Gottes kleiner Finger - [Thriller]
einmal das Heulen der Granaten, denn die Granatwerfer waren zu weit entfernt. Das Erste, was sie sahen, war eine Explosionswolke im Westen, die im Mondlicht aufstieg, im Gelände zwischen Zaun und Gewächshaus. Einen Moment später explodierten auf verschiedenen Seiten drei weitere Granaten.
»Sie haben vier Granatwerfer«, bemerkte Keskitalo.
»Ist das Gewächshaus beschädigt worden?«, fragte Janet.
Keskitalo prüfte die Bilder, die von den Kameras in den Randgebieten des Gewächshauses übermittelt wurden.
»Nein, anscheinend nicht. Die Granaten sind nicht nahe genug gekommen.«
Einen Moment später folgte eine neue Serie von Granaten und Explosionen, aber sie kamen dem Glasdach nicht wesentlich näher als die ersten. Dann wurde es wieder still.
»Sie haben ausprobiert, ob sie von einer guten Deckung aus eine genügende Reichweite erzielen«, konstatierte Janet. »Aber das ist ihnen nicht gelungen.«
Sie rief Ulrich an.
»Ulrich, ich fürchte, dass sie als Nächstes dich angreifen werden. Kannst du etwas sehen, was darauf hindeutet?«
Ulrich überlegte einen Augenblick, bevor er antwortete.
»Hinter dem einen Hügel befinden sich jede Menge Leute, aber ich kann nicht sagen, was sie da machen«, sagte er schließlich.
»Ich nehme an, dass du gleich mit Granaten beschossen wirst. Kannst du die Hotchkiss so deaktivieren, dass sie keine Freude daran haben werden und hierherkommen?«
»Aber womit verteidigen wir uns dann?«
»Tu, was ich dir sage«, befahl Janet.
Dann rief sie Jacques Desvernois an der anderen Hotchkiss an.
»Jacques, glaubst du, sie wissen, dass du dort bist?«
»Ich fürchte, ja«, bestätigte Jacques.
»Dann musst du die Hotchkiss untauglich machen und hierherkommen. Ich glaube, dass ihr das nächste Ziel der Granatwerfer seid. Sie werden euch außer Gefecht setzen und dann wieder das Gewächshaus angreifen.«
»Ich verstehe«, sagte Jacques.
»Also, komm da ...«
Janet kam nicht dazu, ihren Satz zu beenden, als ihre Stimme in dumpfem Dröhnen und splitterndem Knastern unterging und auf dem Bildschirm des Telefons plötzlich nur noch aufstiebender Sand zu sehen war. Dennoch war die Verbindung nicht unterbrochen.
»Jacques?«
»Ich bin okay, hab nur eine kleine Schramme an der Wange«, sagte Jacques.
Als der Staub sich legte, sah Janet, dass aus Jacques’ Wange ein heftiger Blutstrom zwischen seinen Fingern hervorquoll, obwohl er versuchte, die Ränder der Wunde zusammenzudrücken. Die Wange musste zerfetzt sein.
»Was ist passiert?«
»Ein gemeinsamer Schuss von vier Granatwerfern. Ich mach mich jetzt auf den Weg zu euch. Warnt Ulrich!«
»Die Hotchkiss ist doch funktionsunfähig?«
»Absolut.«
Janet rief Ulrichs Telefon an. Aber genau in dem Moment sahen sie vom Fenster des Kontrollraum aus, wie vom Gipfel des Hügels, Ulrichs Standort, plötzlich zwei, drei, vier hohe Explosionswolken aufstiegen. Ulrichs Telefon antwortete nicht mehr.
»Ulrich?«, rief Katharine.
»Ich weiß nicht«, seufzte Janet.
Janet rief Jacques an.
»Jacques?«
»Ich bin unterwegs zu euch.«
»Kannst du unterwegs nachsehen, was mit Ulrich ist? Er meldet sich nicht am Handy, sie haben einige Granaten auf ihn abgefeuert. Wir befürchten das Schlimmste.«
»Wenn er noch lebt, bringe ich ihn mit«, sagte Jacques entschieden.
Janets Telefon klingelte. Sarah Birkin schickte Janet ein Bild, auf dem zwei Granatwerfergruppen nebeneinander Richtung Gewächshaus vorrückten. Den Zaun hatten sie schon hinter sich gelassen.
»Sie steigen auf die Anhöhe, um ihre Reichweite zu verlängern«, erklärte Sarah. »Ich muss sie aufhalten!«
»Nein, komm da weg«, befahl Janet.
»Wenn sie noch näher kommen, können sie das Gewächshaus erreichen«, beharrte Sarah.
Es klang missbilligend. So, als sei sie enttäuscht.
»Dagegen können wir jetzt überhaupt nichts tun«, antwortete Janet.
»Wieso nicht! Ich brauch doch nur ...«
»Das Gewächshaus ist letztlich nur Glas. Nichts als Glas. Denk daran«, sagte Janet.
Ja, dachte Katharine, aber wir selbst sind das nicht. Obwohl wir ebenso zerbrechlich sind. Wenn wir schwer beschädigt werden, sind wir nicht mehr zu reparieren. Nie mehr.
»Weißt du, wie viel eine einzige Glasscheibe kostet?«, fragte Keskitalo Janet nachdrücklich. »Jeder Schuss, der das Gewächshaus erreicht, zerstört ziemlich viel Glas.«
Wir ertragen so einiges, ohne kaputtzugehen, unser Körper verfügt über eine bestimmte Belastbarkeit ebenso wie unsere Psyche, dachte
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