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Gottes kleiner Finger - [Thriller]

Gottes kleiner Finger - [Thriller]

Titel: Gottes kleiner Finger - [Thriller] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Wüste geschickt, um die Oase Siwa zu erobern, die hartnäckig der Macht seines gewaltigen Imperiums getrotzt hatte. Wo war doch von dieser Erzählung die Rede gewesen? In Herodots Historien oder irgendwo anders? Als jedenfalls die Armee, die von Theben aufgebrochen war, die Oase Kharga passiert hatte, war sie in einen Sandsturm geraten und im Sand begraben worden. Dieser Geschichte zufolge wurde niemals auch nur ein einziger Krieger des Kambyses wiedergefunden.
    »Andererseits hat das Flugzeug den Sturm kommen sehen müssen und sicherlich mehrere Kolonnen gewarnt«, ergänzte Khadidja, und in ihrer Stimme lag ein leicht ärgerlicher Ton. »Diejenigen, die in der Hammada geblieben sind, haben kein Problem. Aber zumindest hat der Sturm unsere Spuren verweht!«
    »Sollten wir einfach auf der Stelle bleiben?«, fragte Lauri. »Wenn sie unsere Spuren nicht sehen, ist das Gebiet, in dem sie suchen müssen, zu groß.«
    Khadidja schüttelte den Kopf.
    »Leider müssen wir in Bewegung bleiben. Wir müssen zum Stein kommen, bevor unser Wasser verbraucht ist.«
    Wieder dieselbe Geschichte, seufzte Lauri in Gedanken. Sie ruhten sich einige Stunden aus und machten sich nach Sonnenuntergang wieder auf den Weg. Die ganze Nacht hindurch wanderten sie und legten sich erst bei Sonnenaufgang für ein paar Stunden zur Ruhe.
    Als Lauri erwachte, schlief Khadidja noch. Bei dem Versuch, seinen linken Arm zu bewegen, zuckte er vor Schmerz zusammen. Der ganze Arm war steif, und als er die Umgebung der Wunde durch den Verband hindurch berührte, stellte er fest, dass die Haut geschwollen und straff gespannt war. Der Arm war sehr empfindlich, und der darin pulsierende Schmerz war viel heftiger geworden. Außerdem fror Lauri, obwohl die Sonne hoch stand und es in der Wüste schon ziemlich heiß war. Er sagte Khadidja jedoch nichts, sondern ließ sie schlafen. Viele Fliegen umschwirrten Lauri jetzt, er musste sie ständig von den Lippen blasen und ganze Schwärme von seinem Gesicht und dem verwundeten Arm verscheuchen. Schließlich hatte er das satt und wickelte sich ein Tuch um das Gesicht. Verstehen die Fliegen, dass ihnen bald ein großer Haufen toten Fleisches geboten wird?, überlegte er. Riechen sie die Wunde?
    Lauri erkannte, dass sich die Wunde stark entzündet haben musste, denn er hatte eindeutig hohes Fieber, und er spürte, dass seine Kräfte schnell nachließen. Sie warteten die heißesten Mittagsstunden ab, setzten dann aber ihren Weg nach Südwesten schon am Nachmittag fort, viele Stunden vor Sonnenuntergang. Khadidja wollte schnell möglichst weit kommen, damit ihre Verfolger es schwerer hatten, ihnen wieder auf die Spur zu kommen. Noch hatten sie keine Anzeichen dafür gesehen oder gehört, dass man sie gefunden hätte.
    Lauri fror jetzt ständig, und der Kopf tat ihm weh. Er versank allmählich in einen schlafähnlichen Zustand und schreckte ab und zu auf, wenn er bemerkte, dass er sein Zeitgefühl vollkommen verloren hatte. Er wusste nicht mehr, ob sie vor zehn Minuten oder vor sechs Stunden aufgebrochen waren.
    Einmal sahen sie eine Reihe eigentümlicher, aus dem Sand herausragender runder Gebilde. Sie waren wie antike, mit Sand gefüllte Brunnen, waren aber in einer geraden Linie hintereinander aufgereiht. Der Anblick war bizarr und unwirklich. Dann ging es Lauri auf, dass er eine uralte Foggara vor sich hatte, einen waagerechten Brunnen. Das war eine Konstruktion, die in alter Zeit als ein Wasser auffangender Brunnen und zugleich dazu gedient hatte, das Wasser in die gewünschte Richtung zu leiten.
    »Eine Foggara?«, fragte Lauri.
    Khadidja nickte. Sie war offensichtlich freudig davon überrascht, dass Lauri wusste, worum es sich handelte.
    Lauri war bekannt, dass ähnliche Konstruktionen im Iran unter der Bezeichnung Qanat und in Indien als Suranqam bekannt waren. In den islamischen Gebieten von China und Afghanistan hießen sie Karez. Noch zu Zeiten von Khan Reza Pahlewi hatte der Iran fast sein gesamtes Trinkwasser aus vierzigtausend Qanats bezogen, von denen einige viele Dutzend Kilometer lang waren.
    Die Muslime bauten Windräder mit Senkrechtachsen, und wir Christen bauten sie mit waagerechten Achsen, dachte Lauri. Wir haben immer nur senkrechte Brunnen gebaut, aber die islamische Zivilisation stützte sich großenteils auf waagerechte Brunnen. Was hatte das zu bedeuten? Sollten wir daraus etwas lernen?
    Aber wie konnte es mitten in der Sahara waagerechte Brunnen geben?
    »Wer hat die gebaut?«, fragte Lauri

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