Gottes geheime Schöpfung: Thriller (German Edition)
habe.«
Charles sah nicht von der Zeichnung hoch. Auch seine Miene blieb unverändert.
»Eine Probe von etwas Neuem«, meinte Paul.
»Ich habe das mit Ihrem Auge gehört«, sagte Charles. »Ich habe gehört, dass Sie überfallen worden sind, dass man Sie bestohlen hat, aber in Wirklichkeit hat sich die Sache ganz anders abgespielt, hab ich recht?«
»Ja.«
»Was ist denn passiert?«
Paul erzählte ihm alles. Er erzählte ihm von der Tylenol-Flasche, von den Proben, von dem Flash Drive. Es tat gut, darüber zu reden. Jemandem davon zu erzählen. Alles zu riskieren. Charles’ Gesicht bewegte sich kaum, während er zuhörte, obwohl er zusammenzuckte, als Paul den Angriff mit dem Messer erwähnte. Er nickte nur und nahm alles in sich auf. Das perfekte Behältnis für Wissen.
Als Paul mit seinem Bericht fertig war, nickte Charles wieder und sagte: »Das Passwort, das ich zuletzt benutzt habe, lautet ›Tiefen-Klade‹.«
Paul lächelte. Also war sein Vertrauen nicht enttäuscht worden. »Auf dem Post-it neben dem Computer stand ›Flores‹.«
»Offenbar hat man nach meiner Kündigung das Sicherheits-Passwort geändert.«
»Gibt es eine Möglichkeit herauszufinden, wie das neue Passwort lautet?«
»Gab es noch andere Klebezettel?«
»Ich habe keine gesehen.«
Charles schwieg einen Moment. »Dann gibt es keine«, sagte er.
Paul zog einen Stuhl zum Tisch und setzte sich. Erneut blätterte er durch die Zeichnungen.
»Am meisten liebe ich es, Finken zu zeichnen«, meinte Charles. »Darwin hat wundervolle Finken gezeichnet.«
»Sie sind ein Anhänger von Darwin?«
»Er hat sich natürlich in allem geirrt, aber er hat wundervolle Vögel gezeichnet. Das ist immerhin etwas.«
Paul blätterte bis zum letzten Bild. Dort saß ein Fink auf einem Felsen. Sein Schnabel war ein zierlicher, gebogener Säbel.
»Sie müssen sich vor Janus hüten«, meinte Charles.
»Er ist mein Labor-Partner. Er hat mich in die Arbeit eingeführt.«
»Vertrauen Sie ihm nicht. Sie müssen vorsichtig sein.«
»Ich werde es versuchen.«
»Sie wollen sicher nicht, dass man auf Sie aufmerksam wird. Oder anfängt, Ihnen zu misstrauen.«
»Ich glaube, das tut man bereits.«
»Dann ist es schon zu spät.«
Paul legte die Zeichnungen wieder auf den Tisch.
»Warum wollen Sie die Flores- DNA testen?«, erkundigte sich Charles.
»Um die Wahrheit zu erfahren.«
»Und warum wollen Sie die Wahrheit wissen?«
»Weil Leute deswegen gestorben sind. Und weil ich es einfach wissen muss. Das ist doch eigentlich die Aufgabe der Wissenschaft, hab ich recht? Der Wahrheit zu folgen, ganz gleich, wohin sie einen auch führt.«
»Was werden Sie mit diesem Wissen anfangen, wenn Sie es haben?«
»Ich werde es veröffentlichen.«
»Was werden Sie veröffentlichen?«
»Die Morde, die Machenschaften der Firma, die Versc hwörung. Alles.« Er suchte in Charles’ Gesicht nach eine r Reaktion, aber da zeigte sich nichts. »Es sind Menschen gestorben«, sagte Paul schließlich. »Die Wahrheit wird unter Verschluss gehalten.«
»Und was werden Sie tun, wenn Sie mehr herausfinden, als Sie erwartet haben?«
»Was meinen Sie damit?«
»Sie haben mir von Ihren Knochen und Flores erzählt. Es gibt da auch Dinge, die ich Ihnen erzählen kann.«
»Ich werde mir gern alles anhören, was Sie mir sagen wollen.«
»In meiner Zeit bei der Firma habe ich viele Sequenzen gesehen. Die subtile materielle Gestalt der Codes ist etwas, was nur wenige Leute zu schätzen wissen. Bei meiner Arbeit habe ich eine Datenbank durchsucht und aus Versehen den Code falsch eingegeben, nach dem ich suchte, eine kurze Nukleotidensequenz. Das Suchergebnis war null. Und das ist nicht logisch. Ich fand den Fehler heraus, den ich gemacht habe, ein unbedeutender Tippfehler, aber trotzdem war das keine Erklärung für dieses Rätsel. Wie konnte dieser einfache, wenngleich auch falsch getippte Code nicht in der Datenbank existieren? Bei all den Tausenden von Spezies, die abgespeichert waren, wie konnte da diese kurze Sequenz nicht in irgendeiner von ihnen vorkommen? Ich habe alle Datenbanken durchsucht, die wir hatten, bis mir klar geworden ist, dass diese spezielle Basensequenz nirgendwo im Genom irgendeines getesteten Tieres existiert.«
»Ist das so unwahrscheinlich?«
»Es war eine sehr kurze Sequenz, nur ein paar Dutzend Basenpaare. Sie hätte irgendwo vorkommen müssen, tat es aber nicht. Es war ein illegaler Code.«
»Ein illegaler Code?«
»Ja. Er war verboten.«
»Das verstehe
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