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Gottesdienst

Titel: Gottesdienst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Gardiner
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China Lake, wir wollten Brian besuchen. Die Herbstsonne stand schon tief über den Bergen, als wir ankamen. Auf der Fahrt hatte sich Luke ziemlich gelangweilt, aber als wir vor dem Gefängnis hielten, richtete er sich auf. Er hatte Angst und keine Ahnung, was ihn dort drin erwartete.
    »Okay, Tiger, ich muss dir jetzt erst mal was erklären«, sagte ich. »Dein Dad ist da drin, er wartet auf uns in einem Raum mit einer großen Scheibe mitten durch. Wir werden auf der einen Seite sein und er auf der anderen. Du wirst ihn nicht umarmen können.«
    Er hörte mir zu und schaute mich mit großen dunklen Augen an.
    »Und er trägt andere Sachen als sonst.«
    »Kann ich mit ihm reden?«, fragte er.
    »Natürlich, mein Schatz. Komm, wir gehen rein.«
    Wir warteten nebeneinander im Besuchsraum und starrten durch die Trennscheibe. Luke wirkte ausgelaugt vor lauter Anspannung. Als der Wärter die Tür auf der anderen Seite der Barriere aufschloss und Brian eintrat, erstarrte Luke. Brian ging es nicht anders, sein Gesichtsausdruck schien irgendwo zwischen Freude und Entsetzen eingefroren.
    »Hi, Daddy.«
    »Hallo, Champ.«
    So etwas wie eine sinnvolle Unterhaltung gibt es im Gefängnis einfach nicht. Brian saß leicht zusammengesunken auf einem Stuhl, mit seinen hängenden Schultern erinnerte er an eine Bulldogge. Er bemühte sich auf groteske Art um Smalltalk. Luke wirkte, als ob man ihn gerade ins Weltall geschossen hätte – an einen Ort ohne Luft, ohne Oben und Unten. Die Nachricht, dass unsere Mutter Dengue-Fieber hatte, war eine unangenehme Überraschung für Brian, und Sally Shimadas Interviewanfrage verärgerte ihn noch mehr. Auf gar keinen Fall, sagte er. Ich fragte, was sein Anwalt ihm erzählt hatte.
    »Er denkt, dass die Cops zwei gegensätzliche Theorien über den -« Sein Blick fiel auf Luke. »Über Peter Wyoming haben. Entweder soll Eifersucht das Tatmotiv gewesen sein oder ein aus dem Ruder gelaufener Waffendeal.«
    Ich rückte näher an die Scheibe. »Sie glauben, du hast Waffen an die Standhaften verkauft?«
    »Anscheinend ist auf dem Stützpunkt was weggekommen. Die Navy hat Probleme mit der Bestandsaufnahme, und ich gehöre zur Navy, also bin ich daran schuld. Zwei plus zwei ergibt siebzehn.«
    Ich fragte mich, ob die Standhaften ihr Arsenal vielleicht mit Waffen aufstocken wollten, die sie aus China Lake gestohlen hatten. Vermutlich hielten sie die Basis für eine Art Warenhaus der Supertodeswaffen – und hätten nur zu gerne ein paar davon in die Finger gekriegt. Ich behielt den Gedanken für mich, Luke brauchte das nicht zu hören. »Was hat dein Anwalt vor?«
    »Er legt sich gerade seine Strategie zurecht. Ich hab ihm gesagt, die einzige Strategie, die zählt, ist diese Dreck -, äh, den Täter zu fangen.«
    »Ich arbeite dran«, versicherte ich ihm. »Kommt dir eigentlich der Name Mildred Hopp Antley irgendwie bekannt vor? Ihr gehört das Gelände, auf dem die Standhaften ihr Rückzugsgebiet eingerichtet haben, und wir sind damals in die Highschool gegangen mit -«
    »Casey Hopp, oh, mein Gott.«
    »Du kennst sie?«
    »Das war doch eine ganz harte Nummer. Ihr hat das V für Verlierer schon auf der Stirn gestanden. Die war mal hinter mir her, erinnerst du dich?«
    »Ich hab nicht mal mehr gewusst, dass Casey eine Frau ist.«
    »Sie und ihre Mädchen-Gang haben immer vor unserem Haus auf der Straße geparkt und gehofft, dass ich rauskomme. Am nächsten Morgen haben wir dann immer ihre Bierdosen und Zigarettenkippen auf dem Gehsteig gefunden.«
    Meine Erinnerung daran war wirklich nur sehr vage. »Das war Casey?«
    »Oh ja. Hat sie etwa was mit den Standhaften zu tun?«
    »Ich weiß es nicht.«
    Er richtete sich auf. »Aber du wirst es rausfinden, oder?«
    »Das hab ich vor.«
    Die Tür hinter ihm öffnete sich. Ein Wärter trat ein und erklärte, dass die Besuchszeit zu Ende sei. Brian drehte sich nicht mal um. »Okay.«
    Ich verabschiedete mich und stand auf, aber Luke rührte sich nicht.
    »Wann kommst du wieder nach Hause?«, fragte er.
    Brian sah mich an. Ich wäre am liebsten im Erdboden versunken.
    »Ich weiß es nicht, Kleiner, aber ich hoffe bald.«
    Wenn ein Sechsjähriger so was von seinem Vater hört, ist das, als ob ihm der Boden unter den Füßen weggezogen würde und er in die ewige Nacht stürzt. Die Gesprächspause dehnte sich ewig.
    »Sei lieb zu deiner Tante Evan«, sagte Brian schließlich.
    Luke Schultern hoben und senkten sich, und ich fürchtete schon, er würde gleich anfangen zu

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