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Gottesdienst

Titel: Gottesdienst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Gardiner
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steckten meine beiden Arme in Handschellen, und er schob mich vor sich her zum Streifenwagen.
    Ich stand unter Schock. »Bin ich verhaftet?«
    »Steigen Sie in den Wagen.«
    Er drückte meinen Kopf nach unten, drückte mich auf den Rücksitz seines Wagens und warf die Tür zu. Dann ging er zurück zum Explorer, öffnete die Beifahrertür und begann mit Luke zu sprechen. Nach einer Minute kehrte er zurück. Der ganze Wagen wackelte, als er sich auf den Fahrersitz fallen ließ.
    »Was ist denn passiert?«, fragte ich. »Warum nehmen Sie mich fest?«
    Er griff zum Funkmikro und rief die Zentrale. »Ich habe Luke Delaney bei mir. Soll ich das Kind zur Wache in China Lake bringen?«
    Die Antwort kam verrauscht. »Negativ. Polizei aus China Lake kommt mit Mrs. Delaney zu Ihrem Einsatzort. Geschätzte Ankunftszeit in zwanzig Minuten.«
    Um Himmels willen. Ich beugte mich vor zu dem Gitter, das uns trennte. »Hören Sie mir zu. Lukes Mutter hat nicht das Sorgerecht für ihn. Ich wiederhole: Sie hat es nicht.«
    Er begann auf sein Klemmbrett zu schreiben. »Der Junge hat mir erzählt, dass er seine Mutter seit Januar nicht mehr gesehen hat. Er sagt, sein Vater hat ihn bei Ihnen vorbeigebracht und dort zurückgelassen.«
    Seine Worte waren wie ein Schlag ins Gesicht. Der Vorwurf war klar: Er dachte, Brian hätte Luke entführt und bei mir versteckt. Luke hatte ihm durchaus die Wahrheit erzählt, aber die unschuldige Wortwahl des Sechsjährigen hatte den Beamten davon überzeugt, dass er ein entführtes Kind vor sich hatte.
    »Nein, seine Mutter lügt. Sie darf Luke nicht bekommen.«
    Er stieg aus dem Wagen. »Dieses Mal werden Sie ihr nicht entwischen.«
    »Ich habe die Sorgerechtspapiere bei mir. Die Unterlagen sind in meinem Auto. Der grüne Rucksack auf dem Rücksitz.« Er musterte mich skeptisch. »Sie stecken in einem Briefumschlag. Sehen Sie nach.«
    Er schaute mich an, dann den Explorer und dann Luke.
    »Bitte!«, flehte ich.
    Schließlich trat er an den Explorer, öffnete die Tür und griff nach dem Rucksack. Ja. Mein Herz hämmerte. Er setzte den Rucksack auf der Motorhaube des Streifenwagens ab und öffnete den Reißverschluss. Ja.
    Er zog Lukes »Dispension« heraus.
    Ich fühlte förmlich, wie ich erbleichte. Er stülpte den Rucksack um und schüttete den Inhalt aus: meine Kamera, Lippenstift, Kaugummis. Kein Briefumschlag. Er warf mir einen Blick zu. Hab ich’s doch gleich gewusst. Und in dem Moment fiel mir mit Entsetzen wieder ein, wie Luke beim Auto gestanden und in der Reisetasche herumgekramt hatte. Als ich nicht hinsah, hatte er offenbar den Umschlag aus dem Rucksack geholt, um Platz für seine Erfindung zu schaffen.
    »Luke hat sie irgendwo hingetan«, schrie ich. »Fragen Sie ihn, er wird wissen, wo die Unterlagen sind.«
    »Sparen Sie sich das.«
    Ich schloss die Augen. Dann rief ich. »Luke!« Der Deputy verzog das Gesicht. »Luke, die Sorgerechtspapiere! Hol die Papiere und zeig sie dem Polizisten!«
    »Hey!« Der Mann zeigte auf mich. »Machen Sie den Mund zu, sonst kommt ein Knebel rein.«
    Ich brüllte, bettelte, er solle den Wagen durchsuchen, ihn meinetwegen auseinandernehmen. Doch er ignorierte mich. Und Luke rührte keinen Finger, selbst als der Beamte sich neben ihn kniete, um sich mit ihm zu unterhalten. Ich legte mich flach auf die Sitzbank, schob meine Hände unter meinem Hintern durch nach vorne und riss am Türöffner. Abgeschlossen.
    Zwanzig Minuten hatte die Zentrale gesagt. Jetzt waren es bereits weniger.
    Ich zog und zerrte an meiner Jacke, bis ich mein Handy aus der Tasche fischen konnte. Ich musste Brian anrufen. Brian würde kommen. Ich starrte das Telefon an. Ich wusste seine Nummer nicht. Verdammt! Ich rief bei der Auskunft an und verlor dabei noch mehr Zeit. Ich hielt mich außer Sichtweite flach auf dem Rücksitz. Die Auskunft teilte mir die Nummer seines Stützpunkts mit. Wieder eine Minute verloren. Dann zwei. Schließlich wurde ich zum Flughafen durchgestellt. Ich sagte ihnen, sie müssten Brian sofort auftreiben, es sei ein Notfall. Findet ihn!
    Im Telefon blieb es still. Über mir hörte ich ein Donnergrollen am blauen Himmel. Ich blickte aus dem Fenster und sah ein paar Jets, F/A-18er, die ihre Schleifen zogen. Wenn Brian dabei war, war ich erledigt.
    Dann drang seine Stimme an mein Ohr. »Evan, was ist los?«
    »Tabitha versucht Luke an sich zu reißen. Komm mit den Sorgerechtspapieren zum Highway 14.« Er hatte maximal noch fünfzehn Minuten Zeit. Ich rechnete: Der

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