Gottesdienst
zusammengebissene Zähne. »Tun Sie’s doch, ich hab keine Angst vorm Sterben. Aber ich weiß nicht, wo Luke ist. Unsere Zellen operieren unabhängig voneinander, und ich gehöre nicht zu der Einheit, die den Jungen zurückgeholt hat.«
»Garrett, nimm die Waffe runter. Sie weiß es wirklich nicht.«
Er starrte mich an.
»Führerloser Widerstand, das ist ihre Strategie.«
Langsam zog er die Waffe zurück. »Scheiße.«
Er atmete schwer. Ich beobachtete ihn. Sein Wutausbruch hatte mir Angst gemacht.
»Gib mir zehn Minuten«, bat ich.
»Besser wären fünf«, sagte Glory. »Die anderen werden bald hier sein, um mich abzulösen.«
»Was?«
»Shiloh und die Brueghels. Sie sind mit der nächsten Wache dran. Sie müssen jeden Moment da sein.«
»Verdammt! Wo sind sie jetzt?«, fragte Garrett.
»Sie patrouillieren auf dem Gelände.«
»Du hast zwei Minuten«, sagte er. »Bis dahin passe ich auf, ob sie kommen.« Er straffte die Schultern und schlenderte durch die Küche nach draußen.
Ich setzte mich neben Glory. Sie war in sich zusammengesunken, aber in ihren Augen loderte ein Feuer. Unter den Dreckschlieren auf ihrem Gesicht erkannte ich die Narbe, wo Mel Kalajian ihr die Tätowierung entfernt hatte. Von dem Mitleid, das ich einst mit ihr gehabt hatte, war nicht mehr viel übrig.
»Du kannst mit mir kommen. Wir holen dich hier raus.«
»Nein. Sie finden einen, egal, wo man sich versteckt. Das wissen Sie doch inzwischen auch.«
Sie hatte nicht ganz Unrecht. »Dann bleib eben hier, ich werd es dir nicht noch mal anbieten.«
Sie wischte sich die Nase ab und fing wieder an zu schaukeln. »Der Typ da bei Ihnen.«
»Garrett. Er ist Soldat. Ich hab ihn zu meinem Schutz mitgebracht.«
»Ja, weiß ich. Er gehört zur Marionettenregierung. Aber Sie sind in Ordnung.« Sie blickte ängstlich in Richtung Küche. Garrett war draußen.
»Erzählen Sie ihm nicht weiter, was ich Ihnen jetzt sage. Versprechen Sie mir das?«
»Gut.«
Ihre Stimme wurde lauter. »Versprechen Sie es.«
»In Ordnung. Ich verspreche es.«
»Sie können immer noch errettet werden. Aber es muss vor Ihrem Tod geschehen.« Sie beugte sich zu mir. »Verlassen Sie China Lake noch nicht. Nicht vor Halloween.«
Ein Schauer überlief mich von Kopf bis Fuß. Ich legte ihr die Hand auf den Arm. »Glory, was haben die vor?«
»Ich hab Ihnen doch erzählt, dass an Halloween die Grenzen zwischen dieser Welt und der Hölle besonders durchlässig sind und Satan dann besser angreifen kann.«
Tatsache. Ich nickte.
»Chenille glaubt, dass das auch umgekehrt funktioniert. Sie plant den leichten Zugang zur Hölle für sich auszunutzen. Sie setzt auf Halloween, weil sie dann einen Erstschlag landen kann, der die Bestie vernichten wird.«
»Wie will sie das erreichen?«
»Die Regierung soll stillgelegt werden. Wenn man die Marionetten des Satans handlungsunfähig macht, trifft man die Bestie mitten ins Herz. Sie will so viele Bundesagenten wie möglich umbringen.«
»Washington?«, fragte ich. »Wollen die Standhaften Washington angreifen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Washington ist ein Strudel des Bösen. Die Kirche ist nicht groß genug, sich seinem alles verschlingenden Sog zu widersetzen. Chenille will eine große Menge Bundesbeamter an einen Ort locken, der so weit wie möglich von Washington entfernt liegt.«
»Wie das?«
»Ihre Zelle wird eine Katastrophe auslösen, die das FBI, die Nationalgarde, die Behörde zur Seuchenbekämpfung und weitere staatliche Beamte auf den Plan ruft.«
Ich versuchte mir einen Ort im Westen vorzustellen, an dem der Sog des Bösen besonders groß war. »Los Angeles? Las Vegas?«
»Sie wird die Leute nach Santa Barbara locken.«
»Oh Gott, warum das denn?«
»L.A. ist zu ausgedehnt, man könnte die Leute nicht in einem ausreichend engen Radius zusammenbringen. Das Gleiche gilt für Vegas – nichts als Wüste drum herum und wahrscheinlich ein ziemlich starker Wind.«
Ein Schmerz, der bis auf die Knochen ging, durchzuckte mich, denn ich wusste schon, was jetzt kam. Ein kompaktes großstädtisches Areal, das auf der einen Seite von den Bergen und auf der anderen Seite vom Meer begrenzt wird. Es gibt kaum Fluchtwege. Es gibt nur drei Straßen, über die Leute evakuiert werden können, und die kann man leicht blockieren – den Freeway 101 auf jeder Seite der Stadt und den San Marcos Pass. Wenn Sie die Bundesbeamten erst in die Stadt gelockt hat, wird sie sie alle unschädlich machen.
Sie schniefte. »Dazu kommt,
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