Gottes geheime Schöpfung: Thriller (German Edition)
auswählt, wer bleibt und wer geht.«
Paul legte den Deckel wieder auf das Terrarium. »Bei diesem Prozess sterben einige Arten eben einfach aus, wie es scheint.«
5
Es geschah an einem Wochenende. Bertha war trächtig und auf obszöne Weise dick, fast schon monströs. Ihr Bauch wabbelte um sie herum, während sie auf den Hinterbeinen kauerte und an einem Salatblatt knabberte.
Bertha saß allein im kleinsten Terrarium, wie auf einer isolierten Insel, auf einem Tisch mitten im Raum. Eine kleine Schachtel mit Papiertüchern stand in der Ecke dieses gläsernen Käfigs. Bertha hatte sich aus Papierfetzen ein komfortables Nest gebaut, in dem sie die nächste Generation von riesigen Mäusen gebären würde.
Paul ließ ein weiteres Salatblatt in den Käfig fallen und lächelte.
Mit zuckenden Schnurrbarthaaren watschelte Bertha ü ber die Holzspäne aus Zedernholz und schnüffelte an dem frischen Blatt.
Dann hörte Paul es: das Summen des elektrischen Garagentores. Er erstarrte.
Sein Vater kam früher nachhause.
Nachdem das Tor zum Stillstand gekommen war, hörte er, wie der Wagen seines Vaters in die offene Parkfläche unter ihm rollte. Die Bremsen quietschten ein bisschen, als das Fahrzeug anhielt, dann stellte sein Vater den Motor ab. Paul überlegte, ob er das Licht auf dem Dachboden ausschalten sollte, aber ihm war klar, dass das nur Verdacht erregen würde. Also wartete er einfach ab und hoffte.
Es war seltsam ruhig in der Garage. Das einzige Geräusch war das leise Klicken des Fahrzeugmotors, als er abkühlte. Paul lauschte, wartete auf die Schritte seines Vaters, wartete, dass er ins Haus ging. Aber er ging nicht.
Dann sank Paul der Magen in die Kniekehlen, als er hörte, wie die Leiter unter dem Gewicht seines Vaters knarrte.
Einen Moment lang überkam ihn Panik. Es war ein kurzer, gehetzter Augenblick, in dem Paul verzweifelt einen Ort suchte, wo er die Käfige verstecken konnte. Doch das war lächerlich, es gab kein Entkommen.
Das Knarren der Leiter wurde lauter, als Pauls Vater weiter hochstieg.
»Was ist das für ein Geruch?«, wollte sein Vater wissen, als sein Kopf in der Luke auftauchte. Dann blieb er stehen und sah sich um. Sein heller, körperloser Kopf ragte aus den Bodenbrettern heraus. »Oh.«
Das war alles, was er sagte. Vorerst.
Mehr sagte er auch nicht, als er die restlichen Sprossen der Leiter erklommen hatte und auf dem Dachboden stand. Er richtete sich auf und ragte wie ein Gigant in die Höhe, während er alles um sich herum in sich aufnahm. Die nackte Glühbirne ließ seine Augen im Schatten. Die Muskeln auf seiner Wange spielten. »Was ist das hier?«, fragte er schließlich. Seine emotionslose Stimme verwandelte Pauls Magen in einen Eisklumpen.
»Was ist das hier?« Seine Stimme war jetzt lauter, und der Ausdruck in seinen dunklen Augen veränderte sich. Pauls Vater kam mit schweren Schritten auf ihn zu, überragte ihn deutlich.
»Willst du mir endlich antworten? Was ist das hier?« Die Worte waren mehr ein Aufschrei als eine Frage, und Speichel flog aus seinem Mund.
»Ich, ich dachte …«
Eine große Hand zuckte nach vorn, landete auf Pauls Brust und zerknüllte sein T-Shirt in einer Faust, riss ihn vom Boden hoch.
»Was zum Teufel ist das? Habe ich dir nicht gesagt, du sollst keine Haustiere halten?« Die Lichtgestalt der Familie, der berühmte Mann.
»Es sind keine Haustiere, es sind …«
»Mein Gott, hier stinkt es entsetzlich. Du hast diese Kreaturen ins Haus geholt?«
»Es tut mir leid, Dad. Ich …«
»Du hast dieses Ungeziefer ins Haus geholt? In mein Haus?«
»Es ist ein Projekt …«
Der Arm schwang vor und schleuderte Paul rücklings gegen die großen Käfige. Dabei stürzte einer der Tische um. Schmerz durchzuckte ihn, während Holz und Maschendraht zu Boden fielen, Mäuse quietschten und Scharniere sich verbogen – zahllose Monate harter Arbeit.
Sein Vater trat auf das Holz, zerschmetterte die Rahmen, zerquetschte die Käfige und zertrampelte sie zu splitternden Trümmern. »Du hast diese Kreaturen in mein Haus geholt!«
Paul krabbelte weg, außer Reichweite.
Sein Vater folgte ihm, hob den Arm, und die große Hand klatschte auf Pauls Schulter, schleuderte ihn auf den Boden, wo er sich das Kinn an dem unbearbeiteten Holz aufschlug. Sein Vater setzte nach, stampfte auf ihn zu, während Paul sich wegrollte. Er trat zu, verfehlte ihn jedoch. Aber er hörte nicht auf, hob den Arm … und hielt dann inne, als seine Aufmerksamkeit von etwas anderem
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