Gottes geheime Schöpfung: Thriller (German Edition)
noch vollkommen aus dem bestehen, was du hortest.«
»Du kannst gehen, wann immer du willst.«
»Ist es das, was du dir selbst einredest? Du warst schon immer ein großartiger Lügner. Sogar dir selbst gegenüber.«
Sie war die einzige Person, die so mit ihm sprechen durfte. Sie war die einzige Person, die nichts zu verlieren hatte. Sie würde schon bald fort sein. Vielleicht war es das, was sie gemeint hatte, als sie sagte, sie würde sich Sorgen machen, was aus ihm würde. Dass dann niemand mehr da wäre, der ihm sagte, was er nicht hören wollte.
»Wir versuchen alles, um es dir erträglich zu machen.«
»Die Medikamente sind ausgezeichnet, Joseph, falls du darauf anspielst. Es sind meine Erinnerungen, die mir Unbehagen bereiten. Kannst du dagegen auch etwas unternehmen?«
Sie starrte ihn an, und ihre kühle Zurückhaltung fiel von ihr ab.
Er wusste, dass sie ihn hasste. Sie hatte ihn schon sehr lange gehasst, mindestens so lange, wie sie überhaupt Gefühle für ihn empfunden hatte. Er fand das sehr passend. Er hatte das Gefühl, genau das verdient zu haben.
»Hast du es schon gesehen?«, fragte sie.
»Noch nicht, nein. Ich bin gerade erst gelandet.«
»Es verändert sich.«
»Wie meinst du das?«
Sie wollte etwas sagen, hielt jedoch inne. Er musterte sie. Sie hatte ein ovales Gesicht, hübsch, aber viel zu dünn. Sie hätte vielleicht einmal ein Model sein können, wenn alles anders gelaufen wäre. Sie hatte die richtige Figur dafür. Jetzt jedoch war ein Ausdruck in ihren Augen, den er noch nie zuvor darin gesehen hatte.
»Ich glaube nicht, dass du auch nur eine Ahnung hast, was du da getan hast«, sagte sie.
»Im Gegenteil, ich weiß es besser als jeder andere.«
»Sogar besser als ich?«
Martial nippte an seinem Glas.
»Du bringst es nicht fertig, das so einfach zu behaupten, hab ich recht?«, erkundigte sie sich.
»Nichts passiert ohne Grund.«
»Wenn du das wirklich glaubst, bist du ein Narr.«
Es hatte einmal eine Zeit gegeben, als solche Worte, in einem solchen Ton ausgesprochen, einen Wutanfall in ihm ausgelöst hätten. Jetzt jedoch lockten sie nur den Anflug einer müden Gereiztheit hervor. Trotzdem reichte es ihm jetzt.
»Dein Mund ist zwar nicht der Ozean«, sagte er. »Aber er kann dich immer noch ertränken.«
Das Telefon auf seinem Schreibtisch klingelte, aber er rührte sich nicht. Stattdessen versuchte er sich zu erinnern, ob er jemals dieses Telefon hatte klingeln hören. Ihm war gar nicht klar gewesen, dass diese Wohnung überhaupt ein Telefon hatte. Nach fünfmaligem Klingeln hörte es auf.
Einen Augenblick später ertönte ein Alarm. Er kam irgendwo aus der Ferne. Es war kein Feueralarm. Das Telefon klingelte erneut.
»Ich sollte da wohl besser rangehen«, sagte er.
Er stand auf und durchquerte den Raum.
Er nahm den Hörer ab. »Ja?«
»Es gibt ein Problem.« Es war Scholler.
»Was für ein Problem?«
»Sie sollten besser runterkommen.«
»Bin schon unterwegs.« Martial legte auf und drehte sich zu Sacha herum.
In dem Moment ertönte ein neuer Alarm. Lauter, näher.
S achas Lächeln erinnerte Martial an den Geschmack von Bittermandeln. »Es hat sich verändert«, wiederholte sie. »Du wirst schon sehen.«
Martial verließ sein Quartier. Im Flur blinkte ein rotes Strobolicht. Er rannte los, und die Sohlen seiner Tausend-Dollar-Schuhe knallten auf die Fliesen. Er keuchte beim Laufen. Nach nur dreißig Metern verkrampften sich seine Lunge, und seine Atemzüge kamen pfeifend. Er wurde langsamer, blieb jedoch nicht stehen. Wenn Gott dich holen will, dann kriegt er dich auch.
Ekman stieß im Flur zu ihm. Sie liefen zusammen weiter und bogen um eine Kurve. Es war wie in einem seiner Albträume. Zwei Treppen hinab. Flackernde Laborlichter. Ein Traum, aus dem er stets schweißgebadet aufwachte. Nur waren seine Füße in dem Traum geschwollen und klebrig, steckten im Boden. Im Traum konnte er sich gar nicht bewegen. Sie stürmten durch eine Doppeltür in das Labor.
Im Flur stand ein Asiat; er schwankte und hielt sich die ausgerenkte Schulter. Er wirkte geschockt, und sein weißer Laborkittel war blutbefleckt. Von der anderen Seite der Wand drangen Schreie in den Flur.
»Wo sind Sie verletzt?«, fragte Martial, während er nach Luft rang.
»Ich bin nicht verletzt«, antwortete der Mann.
Die beiden anderen Leibwächter Martials stürmten in den Raum. Phillips, der jüngere, zögerte nicht. Er rannte voraus, in Richtung der Schreie.
Martial und die anderen
Weitere Kostenlose Bücher