versiegeln, damit seine eigenen Leute sie plündern
konnten und nicht Lakaien habgieriger Kardinäle.
    Die Leiche wurde zwischen zwei
brennenden Kerzen aufgebahrt. Sie war inzwischen pechschwarz und begann zu
faulen. Burchard erinnerte sich, daß der Mund schäumte wie ein Kessel über dem
Feuer. Die Zunge wurde so dick, daß sie den Mund völlig füllte und ihn
offenhielt. Sein Leib war formlos und begann, wie ein Frosch anzuschwellen, bis
er ebenso breit wie lang war. Giustiniani, der Botschafter von Venedig, schrieb
in einer Depesche, Borgia sei »die häßlichste, monströseste und schrecklichste
Leiche, die je gesehen wurde, ohne menschliche Form oder Ähnlichkeit«. Cesares
Diener zogen der Leiche die Ringe von den Fingern, schafften Kerzenleuchter,
Schmuck, Gewänder, Gold und Silber fort, selbst die Teppiche. Bei alledem fuhr
der Kaplan ruhig fort, die Leiche zu waschen. Als dann das Zimmer kahl war,
explodierte sie, und aus jeder Körperöffnung traten schweflige Dämpfe. Sechs
Träger und ein paar Zimmerleute klemmten sich die Nasen zu und versuchten, mit
Gelächter einen Alptraum durchzustehen.

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