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Gottes Werk und Teufels Beitrag

Gottes Werk und Teufels Beitrag

Titel: Gottes Werk und Teufels Beitrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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Agnes Cork Lebewohl zu sagen, die alles dafür gegeben hätte, ihr einen Gefallen tun zu können, die alle ihre Schulfreundinnen – und jeden, der bei Ted und Patty Callahan auftauchte, um in den Antiquitäten zu stöbern – gefragt hatte, ob sie jemals von einem Apfel-Obstgarten namens Ocean View gehört hätten. Wenn sie das herausfinden könnte, würde Melony vielleicht ihre Freundin werden, und dafür wäre Mary Agnes Cork bereit, ihr Leben lang immer wieder dieselbe Frage zu stellen. Nachdem Melony Bath verlassen hatte, merkte Lorna, wie sehr sie ihre Freundin vermißte; Lorna ertappte sich dabei, wie sie dauernd nach Ocean View fragte – als gehöre die Frage ebenso notwendig zu ihrer treuen Freundschaft mit Melony wie jene wollene Waffe, die sie ihr geschenkt hatte.
    Folglich waren sie jetzt zu dritt auf der Suche nach Homer Wells. 
     
    In diesem Sommer wurde Wally von San Antonio nach Coleman, Texas, verlegt. »Ich wünschte mir, jemand würde Texas den Krieg erklären«, schrieb er an Homer. »Das wäre eine Rechtfertigung dafür, hier zu sein.« Er behauptete, er fliege in Unterhosen und Socken – dies sei das einzige, was sie alle in solch erbarmungsloser Hitze am Leibe ertragen konnten.
    »Was glaubt er denn, wohin er geht?« beschwerte sich Candy bei Homer. »Erwartet er ein perfektes Klima? Er geht in den Krieg!« Homer saß ihr gegenüber auf Ray Kendalls Dock, die Schneckenpopulation für immer beeinträchtigt durch ihr Gespräch.
    In dem kühlen Klassenzimmer mit dem Betonfußboden in der High-School von Cape Kenneth pflegte Homer die Weltkarte zu entrollen; es pflegte selten jemand anwesend zu sein – außer dem Pförtner, der über Geographie nicht besser Bescheid wußte als Homer Wells. Homer nutzte die sommerliche Einsamkeit, um die Orte der Welt zu studieren, wohin Wally wahrscheinlich gehen würde.
    Einmal überraschte ihn Mr. Hood bei seinen Studien. Vielleicht besuchte Mr. Hood aus Heimweh sein altes Klassenzimmer, oder vielleicht war es Zeit, einen Auftrag über die Kaninchen des nächsten Schuljahres zu ordern.
    »Ich nehme an, du wirst dich freiwillig melden«, sagte Mr. Hood zu Homer.
    »Nein, Sir«, sagte Homer. »Ich habe ein schwaches Herz – Pulmonalklappenstenose.«
    Mr. Hood starrte auf Homers Brust; Homer wußte, daß der Mann nur für Kaninchen Augen hatte – und nicht sehr scharfe Augen zumal. »Du hattest Herzgeräusche seit der Geburt?« fragte Mr. Hood.
    »Ja, Sir«, sagte Homer.
    »Und hast du immer noch Geräusche?« fragte Mr. Hood.
    »Nicht viele, nicht mehr«, sagte Homer.
    »Dann ist es kein schwaches Herz«, sagte Mr. Hood aufmunternd.
    Aber warum sollte Homer Mr. Hood für eine Autorität halten? Er konnte ja seine Uteri nicht auseinanderhalten; er konnte Schafe nicht von Kaninchen unterscheiden.
    Sogar die Wanderarbeiter waren anders bei dieser Ernte – sie waren älter und jünger zugleich; die Männer in der Blütezeit ihrer Jahre hatten sich freiwillig gemeldet – außer Mr. Rose.
    »Nicht viel zu pflücken für Pflücker dies Jahr«, sagte er zu Olive. »Es gibt zu viele Narren, die glauben, der Krieg sei interessanter als Äpfelpflücken.«
    »Ja, ich weiß«, sagte Olive. »Mir brauchen Sie nichts darüber zu sagen.«
    Bei dieser Ernte gab es eine Frau, die Mr. Rose Mama nannte, auch wenn sie nicht alt genug war, um die Mutter von einem von ihnen zu sein. Ihre Treue schien ganz ausschließlich Mr. Rose zu gelten. Homer wußte dies, weil die Frau tat, was sie wollte – sie pflückte ein bißchen, wenn ihr danach zumute war oder wenn Mr. Rose es vorschlug; sie kochte ein bißchen, aber sie war nicht jeden Abend die Köchin, und sie war nicht die Köchin für alle. Manche Abende saß sie sogar auf dem Dach, aber nur, wenn Mr. Rose dort bei ihr saß. Sie war eine große, massige, junge Frau, mit einer bedächtigen Langsamkeit, die bewirkte, daß ihre Bewegungen aussahen wie von Mr. Rose abkopiert, und sie trug ein ständiges Lächeln zur Schau, nicht ganz entspannt und nicht ganz schmunzelnd – ebenfalls von Mr. Rose abkopiert.
    Es überraschte Homer, daß beim Schlafen keine besonderen Vorkehrungen getroffen wurden bezüglich dieser Frau; sie hatte ihr eigenes Bett neben Mr. Rose, aber es wurde kein Versuch gemacht, ihre Betten durch Vorhänge abzuteilen oder anderweitig ein wenig Privatsphäre zu schaffen. Nur folgendes: nämlich dann und wann, wenn Homer am Ciderhaus vorbeifuhr, stellte er fest, daß alle außer Mr. Rose und seiner Frau draußen vor

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