Gottes geheime Schöpfung: Thriller (German Edition)
lockerten ihren Griff, und Paul richtete sich auf. Er zog sein Hemd zurecht, das sich vollkommen verdreht hatte, ging zum zweiten Van und half Lilli einzusteigen.
»Dein Gesicht«, sagte sie und berührte ihn.
Einen Moment später wurde die Tür geschlossen.
Die Dunkelheit war wie ein Geschenk.
Draußen vor dem Van hörten sie streitende Stimmen, die sich langsam entfernten. Paul kroch zum Führerhaus des Lieferwagens und blickte durch die Windschutzscheibe hinaus. Er sah einen der Männer ein paar Meter entfernt von dem Fahrzeug stehen. Er behielt sie im Auge. Seine Waffe steckte in einem Halfter an seiner Seite. Paul ließ sich wieder dorthin zurückfallen, wo Lilli saß. Er hielt ihre Hand. Keiner von beiden sagte etwas. Ein paar Minuten später kehrten die Stimmen zurück.
Sie konnten nicht verstehen, was gesagt wurde. Die Tür des anderen Lieferwagens wurde geöffnet. Es gab einen dumpfen Aufprall. Dann verstrich erneut Zeit, und Paul wusste, dass sie die Leichen verluden. Die von Gavin und die der Kreatur. Die Tür des Lieferwagens wurde zugeschoben.
Wieder fand eine Unterhaltung vor den Fahrzeugen statt. Aber die Stimmen waren so leise, dass Paul nicht verstehen konnte, was sie sagten.
Plötzlich wurde die Fahrertür geöffnet, und einer der Männer setzte sich hinter das Lenkrad. Er ließ den Motor an. Einen Augenblick später öffnete der rotbärtige Mann die Beifahrertür und kletterte ebenfalls hinein.
Er drehte sich zu ihnen herum. »Ihr habt keine Ahnung, wie verflucht knapp das gewesen ist«, informierte er sie. Dann hob er die Hand und hielt Daumen und Zeigefinger et wa einen Zentimeter voneinander entfernt. »Noch so vie l, dann wäre die Lage vollkommen außer Kontrolle geraten, und ich hätte erklären müssen, wieso man unserer Zielperson die Arme ausgerissen hat. Es wäre die Scherereien vielleicht sogar wert gewesen.«
Er warf ihnen zwei Paar Handschellen zu. »Fesseln Sie sich. Die Hände vor dem Körper. Alle beide.«
Paul nahm ein Paar Handschellen hoch. Er legte sie um sein linkes Handgelenk. Aber statt jetzt auch seine rechte Hand zu fesseln, ließ er die andere Fessel um Lillis rechtes Handgelenk schnappen. Dabei starrte er die ganze Zeit dem Rotbärtigen ins Gesicht.
Der Mann schüttelte den Kopf. »Oh, der Alte wird euch lieben.«
Der Lieferwagen setzte sich in Bewegung.
Sie fuhren die ganze Nacht hindurch. Paul schlief, den Rücken an die harte Metallwand des Lieferwagens gelehnt. Als er am Morgen aufwachte, konnte er sich kaum noch bewegen. Sein Auge war fast zugeschwollen. Das war nicht gut. Wenn die Schwellung noch schlimmer wurde, würde er nichts mehr sehen können.
»Ich muss pissen«, erklärte er.
Er hörte eine Bewegung vom Vordersitz, dann warf ihm jemand eine leere Zwei-Liter-Plastikflasche zu.
»Aber zielen Sie gefälligst genau«, sagte der Rotbärtige. »Pissen Sie nicht den ganzen Lieferwagen voll.«
Paul kniete sich hin und machte sich an seiner Hose zu schaffen.
Lilli sah zu ihm hoch. »Soll ich …?«
»Was?«
»Die Flasche halten?«
»Himmel, nein. Es ist einfach nur … Jetzt hab ich’s.«
Der Lieferwagen fuhr in eine Kurve, und Paul schwankte. Nach einem Moment sagte er. »Okay, ja.«
Es ging einfacher, als er gedacht hatte. Mit einer Hand stützte er sich an dem Lieferwagen ab, um sein Gleichgewicht zu behalten, mit der anderen hielt er die Flasche.
Das unverkennbare Geräusch, wenn jemand in eine Flasche pinkelt, erfüllte den Lieferwagen. Er hörte Gelächter von vorn.
»Sie zielen auch genau, ja?«, rief der Fahrer nach hinten.
»Wie gut ich ziele, merken Sie, wenn ich Ihnen die Flasche an den Kopf werfe!«
»Wenn Sie das machen, werde ich Sie erschießen. Im Ernst. Ich halte an und erschieße Sie.«
»Wenn Sie mich hätten erschießen dürfen, hätten Sie das längst getan.«
»Dann erschieße ich eben Ihre Freundin. Oder noch besser, ich lasse die Kleine in dem anderen Lieferwagen mitfahren.«
Paul erwiderte nichts, pinkelte zu Ende und zog den Reißverschluss der Hose hoch.
»Das ist hier der reinste Scheiß-Kindergarten«, sagte der Rotbärtige wie zu sich selbst.
Paul schloss seinen Gürtel. »Was soll ich jetzt damit machen?«
Der Mann auf dem Vordersitz suchte nach etwas, und einen Moment später wurde ein Verschluss nach hinten geworfen. Paul schraubte die Flasche zu und warf sie dann in die hinterste Ecke des Lieferwagens.
Sie fuhren noch eine Stunde weiter. »Und was ist mit mir?«, erkundigte sich Lilli
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