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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
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einmischte.
    Dieser Kirchenstaat, den die
Päpste wie das Dogma der Dreifaltigkeit gehütet hatten, war zu jener Zeit
zweimal so groß wie das Heilige Land, mit einer Bevölkerung von fast drei
Millionen. Seit die Kirche begonnen hatte, ihn nach Konstantins Abzug nach
Byzanz für sich zu gewinnen, war seine Wirkung letzten Endes immer gewesen,
ihre geistliche Mission zu korrumpieren und zu lähmen. Im vierzehnten
Jahrhundert hatte Giovanni de’ Mussi geschrieben: »Seit Sylvesters Zeit waren die
Folgen der weltlichen Macht unzählige Kriege gewesen.... Wie ist es möglich,
daß es nie einen guten Papst gegeben hat, der diese Übel behoben hätte, und daß
so viele Kriege für diesen vergänglichen Besitz geführt wurden?«
    Niemand hatte so verbissen für
ihn gekämpft wie Julius II. Er war mehr oder minder intakt, als Clemens VII.,
benommen von der Plünderung Roms, 1527 den venezianischen Botschafter traf, der
bald darauf Kardinal wurde. Contarini versuchte den Papst zu trösten.
     
    Eure
Heiligkeit müssen nicht glauben, das Wohlergehen der Kirche Christi sei in
diesem kleinen Kirchenstaat beschlossen: Im Gegenteil, die Kirche hat
existiert, bevor sie den Staat besaß, und da war es um sie besser bestellt. Die
Kirche ist die Gemeinschaft der Christen; der weltliche Staat ist wie jede
andere Provinz Italiens, und deshalb müssen Eure Heiligkeit vor allem danach
streben, das Wohlergehen der wahren Kirche zu fördern, das im Frieden der
Christenheit besteht.
     
    1870 hatte nur das zaristische
Rußland eine schlimmere Regierung als der Kirchenstaat. Es gab in ihm keine
Freiheit des Gedankens oder des Ausdrucks und keine Wahlen. Bücher und
Zeitungen wurden zensiert. Juden wurden in Gettos gesperrt. Die Justiz war ein
blinder, hungriger Löwe. Es war, offen gesagt, ein Polizeistaat unter
päpstlicher Flagge, mit Spionen, Inquisitoren, Repressalien, Geheimpolizei und
Hinrichtungen für Bagatellvergehen an der Tagesordnung. Eine kleine, korrupte,
sittenlose und eng verbundene klerikale Oligarchie herrschte im Namen Seiner
Heiligkeit mit eiserner Knute.
    Die Lage hatte sich nur
verschlechtert, seit Lord Macauley 1838 Italien bereist hatte. Er hatte damals
versucht, sich vorzustellen, wie England wohl aussähe, wenn alle
Parlamentarier, Minister, Richter, Botschafter, Kommandeure und Admiräle
Bischöfe oder Priester wären. Noch schlimmer: ehelose Bischöfe oder Priester.
Um voranzukommen, müßten die größten Schürzenjäger Kleriker werden und ein
Keuschheitsgelübde ablegen. Wie Macauley in seinen Briefen schreibt, war
dies das Resultat: »Korruption steckt alle öffentlichen Ämter an— Der
Kirchenstaat ist, glaube ich, am schlechtesten in der ganzen Welt regiert; und
die Schwachsinnigkeit der Polizei, die Käuflichkeit der Beamten, das Elend des
Landes drängen sich der Beachtung des unbekümmertsten Reisenden auf.«
    Etwa dreißig Jahre später war
der Kirchenstaat reif zur Rebellion.
     
    Viele Avancen wurden Pius
gemacht; oft wurde er gebeten, Italien und das Papsttum zu retten. Man wies ihn
respektvoll darauf hin, daß Herodes König in Judäa war, nicht Jesus, und daß
»weltliche Macht« in den Evangelien nicht erwähnt sei. Vielmehr sagte Jesus
deutlich: »Mein Reich ist nicht von dieser Welt.« Trotz der Konstantinischen
Schenkung besaßen die Päpste nie eine einzige Stadt außer Rom, bis ihnen der
König der Langobarden 728 Sutria schenkte. Der Papst wurde gebeten, zu
bedenken, daß das Papsttum in seiner Hochblüte in der Renaissance so wenig
erbaulich war, daß es die Gefolgschaft der halben Christenheit verlor. Er bekam
Garantien vollständiger Unabhängigkeit als Oberhaupt der Kirche. Ja, seine
Führung in Moral und Religion würde um so heller leuchten. Gegen all diese
Bitten verhärtete der Papst sein Ohr. Die moderne Zivilisation war des Teufels,
meinte er, und er weigerte sich, mit dem Fürsten der Finsternis zu verhandeln.
    Nun wurde die Einheitsbewegung
unter König Viktor Emanuel im Piemont immer stärker. Cavour, ihr Architekt,
verkündete das Ideal einer freien Kirche und eines freien Staates. Wie Moses
sollte er das Gelobte Land nicht betreten, doch selbst auf seinem Sterbebett
rief er dem Priester, der ihm die Letzte Ölung geben sollte, zu: »Bruder!
Bruder! Eine freie Kirche in einem freien Staat.« Pius IX. brandmarkte dies
Glaubensbekenntnis mit dem Siegel der Ketzerei.
    1862 bekam er eine Petition, unterzeichnet
von zwölftausend Priestern. Sie beschworen Seine Heiligkeit, die

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