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Gottesdienst

Titel: Gottesdienst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Gardiner
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die Lithium Sunset an ihre Brust drückte, war die Erste.
    »Ich weiß nicht, wie Sie das gemacht haben. Es ist, als ob ich Rowan – die weibliche Hauptfigur – bin. Es ist, als ob Sie mir aus der Seele sprechen und mein ganzes Leben kennen.«
    Das überstieg alles an Komplimenten, was ich davor gehört hatte. Ich hoffte, sie spielte damit auf die Durchsetzungskraft der Hauptfigur an und nicht auf ihre psychokinetischen Fähigkeiten und ihre Ausbildung im Umgang mit Explosivstoffen. »Danke.«
    »Das ist echt Wahnsinn«, sagte sie. »Ich liebe dieses Buch über alles. Sie schreiben doch eine Fortsetzung? Rowan wird doch ihren Lover retten. Das weiß ich, das muss sie einfach.«
    Eine Frau hinter ihr in Shorts und mit einem ziemlich üblen Sonnenbrand fragte: »Ich wüsste gerne, auf welchem Planeten das Buch spielt.«
    »Kansas«, antwortete ich.
    Gänseblümchen drehte sich zu ihr um. »Auf welchem Planeten? Wissen Sie überhaupt, worum es in dem Buch geht?«
    »Auf dem Umschlag hier steht: ›Für Rowan Larkin war der Krieg mit der Kapitulation nicht beendet‹«, antwortete die Frau mit dem Sonnenbrand.
    »Nein, es geht darum, wie die Gesellschaft Menschen bestraft, die sich nicht anpassen wollen. Warum wird Rowan denn sonst verbannt, als sie nicht kollaborieren will?«
    Jetzt mischte sich ein Mann mit einer Dodgers-Baseballmütze ein. »Hey, manche von uns wollen das Buch erst noch lesen.«
    »Kommen Sie, ich signiere Ihr Buch.« Ich stimmte Gänseblümchens Einschätzung zu, aber ich wollte, dass sie sich beruhigte.
    »Mein Name ist Glory.« Dann wandte sie sich erneut an die sonnenverbrannte Frau. »Ich meine, warum sollte Rowan sonst den Kommandeur der Aufständischen töten?«
    Der Mann schüttelte den Kopf. »Jetzt reicht’s. Ich will mein Geld zurück.«
    »Warten Sie!«, rief ich, doch er ließ sich nicht aufhalten.
    Eine neue Stimme meldete sich. »Es geht doch darum, sich im Angesicht der Versuchung selbst treu zu bleiben. Oder nicht?«
    Sie trug einen babyblauen Cowboyhut, ihre kleinen grauen Augen waren ausdruckslos. Ihre Analyse ging an der Sache vorbei, aber als ich ihren lehmfarbenen Zopf erblickte, war mir klar, dass sie keine Ruhe geben würde. Es war Chenille Wyoming.
    Ich wandte mich an die Leute in der Schlange. »Ich bin froh, dass Ihnen mein Buch gefallen hat. Aber wenn Sie das Ende vorher verraten, werde ich Ihre Bücher nicht signieren.«
    »Ich verrate hier gar nichts. Ich sage nur, dass ihr es alle nicht kapiert habt.«
    Ich hatte Glorys Buch signiert, aber Chenille legte ihre Hand darauf, damit ich es ihr nicht geben konnte. »Der Wagen steht draußen. Los jetzt.« Wortlos ging Glory davon. Andere folgten ihr, und mir fiel es wie Schuppen von den Augen: Mitglieder der Kirche der Standhaften, die sich unauffällig im Buchladen postiert hatten. Chenille blieb vor mir stehen. Über dem herunterhängenden Doppelkinn strahlte ihr Gesicht Gelassenheit aus. Ihre Augen hatte das glanzlose steinerne Grau einer Schiefertafel.
    Bevor ich mich noch bremsen konnte, hatte ich leider schon angebissen. »Nichts kapiert? Wieso denn das?«
    »Na ja«, sie zog ein kleines Notizbuch heraus, »dann fangen wir doch mal mit diesem Buch dort auf dem Bestsellertisch an. Cyber-Legenden handelt von Hacker-Hexenmeistern, die ihre Magie nur über das Internet verbreiten. Lachhaft. Als ob Satan jemals auf die Technik angewiesen war.«
    Sie deutete aufs Schaufenster. »In diesem Buch dort gibt es Menschen, die ihr Geschlecht verändern können. Jetzt sagt mir mal, wo das in der Bibel geschrieben steht. In einem anderen Buch gibt es Aliens, die nie sterben. Das ist doch vollkommen lächerlich. Der Tod ist der Zeitpunkt, den Gott bestimmt hat, oder warum heißt es sonst: ›Tötet sie alle, Gott soll die Auswahl treffen‹?«
    Mein Kopf dröhnte. »Zu dumm, jetzt kann ich mich gar nicht mehr erinnern, stammt das Zitat aus Ekklesiastes oder aus Full Metal Jacket?« Sie lief rot an. Ich überreichte ihr mein Buch. »Danke fürs Vorbeischauen. Es war mir ein Vergnügen.«
    Sie fuchtelte mit dem Buch vor meiner Nase herum. »Mit Ihnen bin ich noch lange nicht fertig, Fräulein. Hier auf Seite eins, ein nuklearer Holocaust – wie dämlich ist das denn? Diese Vorstellung ist völlig veraltet. Heute weiß man, dass so etwas nie passieren wird. Und dann die Zeit, in der Ihr Buch spielt … In der fernen Zukunft, in fünf-, sechstausend Jahren? Das ist so optimistisch, dass es schon albern ist.«
    Anita Krebs kam nun zum

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