Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gottes kleiner Finger - [Thriller]

Gottes kleiner Finger - [Thriller]

Titel: Gottes kleiner Finger - [Thriller] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
Vom Netzwerk:
aus dem Augenwinkel sah er, wie Abu Hassan von seinem Sitz hoch in die Luft geschleudert wurde. War er nicht angeschnallt gewesen?
    Einen Augenblick lang fürchtete Lauri, der Wagen würde sich überschlagen, als er, wild von einer Seite zur anderen schlingernd, den Hang hinunterrutschte. Aber der Wagen blieb auf den Rädern.
    Im Rückspiegel sah Lauri, wie das Lastauto, das ihnen gefolgt war, sich überschlug und unter dem Verdeck hervor nach allen Seiten lebendige, zappelnde Menschen verstreute. Dann landete das Auto auf dem Dach, und er sah es nicht mehr.
    Zugleich endete anscheinend der Hang, und vor ihnen waren nur ferne Sanddünen sichtbar. Lauri versuchte, den Wagen zur Seite zu lenken, um einem steilen Absturz auszuweichen. Aber es war schon zu spät. Sie rutschten über den Felsen ins Leere. Wieder sah Lauri für einen Augenblick den Lkw, der auf dem Dach den Hang hinunterrutschte. Für eine Sekunde sah er auch noch einen Mann, der unter die erdrückende Masse des Autos geriet.
    Dann befanden sie sich einen Augenblick lang im freien Fall. Lauri spürte im Bauch einen schneidenden Schmerz, aber nur zwei oder drei Meter weiter unten landete das Auto wieder auf seinen vier Rädern, sodass die Federung heftig erschüttert wurde. Der Wagen schwankte wild, aber blieb weiterhin wie durch ein Wunder in der Senkrechten.
    Neben sich hörte Lauri ein Geräusch, einen lauten, durchdringenden Schrei, und begriff, dass er aus Abu Hassans Kehle kam. Irgendwo am Rande seines Bewusstseins erschrak er leicht, als ihm klar wurde, dass er den Schrei schon länger gehört hatte, dass er die ganze Zeit da gewesen war, dass er aber jetzt erst dazu gekommen war, ihn zu registrieren.
    Ein zerklüfteter, zur Form eines Regenschirms erodierter Sandsteinpfeiler stürzte ihnen entgegen. Darauf lag ein noch größerer, rundgeschliffener Steinblock. Lauri konnte nicht ausweichen, und so prallte das Auto direkt gegen den Pfeiler.
    Der brach krachend mitten entzwei, und der massive Felsblock stürzte auf die Flanke des Lkw. Der Krach war ohrenbetäubend, aber einen Augenblick später hatten sie den Felsbrocken schon hinter sich gelassen. Schlingernd und schwankend holperte das Auto über den Abhang vorwärts. Vor ihm erschien ein neuer Steinblock, Lauri drehte am Lenkrad, aber die Räder wollten nicht gehorchen. Sie prallten gegen den großen Stein, und das Auto flog zur Seite. Das ist das Ende, dachte Lauri.
    Der rechte Vorderreifen krachte zu Boden und platzte, aber der Wagen stürzte immer noch nicht um. Nur ein metallisches Knirschen war zu hören, als die Stahlfelge einen Stein entlangschrammte. Lauri sah im Rückspiegel, wie unter den Reifen ein Strom gelber Funken hervorstob, und dann hörte er, wie hinter ihnen etwas explodierte.
    Das Auto machte einen Satz in die Luft, und wieder sah Lauri einen Moment lang nur blauen Himmel und ferne gelbe Sanddünen. Wie wird es uns ergehen, wenn uns der Grund der Schlucht entgegenkommt?, dachte er noch. Etwas Brennendes glitt hinter ihnen den Hang herab, hohe gelbe und rote Flammen loderten daraus empor.
    Lauri wurde so heftig in seinen Sicherheitsgurt geschleudert, dass der ihn schmerzhaft in die Haut des Arms und der Brust schnitt. Dann stürzte das Auto um und fiel krachend auf die Seite.
    Abu Hassans Hand schimmerte vor seinen Augen auf, und etwas sauste an seinem Ohr vorbei. Sie rollten den Hang hinab, und er sah nur Sand, dann blauen Himmel, Sand, Himmel, Sand, Himmel. Etwas schlug ihm mit ungeheurer Kraft gegen die Stirn, und für einen Augenblick wurde ihm schwarz vor Augen. Der Sicherheitsgurt presste ihm alle Luft aus den Lungen, und er sah, wie Abu Hassan mit dem Kopf voran gegen die Windschutzscheibe schlug, und dann krachte es zum letzten Mal laut, und die Erde hörte auf, sich zu drehen.

3
    Lauri Nurmi hing benommen in seinem Sicherheitsgurt und versuchte, seine Gedanken zu ordnen. Das Lastauto lag auf der rechten Seite. Die Schwerkraft zog Lauri nach unten, aber der Sicherheitsgurt, der ihm Rippen und Arm schmerzhaft zusammenpresste, hinderte ihn am Fallen. In der Stirn verspürte er einen schneidenden Schmerz, und etwas Warmes lief ihm über die Kopfhaut. Als er seine Stirn berührte und dann die Hand betrachtete, sah er, dass seine Finger rot von Blut waren.
    Abu Hassan lag auf der Tür, die dem Erdboden zugewandt war. Sein Kopf befand sich in einer unmöglichen Stellung, und Blut rann ihm aus Mund und Nase. Arme und Beine hatten etwas Unnatürliches und Verzerrtes.
    Von

Weitere Kostenlose Bücher