Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gottes Tochter

Gottes Tochter

Titel: Gottes Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
Vom Netzwerk:
verdruckst.
    »Manche Kollegen sind gnadenlos«, sagte Halberstett.
    »Jetzt trinken Sie erst mal noch eins, und dann sehen wir weiter, in Ordnung, Herr Kommissar?«
    Sie nahm die leeren Gläser mit.
    »Rico Keel behauptet, er wurde von Unbekannten zusammengeschlagen?« Süden hatte die grüne Akte durchgeblättert und die Seiten überflogen. Die dicke Mappe lag neben ihm auf dem Stuhl.
    »Er behauptet das, und ich glaub ihm nicht«, sagte Halberstett.
    »Ich glaub ihm nicht, weil sein Kumpel Juri da mit drinnesteckt, und wenn der wo mit drinnesteckt, dann bedeutet das nichts Gutes. Ich will nichts Negatives über ihn sagen, er ist ein tüchtiger Junge, er ist nicht mal fünfundzwanzig und schon Kfz-Meister, deswegen hat ja auch die Fete auf dem Schiff stattgefunden.«
    »Ich habs gelesen.« Süden hatte es nur so gesagt, ohne Unterton. Halberstett sah ihn an und überlegte, ob er sich schon wieder täuschte. Die Art, wie sein Kollege sich benahm, gefiel ihm nicht, jedenfalls gefiel sie ihm nicht ständig. Und allmählich fragte er sich, ob der andere ein Spiel trieb, ob er ihn manipulierte, ob er mehr aus ihm herauskriegen wollte, als er bereit dazu war.
    Was Informationen anbelangte, das hatte Halberstett vorhin in der Direktion beschlossen, würde er dem Westkollegen keine weiteren geben als die, die in den Akten standen, nur diese waren für den Fall relevant. Und wenn der Kollege glaubte, spezielle Hintergründe erfahren zu müssen, dann war er auf sich selbst angewiesen.
    »Zum Wohl, die Herren!«, sagte die Bedienung und wandte sich an Süden. »Sind Sie auch von der Polizei?«
    »Ja.«
    »Aber nicht von hier.«
    »Aus Bayern.«
    »Aus Bayern!«, sagte die Frau laut. »In Bayern mach ich in diesem Jahr Urlaub, in Dießen am Ammersee, stellen Sie sich das vor! Es muss wundervoll dort sein.«
    »Landschaftlich reizvoll«, sagte Süden.
    »Darauf freu ich mich schon. Und auf die Fahrradtouren, ich hab mir sagen lassen, man kann um den See herumradeln, das ist genau das Richtige für mich. Und hinterher gibts original bayerischen Schweinebraten. Aus Bayern sind Sie! Sind Sie auch bei der Kripo?«
    »Vermisstenstelle.«
    »Ach«, sagte die Bedienung. »Suchen Sie jemand bei uns?«
    »Ein Mädchen, es war auf dem Schiff, auf dem das Feuerwerk explodiert ist.«
    »Furchtbar! Das Fernsehen hat Berichte gebracht, ich hatte noch gar keine Zeit, mal hinzugehen und mir das Wrack anzusehen. Und da war ein Mädchen, das Sie suchen?«
    »Ja«, sagte Süden. Beim Anblick des frischen Bieres tropfte ihm fast wie Varus der Sabber aus dem Mund.
    »Zum Wohl.« Er konnte nicht widerstehen.
    Sie tranken, und die Bedienung ging zum nächsten Tisch.
    »Der Name Juri steht hier nirgends«, sagte Süden.
    »Das ist ein Spitzname, jeder nennt ihn so. Er heißt Thorwald Gottow, hier stehts, sehen Sie? Hier, und dann weiter hinten.«
    »Sein Name stand in Ihrem Fax an uns.« Süden las ein paar Sätze, dann schlug er die eine Akte zu und legte sie auf die andere. »Glauben Sie, Juri hat etwas mit dem Überfall auf Rico zu tun? Die Frau, die ums Leben kam, war Juris Verlobte.«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Halberstett. Hier war die Grenze, hier ging es um die eigenen Leute, hier durfte nur er selbst spekulieren. Juris Vater war sein Kollege gewesen, viele Jahre, bis…
    »Ich suche diese Julika«, sagte Süden. »Sie haben uns informiert, und wir waren der Meinung, wir sollten die Vermissung überprüfen, bevor der Vater wieder die Presse einschaltet. Ich muss wissen, ob sie auch beim zweiten Mal freiwillig verschwunden ist. Ich will mit ihr sprechen, ich will mir ein Bild von ihrem Zustand machen. Ich mische mich nicht in Ihre Ermittlungen, ich will nur mit den Leuten sprechen, mehr nicht.«
    Er trank, strich sich die Haare aus dem Gesicht, roch an seinen Fingern, wie sein Vorgesetzter das immer tat, und stellte fest, dass er sie nicht mehr mit Seife gewaschen hatte, seit er an diesem Morgen gegen sieben Uhr seine Wohnung verlassen hatte.
    »Sie haben mir die Akte über die Vorgänge damals im Sonnenblumenhaus rausgesucht«, sagte Süden. »Ich werde sie lesen, aber ich möchte auch, dass Sie mir erzählen, was passiert ist und in welcher Weise Juri und Rico darin verwickelt waren. Wie ist Ihre persönliche Einschätzung? Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Explosion auf dem Schiff und dem brennenden Haus, in dem ebenfalls ein Mensch gestorben ist? Was wissen Sie, was nicht in den offiziellen Protokollen steht?«
    »Nichts«, sagte

Weitere Kostenlose Bücher