Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Rosa
Vom Netzwerk:
Gladstone, war es ein Riesenschritt rückwärts für
die Menschheit ins finstere Mittelalter. Viele waren aufrichtig ratlos. Wie kam
es, daß es achtzehn Jahrhunderte nach Petrus Wochen qualvoller Debatten
brauchte, um mit einem Fragment der Kirche mehrheitlich zu beschließen, diese
Lehre, heiß bekämpft bis zur letzten Minute, sei plötzlich dem Evangelium gemäß
und entscheidend für das Seelenheil?
    Die theologisch Veranlagten
waren mit einem feinen Gespür für Ironie erfreut, daß es nun wenigstens einen
Protestanten gab, der in der katholischen Kirche seine private Meinung pflegte:
den Papst. Dies war eine sehr scharfsinnige Kritik. Vaticanum I hatte den Papst
vom »allerkatholischsten« Katholiken zum einzigen Protestanten der Kirche
gemacht.
    Die eher philosophischen
Kritiker fragten, wie der Papst unfehlbar über Gott sprechen kann, wenn dieser
unfaßbar ist und in unzugänglichem Lichte wohnt.
    Doch die weisesten aller
Beobachter meinten: Dies ist nicht so sehr eine religiöse als vielmehr eine politische
Aussage. Der Papst, der dabei war, seinen Kirchenstaat zu verlieren, wollte
absoluter Monarch in einem Land sein, das nicht einmal der mächtigste Monarch
ihm entreißen kann.
    Das Streben nach absoluter
Macht hatte nicht aufgehört; es sollte auf der Ebene der Wahrheit weitergehen.
     
    Leider war die Geschichte des
Papsttums wie bei der Macht, so auch bei der Wahrheit keine gute.

TEIL II
    ------------

WAHRHEIT
     
     
     
     
    »Die Päpste waren nicht nur
Mörder im großen Stil, sondern sie machten Mord
obendrein zur Rechtsgrundlage der christlichen Kirche und zur Vorbedingung des
Seelenheils.«
    Lord
Acton

9. Kapitel

Die Vernichtung des Abweichenden
     
     
     
     
     
     
     
     
    Das Haus des Papstes an der Ecke
     
    Obwohl es sich immer Heilig, Katholisch und Apostolisch genannt hat, gehen es wenige
Pilger anschauen — wenn überhaupt jemand. Wenige Führer erwähnen es. Das ist
seltsam angesichts seiner Geschichte, denn man könnte sagen, daß dies Gebäude
den Schlüssel zum Verständnis der römischen Kirche bedeutet. Es ist noch
seltsamer, weil es in unmittelbarer Nähe des Petersdoms steht, in einer stillen
Straße links von der Basilika, hinter Berninis vierfacher Kolonnade. Diese Casa
Santa, ein großes Eckhaus mit breiter Zufahrt, ist den Anliegern als Palast der
Inquisition bekannt.
    In den vergangenen Jahren hat
die Heilige, Katholische und Apostolische Inquisition eine schlechte Presse
gehabt und ist, wie der sowjetische Geheimdienst, mehrfach umbenannt worden.
1908 wurde diese älteste Heilige Kongregation Roms zum Heiligen Offizium; seit
1967 heißt sie Glaubenskongregation. Der gegenwärtige Sekretär und Chef — der
Großinquisitor von einst — ist der bayerische Kardinal Ratzinger, doch der
Vorsitzende ist seit eh und je der regierende Papst.
    Emile Zola beschreibt in seinem
brillanten, wenn auch bitteren Roman Rom, geschrieben in den letzten
Jahren des 19. Jahrhunderts, welchen Eindruck der Palast der Inquisition auf
ihn gemacht hat:
     
    Es
ist ein einsamer, stiller Bezirk, den der Schritt von Fußgängern oder das
Rumpeln von Rädern nur selten stört. Die Sonne allein wohnt dort, in Tüchern
von Licht, die sich langsam über das kleine, weiße Pflaster breiten. Man errät
die Nähe der Basilika, denn da ist der Geruch nach Weihrauch, eine klösterliche
Stille wie vom Schlaf der Jahrhunderte. Und an einer Ecke erhebt sich der
Palast des Heiligen Offiziums mit schwerer, beunruhigender Nacktheit; nur eineeinzige Fensterreihe durchbricht seine hohe, gelbe
Vorderfront. Die Mauer, die diese Seitenstraße säumt, sieht noch verdächtiger
aus mit ihrer Reihe noch kleinerer Fenster, bloßer Gucklöcher mit starblinden
Fenstern. Im hellen Sonnenlicht scheint dieser riesige Kubus aus
schlammfarbigem Mauerwerk zu schlafen, geheimnisvoll und verschlossen wie ein
Gefängnis, mit kaum einer Öffnung zur Kommunikation mit der Außenwelt.
     
    Die scheinbare Schläfrigkeit
ist eine Illusion. Eine riesige Menge Lesestoff wird in diesem Gebäude
bewältigt, und aus ihm kommt ein steter Strom von Warnungen, Richtlinien,
Zensuren. Die Kerker, in denen einst so viele in gar nicht ferner Vergangenheit
gefoltert wurden, sind nicht mehr. Glücklicherweise hat ein weltlicher Staat
dem wütend festhaltenden Pius XI. die weltliche Macht entrissen.
    Seit 1870 sind die Kerker und
Zellen der Inquisition zu Büros und Archiven umgebaut worden, wo die Arbeit so
methodisch weitergeht wie von alters

Weitere Kostenlose Bücher