Gottes Werk und Teufels Beitrag
vergewissern, daß keine angestoßenen Früchte dabei waren; wenn er Druckstellen oder andere Anzeichen dafür fand, daß sie zu schnell pflückten, gab Angel nicht den Spitzenpreis für ein Bushel. Doch Angel wußte, daß Peaches ein guter Pflücker war, also schrieb er nur eine Zahl auf die Liste, ohne vom Traktor zu steigen, um sich die Äpfel anzusehen.
»Bist du nicht unser Prüfer?« fragte Peaches jetzt Angel.
»Klar, ich hab dich schon!« sagte Angel zu ihm.
»Willst du mich also nicht prüfen? Vergewissere dich lieber, daß ich keine Birnen pflücke, oder sonst etwas«, sagte Peaches grinsend. Angel ging hin, um sich die Äpfel anzusehen, und in dem Moment sagte Peaches zu ihm: »Du willst doch nicht ins Messergeschäft einsteigen mit Mistah Rose.« Dann ging er weg, mit seinem Sack und seiner Leiter, bevor Angel etwas sagen konnte über seine Äpfel – die, natürlich, einwandfrei waren.
Zurück auf dem Traktor, raffte Angel seinen Mut zusammen. »Bist du immer noch verheiratet mit dem Vater des Babys?« fragte er Rose Rose.
»War nie verheiratet«, sagte sie.
»Seid ihr immer noch zusammen, du und der Vater?« fragte Angel.
»Baby hat keinen Vater«, sagte Rose Rose. »Ich war nie zusammen.«
»Mir gefallen Hazel und Heather«, sagte Angel nach einer Weile. »Es sind beides Pflanzennamen, sie passen irgendwie zu Rose.«
»Ich hab keine Pflanze, ich habe ein kleines Mädchen«, sagte Rose Rose lächelnd.
»Mir gefällt auch der Name Hope«, sagte Angel.
»Hoffnung ist kein Name«, sagte Rose Rose.
»Iris ist hübsch«, sagte Angel. »Es ist irgendwie nett, weil es ebenfalls eine Blume ist. Und dann gäbe es noch Isadora.«
»Uff!« sagte Rose Rose. »Das ist alles nicht besser oder schlechter als jeder andere Name auch.«
»Na, wie wär’s mit der schlichten alten Jane?« fragte Angel Wells, der allmählich frustriert war. »Jennifer? Jessica? Jewel? Jill? Joyce? Julia? Justine?«
Sie berührte ihn. Sie legte nur ihre Hand an seine Hüfte. Da hätte er beinah den Anhänger umgekippt und die Ladung verschüttet. »Hör nicht auf«, sagte sie zu ihm. »Ich wußte gar nicht, daß es so viele Namen gibt. Mach weiter«, sagte sie, und ihre Hand drängte ihn – es war nur ein kleiner Schubs, bevor sie die Hand auf ihren Schoß zurückzog, wo Baby-Rose hockte, wie hypnotisiert von der Bewegung des Traktors und vom Motorengeräusch.
»Katherine? Kathleen? Kirsten? Kitty?« begann Angel Wells.
»Mach weiter«, sagte Rose Rose, und ihre Hand streifte wieder seine Hüfte.
»Laura? Laurie? Laverne? Lavinia? Leah? Das bedeutet ›langweilig‹«, erzählte er ihr. »Leslie? Libby? Loretta? Lucy? Mabel? Das bedeutet ›liebenswert‹«, erzählte er ihr. »Malvina? Das bedeutet ›weicher Schnee‹«, erklärte er ihr.
»Wo ich lebe, gibt es keinen Schnee«, sagte Rose Rose.
»Maria?« sagte Angel. »Marigold? Das ist wieder eine Blume. Mavis? Das bedeutet ›Drossel‹, eine Vogelart«, sagte er.
»Sage mir lieber nicht, was sie bedeuten«, belehrte ihn Rose Rose.
»Melissa? Mercedes?« sagte Angel.
»Ist das nicht ein Auto?« fragte ihn Rose Rose.
»Ein ziemlich gutes«, sagte Angel, »ein deutsches Auto. Sehr teuer.«
»Ich hab mal eins gesehen, glaub ich«, sagte Rose Rose. »Sie haben ein komisches Bullauge auf der Haube.«
»Ihr Emblem«, sagte Angel Wells.
»Ihr was?« fragte sie.
»Es ist eine Art Bullauge, du hast recht«, sagte Angel.
»Sag es noch einmal«, sagte Rose Rose.
»Mercedes«, sagte er.
»Es ist für reiche Leute, oder?« fragte Rose Rose.
»Das Auto?« fragte er.
»Der Name des Autos.«
»Nun«, sagte Angel, »es ist ein teures Auto, aber der Name bedeutet: ›Unsere Liebe Frau von den Gnaden‹.«
»Ach, dann scheiß drauf«, sagte Rose Rose. »Habe ich dir nicht gesagt, du sollst mir nicht sagen, was die Namen bedeuten?«
»Tut mir leid«, sagte er.
»Wie kommt es, daß du nie ein Hemd trägst?« fragte sie ihn. »Wird dir nie kalt?«
Angel zuckte die Schultern.
»Du kannst ruhig weitermachen mit den Namen, jederzeit«, sagte sie zu ihm.
Nach den ersten vier oder fünf Erntetagen schlug der Wind um; vom Atlantik her wehte eine kräftige Brise, und die frühen Vormittage waren besonders kalt. Angel trug ein T-Shirt und einen Sweater darüber. Eines Morgens, als es so kalt war, daß Rose Rose Baby-Rose bei Candy gelassen hatte, sah Angel, wie sie zitterte, und gab ihr seinen Sweater. Sie trug ihn den ganzen Tag. Sie trug ihn noch, als Angel spätabends
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