Gottes Werk und Teufels Beitrag
geht schon.«
Debra schaute verlegen und ärgerlich drein, und Homer lächelte schüchtern. Komisch, dachte er, da hat man ein paar Verabredungen mit jemand – nichts als Küssen und Anfassen an ein paar merkwürdigen Stellen –, und schon fangen alle an zu reden, als machte man es jeden Moment in Gedanken. Homers Gedanken waren viel eher bei Grace Lynch in dem Bottich als bei Debra Pettigrew, die neben ihm stand und dieselbe Wand anmalte. Als Homer auf den Lichtschalter neben der Küchentür stieß, fragte er Big Dot Taft, ob er einfach drum herum streichen oder es von Florence oder Irene mit ihren kleineren Pinseln säuberlich ausmalen lassen sollte.
»Male einfach darüber weg«, sagte Big Dot Taft. »Wir machen das jedes Jahr. Wir machen es nur, damit es neu und frisch aussieht. Wir veranstalten hier keinen Sauberkeitswettbewerb.«
Neben dem Lichtschalter war eine Reißzwecke, mit der ein Blatt Schreibmaschinenpapier an die Wand geheftet war – die Maschinenschrift selbst war ganz ausgebleicht von der Sonne, die durch die vorhanglosen Fenster der Küche fiel. Es war eine Art Liste; das untere Viertel des Blattes war abgerissen; wie auch immer, es war unvollständig. Homer zog die Zwecke aus der Wand und hätte das Papier zusammengeknüllt und in Richtung Mülltonne geworfen, hätte nicht die getippte Überschrift seine Aufmerksamkeit auf sich gezogen.
Spielregeln im Ciderhaus
lautete die Überschrift.
Was für Spielregeln? fragte er sich und überflog das Blatt. Die Regeln waren numeriert.
1. Bitte bedienen Sie weder Quetschwerk noch Presse, wenn Sie getrunken haben.
2. Bitte rauchen Sie nicht im Bett und benützen Sie keine Kerzen.
3. Bitte steigen Sie nicht aufs Dach, wenn Sie getrunken ha- ben – besonders nicht bei Nacht.
4. Bitte waschen Sie die Tücher der Presse am selben Tag oder Abend aus, nachdem sie benutzt wurden.
5. Bitte nehmen Sie das Drehsieb sofort nach dem Pressen heraus und spritzen es sauber, solange der trester darauf noch feucht ist!
6. Bitte nehmen Sie keine Flaschen aufs Dach mit.
7. Bitte gehen Sie selbst bei großer Hitze (oder wenn Sie ge- trunken haben) nicht in den Kühlraum zum Schlafen.
8. Bitte geben Sie Ihre Einkaufsliste jeden Morgen späte- stens um sieben dem Mannschaftsboss.
9. Es sollten nie mehr als ein halbes Dutzend Menschen gleichzeitig auf dem Dach sein.
Falls es noch mehr Regeln gegeben hatte, konnte Homer sie nicht lesen, weil das Blatt abgerissen worden war. Homer reichte Big Dot Taft das zerfetzte Papier.
»Was soll das alles – mit dem Dach?« fragte er Debra Pettigrew.
»Vom Dach aus kann man den Ozean sehen«, sagte Debra.
»Darum geht’s nicht«, sagte die dicke Dot Taft. »In der Nacht sieht man das Riesenrad und die Lichter des Lunaparks von Cape Kenneth.«
»Große Sache«, sagte Homer Wells.
»Für mich ist’s keine große Sache«, sagte Big Dot Taft.
»Aber diesen Schwarzen gefällt es entschieden.«
»In manchen Nächten sitzen sie die ganze Nacht auf dem Dach«, sagte Debra Pettigrew.
»In manchen Nächten betrinken sie sich dort oben und fallen dann herunter«, verkündete Florence Hyde aus dem Schlafsaalflügel.
»Sie zerbrechen Flaschen dort oben und schneiden sich überall«, sagte Irene Titcomb.
»Na, nicht jede Nacht, das auch wieder nicht«, sagte die dicke Dot Taft.
»Und eines Nachts war einer von ihnen so betrunken und schwitzte so stark beim Bedienen der Presse, daß er im Kühllager ohnmächtig wurde und mit Lungenentzündung erwachte«, sagte Debra Pettigrew.
»Man ›erwacht‹ eigentlich nicht mit Lungenentzündung«, sagte Homer Wells. »Es ist ein wenig komplizierter.«
»Entschuldigung, bitte«, sagte Debra schmollend.
»Jedenfalls beachtet niemand diese Regeln«, sagte Big Dot Taft.
»Jedes Jahr schreibt Olive sie auf, und jedes Jahr beachtet sie wieder keiner.«
»Alle Pflückermannschaften, die wir hatten, sie sind einfach Kinder«, sagte Florence Hyde. »Würde Olive nicht jeden Tag für sie einkaufen gehen, sie würden verhungern.«
»Sie können sich nicht organisieren«, sagte Irene Titcomb.
»Einer von ihnen hat seinen ganzen Arm in das Quetschwerk gesteckt«, erinnerte sich Big Dot Taft. »Nicht nur seine blöde Hand – seinen ganzen Arm.«
»Umpf«, sagte Debra Pettigrew.
»Umpf, das war auch sein Arm, ja wirklich«, sagte Florence Hyde.
»Wie viele Stiche?« fragte Homer Wells.
»Du bist wirklich neugierig, weißt du?« fragte ihn Debra Pettigrew.
»Na, sie tun
Weitere Kostenlose Bücher