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Gottesdienst

Titel: Gottesdienst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Gardiner
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Fragen beantwortet hatte, erkundigte ich mich meinerseits, wie sich Jorgensen mit Tollwut angesteckt hatte.
    »Ma’am, wir geben unsere Untersuchungsergebnisse nicht an die Öffentlichkeit.«
    »Ich bin nicht die Öffentlichkeit. Jorgensen hat mir ins Gesicht gespuckt.«
    Er dachte ein wenig darüber nach und überließ mir dann ein paar Informationskrümel. »Na ja, in Kalifornien wurde das höchste Aufkommen der Krankheit bei Stinktieren und Fledermäusen festgestellt.«
    »Wie sieht es mit Coyoten aus?«
    »Da könnten auch welche infiziert sein.«
    Nachdem ich aufgelegt hatte, rief ich Sally Shimada an. »Gibt es Neuigkeiten darüber, wie sich Jorgensen angesteckt hat?«
    Ich konnte hören, wie ein Bleistift auf die Tischplatte trommelte. »Wissen Sie, ich versorge Sie immer mit den allerneuesten Nachrichten. Es wäre schön, wenn mal was von Ihnen zurückkäme.«
    Autsch. Ich fragte, was ich für sie tun konnte.
    »Ich möchte ein Interview mit Ihrem Bruder.«
    »Nein, Sally.«
    »Kommen Sie, das ist eine Riesengeschichte. Gerade wo er ausgerechnet in China Lake stationiert ist.«
    »Was soll das heißen?«
    »Man hört doch immer wieder davon, dass sie auf dem Stützpunkt streng geheime Forschungen durchführen und die allerneuesten Waffen für die CIA entwickeln. Aber die Öffentlichkeit erfährt nie was davon.«
    Das Große Schweigen … hier zeigte sich also die Kehrseite von Marc Duprees Geheimniskrämerei. Im Zeitalter von Akte X war die amerikanische Öffentlichkeit nur allzu bereit, daran zu glauben, dass die Regierung in aller Heimlichkeit ein tödliches Süppchen zusammenbraute.
    »Was hat das mit Ihrer Geschichte über Peter Wyomings Tod zu tun?«, fragte ich.
    »Es ist der perfekte Aufhänger.«
    »Das ist absurd, Sally. Glauben Sie mir.«
    »Ihnen glauben? Sie sind da draußen aufgewachsen, Sie müssen die Wahrheit kennen.«
    Die Wahrheit? Seufzend kniff ich mir in den Nasenrücken. Die Wahrheit, die ich kennengelernt hatte, als ich da draußen aufwuchs, war, dass Marineoffiziere mittleren Ranges alles gleichzeitig sein konnten: Ehrgeizlinge, Fachidioten, Bürokraten und Patrioten. Dass sie, mit ihren Familien und Neurosen der glühenden Hitze des Wüstenstützpunktes ausgesetzt, lernten zu schweigen. Dass es ihnen wichtig war, die Kommunisten zurückzudrängen, und besonders wichtig, die jungen Männer oben in der Luft am Leben zu erhalten, indem sie sich immer neue todbringende Erfindungen einfallen ließen. Aber ich konnte mich auch an Barbecues erinnern, bei denen der exzessive Gebrauch von billigem Bourbon oder exzessiver Ehebruch die Offiziere weinerlich oder aggressiv werden ließ. Ich erinnerte mich an kluge Köpfe, die bankrottgingen oder Selbstmordversuche unternahmen oder es mit etwas Glück zu den Anonymen Alkoholikern schafften. Die Wahrheit war: Auf sich allein angewiesen hätten diese Männer nicht mal einen Autokorso organisieren können.
    Aber das war nicht das, was Sally hören wollte. Sie wollte etwas wissen über Intrigen, Strippenzieher hinter den Kulissen und seltsame Lichter am Nachthimmel.
    Ich hatte ein ungutes Gefühl im Magen, das mir sagte, dass ich ihr besser zuhören sollte. Es spielte nämlich keine Rolle, ob etwas tatsächlich wahr war oder nicht – solange die Leute so darauf reagierten, als ob es die Wahrheit wäre.
    Ich ging auf Nummer sicher. »Okay, ich werde mit Brians Anwalt sprechen, und Sie kümmern sich um die Ursache der Tollwut.«
     
    Den Rest des Tages verbrachte ich mit Telefonanrufen und Besorgungen. Ich sprach mit Chris Ramseur vom Santa Barbara Police Department über Glory und versuchte mehrmals die Sprechstundenhilfe aus Jorgensens Praxis zu erreichen, die damals für die Inventarisierung der gestohlenen Medikamente verantwortlich gewesen war. Meiner Mutter ließ ich Blumen ins Krankenhaus nach Singapur schicken. Ich holte den Explorer vom Lackieren ab und kaufte ein paar Lebensmittel, damit Jesses Kühlschrank wieder etwas vorweisen konnte. Danach vergewisserte ich mich – so gut ich es als Amateurdetektivin konnte -, dass mir niemand von den Standhaften folgte und schaute bei mir zu Hause vorbei. Nachdem ich den Briefkasten geleert hatte, schnappte ich mir ein paar frische
    Klamotten und griff spontan zu der Kette mit dem kleinen goldenen Kruzifix, die mir meine Großmutter zur Erstkommunion geschenkt hatte. Sie fühlte sich gut an um meinen Hals und erinnerte mich an Großmutters liebevolle Art.
    Am nächsten Morgen brachte ich Luke nach

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