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Gottesdienst

Titel: Gottesdienst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Gardiner
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den Kopf. Etwas anderes hatte seine Aufmerksamkeit erregt: Aus dem Garten konnte man Musik und Frauenstimmen hören. Hier waren mehr Leute anwesend, als ich erwartet hatte.
    »Kommen Sie, sehen Sie sich an, woran Tabitha gerade arbeitet. Es ist großartig.« Wyoming wies mir den Weg ins Wohnzimmer. Ich fragte mich, ob sich hinter seiner unerwarteten Höflichkeit eine List verbarg oder ob dieses Verhalten einfach seiner Persönlichkeit diesseits der Bühne entsprach. Mit seinem blaugrünen Karohemd hätte er der Modellvater einer Fernsehserie sein können.
    Ich trat ein und blieb sofort stehen. Die Wände waren mit Zeichnungen behängt: in kargem Schwarz-Weiß gehaltene Visionen der biblischen Vergeltung, die den ganzen Raum in Beschlag nahmen.
    Er deutete auf einen Comicstrip auf dem Zeichentisch: »Ist das nicht erbaulich?«
    Wohl kaum. Die HELL-o-ween betitelte Geschichte brachte Satanisten, die eine Jungfrau an einen Altar fesselten, in einen Zusammenhang mit Kindern, die sich verkleideten, um sich Süßigkeiten an den Türen zu ergattern.
    Er deutete mit seiner groben Hand auf die Zeichnungen. »Spüren Sie die Kraft, die in Tabithas Arbeit steckt? Das kommt von ihrer Reinheit. Ihre Linienführung ist unglaublich sauber.«
    Er berührte die Zeichnung eines kleinen Mädchens, die mit den Händen voller Schokoriegel achtlos vor ein heranrauschendes Auto lief. Ihr glitzerndes Prinzessinnenkostüm konnte sie auch nicht retten. Die letzte Zeichnung zeigte sie mit zerrissenem Kostüm zusammengesunken in der Hölle, Flammen züngelten um ihren Leib.
    Sauber? Die Zeichnungen waren grausig, die Parallelen zu dem Kürbislasterunfall geschmacklos. Und Wyomings Begeisterung für den Tod und die Abgründe in diesen Zeichnungen hatte irgendwo schon etwas … Pornografisches.
    Wyoming musterte mich. »Sie wirken irgendwie geschockt. Sie sieht geschockt aus, Tabitha.«
    Sie strahlte ihn dankbar an, und er legte einen Arm um sie.
    »Volltreffer! Du hast die Sache umgedreht und das Ganze dem Teufel wieder in den Rachen gerammt, kleine Lady.«
    Jetzt lief sie rot an und biss sich auf die Lippen. Offensichtlich waren diese Zeichnungen die Reaktion der Standhaften auf die Vorfälle vor ihrer Kirche.
    »Sie behaupten also, der Teufel hat Sie in dieser Nacht mit Kürbissen angegriffen?«
    »Heiden glauben, dass die Kürbislaternen die Ruhestätten der verdammten Seelen sind«, antwortete er. »Das können wir ihnen keinesfalls durchgehen lassen.«
    »Mein Gott, was machen Sie dann erst, wenn Sie einen Kürbiskuchen sehen? Treiben Sie einen Holzpflock hindurch?«
    »Halloween ist wie eine Tür für das Böse, ein Durchbruch, durch den der Satan unsere Welt attackieren kann.«
    Tabitha fügte hinzu: »Es verleiht ihm Zugriff auf die Seelen der Kinder. Wir versuchen das zu verhindern.«
    »Wie – ihr wollt das an Kinder verteilen?« Ich zeigte auf den Comicstrip. »Glaubst du etwa, das lässt euch wie besorgte Eltern erscheinen?«
    Wyoming hob eine Braue. »Sie sind sicher aufgebracht, weil Luke so lange auf Tabitha verzichten musste. Aber das hat jetzt ein Ende.«
    Genau wie meine Geduld. Ich sagte: »Würden Sie uns bitte entschuldigen, ich muss allein mit Tabitha sprechen.«
    Anscheinend sagte man Pastor Pete nicht ins Gesicht, dass er den Raum verlassen sollte. Er legte die Stirn in Falten und schaute Tabitha an, als legte er meine Aufmüpfigkeit ihr zur Last. Ihre blassen Wangen röteten sich.
    Er nickte Richtung Küche. »Sei so gut und mach uns ein paar Schnittchen. Braves Mädchen.«
    Sie verschwand in Richtung Küche.
    Im Garten wurde die Musik lauter. Ich warf einen Blick durch die Schiebetür und erkannte, dass die Majoretten draußen probten. Shiloh brüllte ihnen die Kommandos zu. Sie trug eine große rosa Schleife im Haar und eine Trillerpfeife um den Hals.
    Wyoming trat auf mich zu. »Ich weiß, dass Sie nicht das Geringste davon glauben, was ich Ihnen erzähle, aber tun Sie mir einen Gefallen. Halten Sie sich mit Ihren witzigen Bemerkungen wenigstens so lange zurück, dass ich Ihnen eine Frage stellen kann.« Ein unterdrücktes Feuer ging von seinen Worten aus. »Haben Sie sich jemals dem Bösen gestellt? Ich meine, haben Sie jemals wirklich persönlich den Angriff des Bösen verspürt?«
    Ich wich zurück.
    »Ah, Sie wissen, wovon ich rede, das kann ich Ihnen ansehen. Jemand hat Sie körperlich verletzt, darauf könnte ich wetten.«
    Er nickte, weil er merkte, dass er richtig geraten hatte. Das beunruhigte und ärgerte

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