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Gottes Werk und Teufels Beitrag

Gottes Werk und Teufels Beitrag

Titel: Gottes Werk und Teufels Beitrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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selbst. Durch das Spekulum spürte er ihre Hitze an seinem Auge.

11
    Die Regeln verletzen Melony, die per Anhalter von Bath nach Ocean View gefahren war, fuhr am gleichen Tag per Anhalter zurück; die Begeisterung fürs Äpfelpflücken war ihr vergangen. Sie floh zurück, um eine neue Urlaubsreise zu planen – oder sich wieder um Arbeit zu bewerben. Melony ging in die Pizza-Bar, wo alle hingingen, und da hockte sie so verlassen da, daß Lorna den Tölpel, mit dem sie an der Bar war, stehenließ und sich ihr gegenüber in die Nische setzte.
    »Ich schätze, du hast ihn gefunden«, sagte Lorna.
    »Er hat sich verändert«, sagte Melony; und sie erzählte Lorna die Geschichte. »Ich hab’ mich nicht meinetwegen so schlecht gefühlt«, sagte Melony. »Ich meine, ich habe wirklich nicht erwartet, daß er mit mir zusammen Reißaus nimmt, oder so etwas. Es war nur seinetwegen – ich hatte ihn höher eingestuft; ich dachte, er wär jemand, der mal ein Held sein würde. Ich schätze, das ist blöde, aber so sah er aus – als hätte er das Zeug zum Helden in sich. Er schien um so viel besser als alle anderen, aber er war nur ein Schwindler.«
    »Du weißt nicht, was ihm alles widerfahren ist«, sagte Lorna ruhig; sie kannte Homer Wells nicht, aber sie wußte um sexuelle Verwicklungen.
    Ihre gegenwärtige sexuelle Verwicklung wurde ungeduldig an der Bar, wo er auf sie gewartet hatte; er war ein Suffkopf namens Bob, und er kam zu Melonys Nische herüber, wo die zwei Frauen sich an den Händen hielten.
    »Ich schätze, es hat einfach damit zu tun, daß Homer ein Mann ist«, stellte Melony fest. »Ich hab nur einen kennengelernt, der sein Leben nicht von seinem Dingdong leiten ließ« – sie meinte Dr. Larch –, »und der war ein Äthersüchtiger.«
    »Bist du noch mit mir zusammen oder schon wieder mit ihr«, fragte Bob Lorna, aber er starrte Melony an.
    »Wir haben nur geredet, sie ist nur eine alte Freundin«, sagte Melony.
    »Ich dachte, du wärst in Urlaub«, sagte Bob zu Melony. »Wieso gehst du nicht dorthin, wo die Kannibalen sind?«
    »Verschwinde und wichs in einen Eimer«, sagte Melony zu ihm. »Verschwinde und häng dich an einen Kübel, verschwinde und klecker in ’nen Teelöffel«, sagte sie zu ihm; Bob verdrehte ihr den Arm, bis er brach. Dann brach Bob ihr auf der Resopaltischplatte die Nase, bevor einige der Werftarbeiter ihn von ihr losrissen.
    Lorna brachte ihre Freundin ins Krankenhaus, wo ihr Arm eingegipst und ihre Nase – beinah gerade – gerichtet wurde. Dann brachte Lorna Melony heim in die Nur-für-Frauen-Pension, wo sie, wie sie sich beide einig waren, hingehörten: zusammen. Lorna räumte ihre Sachen wieder ein, während Melony sich erholte. Die Schwellung in ihrem Gesicht ging nach ein paar Tagen wieder zurück, und ihre Augen wechselten im Lauf der Woche von Schwarz über Lila-Grün zu Gelb.
    »Die Sache ist die«, sagte Melony, ihr wundes Gesicht an Lornas Bauch gelegt, während Lornas Hand ihr übers Haar strich, »als er ein Junge war, da hatte er so eine besondere Tapferkeit – niemand konnte ihn dazu bringen, einfach mitzumachen bei dem, was lief. Und jetzt, sieh ihn dir an: bumst die Frau von ’nem Krüppel und lügt den eigenen Sohn an.«
    »Es ist widerlich«, pflichtete Lorna bei. »Warum vergißt du’s nicht?« Als Melony nicht antwortete, fragte Lorna: »Wie kommt es, daß du Bob nicht verklagen willst?«
    »Angenommen, es klappt?« fragte Melony.
    »Wie bitte?« sagte Lorna.
    »Angenommen, man steckt Bob wirklich ins Gefängnis oder verschickt ihn irgendwohin?« fragte Melony. »Wenn es mir dann bessergeht, könnte ich ihn nicht finden.«
    »Oh«, sagte Lorna. 
     
    Homer Wells erkannte die Stimme nicht, die ihn aus dem Scheinwerferlicht ansprach.
    »Was hast du in der Tasche, Homer?« fragte Mr. Rose. Es war eine lange Fahrt gewesen von South Carolina, und Mr. Roses altes Auto knarrte und knackte vor Hitze und vor sichtlicher Pein. »Es ist nett von dir, daß du die ganze Nacht arbeitest, um mein Haus schön herzurichten für mich, Homer«, sagte er. Als er vor die Scheinwerfer trat, war sein schwarzes Gesicht immer noch schwer zu erkennen, aber Homer sah, wie er sich bewegte – sehr langsam, aber immer bereit, plötzlich sehr schnell zu sein.
    »Mister Rose!« sagte Homer.
    »Mistah Wells«, sagte Mr. Rose lächelnd. Sie schüttelten sich die Hände, während Homers Herz sich beruhigte. Candy verbarg sich immer noch im Ciderhaus, und Mr. Rose spürte, daß Homer nicht

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