Gottes erste Diener
Jahrhunderts der
Empfängnisverhütung reserviert haben. Sie schienen zu fürchten, Regierung über
das Volk durch das Volk und für das Volk würde zu ähnlichen Forderungen in der
Kirche führen.
In Mirari vos vom August
1832 beschrieb Gregor XIV. die Gewissensfreiheit als einen Wahn. Religiöse
Freiheit, hieß es, flösse aus der »stinkendsten Quelle der Gleichgültigkeit«.
Er verdammte die Freiheit der Religion, der Presse, der Versammlung und der
Bildung als schmutzigen Abfluß voll »ketzerischen Unflats«.
Pius IX. führte die Attacke
fort. In Quanta cura von 1864 griff er die Religionsfreiheit an und
setzte sie mit der Freiheit des Todes gleich. Unter den in seiner Liste der
Irrtümer verdammten Aussagen war diese: »In der heutigen Zeit ist es nicht mehr
nützlich, daß die katholische Religion die einzige Staatsreligion sei und daß
alle anderen Formen der Religionsausübung ausgeschlossen werden.«
Leo XIII., der sein Nachfolger
wurde, bemerkte, daß die Welt sich veränderte. Dennoch definierte er die
Religionsfreiheit in einer Enzyklika nach der anderen mit gänzlich
mittelalterlichen Begriffen. Die Kirche hat ein Recht auf Religionsmonopol in
jedem katholischen Staat. Deshalb darf dem Irrglauben keine Verbreitung erlaubt
werden. Freiheit und Wahrheit sind unvereinbar. Wo immer möglich, muß die
Wahrheit auf Befehl der Kirche vom Staat durchgesetzt werden. Jeder Staat,
beharrte er, muß weiterhin den wahren Glauben als seine offizielle Politik
bekennen und Gewissensfreiheit so wenig und so kurz wie nur möglich dulden.
Dieser Opportunismus, diese
mißgünstige Haltung zur Religionsfreiheit ist der genaue Gegenpol der
amerikanischen Erfahrung.
1492 landete Kolumbus aufgrund
eines Navigationsfehlers auf den Bahamas, bevor er südwärts segelte. Hätte er
den Westkurs gehalten und das nordamerikanische Festland entdeckt, so hätten
die USA vielleicht eine ähnliche religiöse Geschichte gehabt wie Mexiko,
Brasilien und Argentinien. Tatsächlich brachten die ersten Einwanderer, die
selbst Opfer religiöser Verfolgungen in der Alten Welt gewesen waren,
traditionelle europäische Vorstellungen über die Beziehungen zwischen Kirche
und Staat mit nach Nordamerika. Auch sie glaubten, Intoleranz sei eine hohe
Tilgend. Deshalb gab es in Neuengland nur eine einzige Organisation: Religion
und Regierung waren fast nicht zu unterscheiden. Strikte religiöse
Rechtgläubigkeit war gefordert, der Kirchgang Pflicht. Es war eine unhaltbare
Situation. Die Kolonisten waren zu unterschiedlich in ihrem Glauben, als daß
irgendein einheitliches System, gewöhnlich rechtsgerichtet protestantisch, sich
hätte halten können. Die religiösen Minderheiten waren in Europa gehetzt
worden, und sie waren entschlossen, nicht nur eine neue Erde zu bauen, sondern
auch einen neuen Himmel, in dem alle Menschen gleich waren. In der Neuen Welt
wurde selbst die Religion demokratisiert —etwas, das Europa seit den
aufgeklärteren Tagen des Römischen Reiches nicht gekannt hatte.
Providence, später Rhode Island
und Maryland brachen als erste mit der alten religiösen Intoleranz. In Rhode
Island gab es zum erstenmal in der modernen Geschichte eine vollständige
Trennung von Kirche und Staat sowie Redefreiheit für jedermann. Dies
außergewöhnliche Experiment war nicht nur kühn, es war obendrein erfolgreich.
Maryland, von Lord Baltimore als Zuflucht für Katholiken gegründet, öffnete
seine Türen ebenfalls für alle, trotz der Versuche der Jesuiten, seine
Lordschaft zur mittelalterlichen Raison zu bringen.
1660 waren dann die
Liberalisierungstendenzen in den meisten Kolonien stark; eine deutlich
amerikanische Haltung zeichnete sich ab. Im achtzehnten Jahrhundert kam mit der
nationalen Unabhängigkeit die völlige Religionsfreiheit. So entwarf Jefferson
1786 ein Statut der Religionsfreiheit für Virginia, das erste, das je von einer
Volksvertretung verabschiedet wurde. Es lautete:
Die
Vollversammlung möge beschließen,
daß
niemand gezwungen werden soll, einen religiösen Kult, Ort oder Gottesdienst zu besuchen
oder zu unterstützen... sondern daß jedermann frei sein soll, seine Ansichten
in religiösen Dingen zu bekennen und mit Argumenten zu behaupten, und daß sie
in keiner Weise seine Bürgerrechte schmälern, mehren oder betreffen sollen.
1787 wurde diese Freiheit in
Artikel VI der Bundesverfassung eingebaut: »Keine religiöse Prüfung soll je als
Qualifikation für irgendein Amt oder öffentliches Mandat in
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