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Gottes kleiner Finger - [Thriller]

Gottes kleiner Finger - [Thriller]

Titel: Gottes kleiner Finger - [Thriller] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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dass es von drei Kilometern bis in den Himmel noch weit ist, dachte Katharine.
    »Denk nur mal an unsere Pyramiden oder an die Zikkurat von Mesopotamien. Oder an die Pyramiden in Mexiko. An Kathedralen und Moscheen. An den Eiffelturm und an den Burj Dubai.«
    »Die hast du ja nun alle überflügelt«, bemerkte Katharine. »Bist eindeutig in Führung gegangen.«
    »Wollen mal sehen, wie lange diese Führungsposition Bestand hat. Die Japaner planen ihren eigenen Ultima Tower. Der Ultima Tower soll dreitausendzweihundert Meter hoch werden.«
    Wieder wurde Razias Miene freudlos.
    »Dich bedrückt doch etwas?«, fragte Katharine direkt.
    »Wenn man etwas erreicht, von dem man lange geträumt und für das man viel gearbeitet hat ... Nun ja, dann fragt man sich halt, ob das all die Opfer wert war. Immer ist die Bedeutung der Dinge so relativ.«
    Razia sah Katharine an und lächelte unsicher, fast schüchtern.
    »Langweilen dich meine Ergüsse?«
    »Aber wieso?«, fragte Katharine. »Natürlich nicht!«
    »Ich habe selten mit jemandem über diese Dinge so offen gesprochen.«
    »Du hast in einem ziemlichen Dilemma gesteckt.«
    »Das ist wohl wahr. Aber die Errungenschaften. Die sogenannten großen Errungenschaften. Sind sie wichtig? Ich meine die persönlichen Errungenschaften. Wenn ein Mensch über die anderen erhoben wird, als wäre er gleichsam größer als die anderen, was hat das dann für einen Sinn, wenn alle anderen sich dadurch kleiner fühlen? Ist der Nutzen im Sinne der Gesamtheit dann nicht stark im Minus?«
    Katharine lachte.
    »Ganz so kann es nun doch nicht sein, oder? So einfach kann es nicht sein.«
    »Warum nicht?«, fragte Razia herausfordernd.
    Katharine wusste darauf keine Antwort. Da wandelte sich Razias Miene, und sie sah Katharine eigentümlich an.
    »Du solltest vielleicht wissen, dass bei diesem Projekt nicht alles so ist, wie es scheint«, sagte Razia. »Leider kann ich darüber nicht mehr sagen, zumindest jetzt noch nicht.«
    Verflixt, jetzt hast du meine Neugier aber geweckt, dachte Katharine. Was meinst du damit, dass nicht alles so ist, wie es den Anschein hat?
    Aber da bemerkte Katharine, dass Razias Gedanken schon weitergewandert waren. Razia sah sie nachdenklich an. Oh nein, jetzt kommt es, dachte Katharine. Was soll ich jetzt tun? Was soll ich ihr erzählen? Gerade jetzt, wo wir uns so gut verstehen.
    »Was hast du selbst für einen Hintergrund?«, fragte Razia.
    Das musste ja kommen, dachte Katharine finster.
    »Einen sehr bedenklichen. Du möchtest ihn nicht wirklich wissen.«
    »Wie du meinst. Du brauchst mir nichts zu erzählen.«
    Man würde mich sicherlich zu Tode steinigen, wenn ich es erzählen würde, seufzte Katharine im Stillen.
    »Aber wenn du mir etwas erzählen willst, dann kannst du sicher sein, dass ich es nicht weiterverbreite«, versicherte Razia. »Denk nur einmal daran, woher ich komme und unter welchen Bedingungen ich aufgewachsen bin. Glaub mir, ich kann Geheimnisse bewahren.«

2
    Lauri und Abu Hassan sahen, wie die Mienen der Männer, die auf dem Weg standen, sich veränderten und wie sie für einen Moment erstarrten. Dann eröffneten sie das Feuer, ohne für das Zielen Zeit zu verschwenden.
    Wenn ein Lkw neunzig Stundenkilometer fährt, stürmt er fast dreißig Meter pro Sekunde vorwärts. Der Weg war schmal, und daneben, vor dem Rand des Steilhangs, gab es nur einen zwei Meter breiten Streifen. Als Lauri nach links steuerte, dauerte es also nur einen Lidschlag lang, bis der Lkw vom Weg abgekommen war und den Hang hinunterrutschte.
    Einige Kugeln schlugen in der Flanke und im Heck des Wagens ein, aber dann war er schon aus der Schusslinie, und die meisten Schüsse trafen den ihnen folgenden Lkw, als er hinter dem Felseinschnitt hervorkam. Der Fahrer bekam einen Treffer, sein Fuß wurde auf das Gaspedal gepresst, und der Lkw rutschte hinter Lauri und Abu Hassan den Hang hinunter.
    Einen Augenblick lang sah Lauri nur blauen Himmel. Reflexhaft versuchte er, das Auto auf Kurs zu bringen, sah dann aber ein, dass er nicht am Steuer eines Flugzeugs, sondern in einem Lkw saß und die Bewegungsbahnen des Wagens nicht beeinflussen konnte, bevor seine Räder wieder Bodenberührung hatten.
    Das Lenkrad drehte sich qualvoll langsam in seinen Händen. Dann schlugen die Vorderräder des Wagens so auf dem Hang auf, dass Lauri das Gefühl hatte, seine Nieren hätten sich von ihrer Verankerung gelöst und sein Hirn wäre gegen die Schädeldecke geprallt. Der Nacken schmerzte ihn, und

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