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Gottesdienst

Titel: Gottesdienst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Gardiner
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davon, dass es nach China Lake ging. Er war aufgedreht wie eine Biene im Honigtopf und fegte kreuz und quer durch das gesamte Haus. Ich musste ihn aus dem Badezimmer verscheuchen, wo sich Jesse rasierte, und vom Auto wegholen, wo er seine »Dispension« in einer Reisetasche zu verstauen versuchte. Aber ich wollte mich nicht beschweren, seine Freude steckte uns alle an.
    Als Jesse hereintrat, sprang Luke vom Frühstückstisch auf. »Wusstest du, dass ich zu Daddy fahre? Das ist so eine tolle Überraschung.«
    »Du hast ganz schön Glück, Junge«, sagte Jesse. »Dein Vater wird mächtig froh sein, dich zu sehen.«
    »Kommst du mich dann mal besuchen? Wenn es Treppen in meinem Haus gibt, sag ich Dir vorher Bescheid, damit du deine Krücken mitbringen kannst.«
    »Das hast du dir gut ausgedacht.«
    »Und du kannst mir das Delfin-Schwimmen beibringen.«
    »Auf jeden Fall.«
    Jesse hob seine Hand, und sie klatschten sich ab, bevor er Luke an sich zog. »Ich werd dich vermissen, aber dir wird’s gut gehen«, sagte er. »Dir wird’s richtig gut gehen.«
    China Lake liegt zweihundert Meilen entfernt von Santa Barbara in einer ganz anderen Welt, einem Wüstental an den östlichen Ausläufern der Sierra Nevada. Luke und ich machten uns um kurz nach neun auf den Weg. Gegen halb zwölf überquerten wir eine Bergkette und sahen das gelbbraune Wüstengebiet vor uns liegen. Kurz darauf passierten wir den Luftwafenstützpunkt von Edwards, wo einst Chuck Yeager die Schallgrenze durchbrochen hatte und das Space Shuttle zum ersten Mal gelandet war. Langsam begann ich mich zu entspannen.
    Eine Stunde später hielten wir zum Tanken und einem kleinen Snack in Mojave, einem Ort, der, soweit ich das erkennen konnte, aus wenig mehr als einem Güterbahnhof und einer Landebahn voll mit eingemotteten Flugzeugen bestand. Luke war eingeschlafen, wachte aber auf, als ich den Motor abstellte. Er blinzelte verwirrt. »Sind wir jetzt da?«
    Mit müden Augen blieb er im Wagen sitzen, sein verschwitztes Haar klebte ihm am Kopf. Als ich den Explorer betankte, bog ein schwarzer Jeep mit voll aufgedrehter Anlage in die Tankstelle ein. Zwei Männer in meinem Alter sprangen heraus. Ich kannte diese Sorte Mann – militärisch kurzes Haar, Polohemd über Bermudashorts, und ein lässig stolzierender Gang voller Selbstvertrauen. Während ich mit Armen voller Limo und Zimtbonbons im Minimarkt stand und aufs Bezahlen wartete, stellte sich einer der beiden mit einem Sixpack hinter mich in die Schlange.
    Als ich zur Kasse trat, meinte er mit einem Blick auf meine Bonbons: »Scharfe Dinger«.
    Sollte ich das Spiel mitspielen oder nicht? Ich öffnete mein Portemonnaie, während der Kassierer den Betrag eintippte. »Die sind gut für lange Strecken. Scharfes Zeug hält dich wach.«
    »Jetzt erzählen Sie mir bloß nicht, dass eine Frau wie Sie Bonbons braucht, um eine Explosion der Gefühle zu erleben.«
    Ich musterte ihn von oben bis unten. Er hatte ein energisches Kinn und darüber ein leichtes Grinsen, seine Augen versteckte er hinter einer Oakley-Sonnenbrille. »Hi, ich bin Garrett«, stellte er sich vor. Ganz offensichtlich war er sehr von sich überzeugt.
    »Explosion?«, fragte ich. »Die korrekte Metapher wäre Feuerwerk der Gefühle, aber ich glaube von euch Jetpiloten kann man kaum was anderes erwarten als schwere Geschütze.«
    Er grinste. »Dafür sind wir zur Stelle, wenn es heiß hergeht.«
    Der nächste Spruch würde sicher was mit einem Abschuss zu tun haben, deshalb griff ich mir meine Einkäufe und bewegte mich zur Tür.
    »Ein Volltreffer, und Sie werden auf Knien -«
    »Vergiss es, Flieger. Das wird nichts.« Ich zwängte mich durch die Tür. Er folgte mir.
    Sein Freund säuberte gerade die Windschutzscheibe des Jeeps. Ein Wagen der California Highway Patrol parkte hinter meinem Explorer, der Beamte schritt soeben auf den Minimarkt zu und zählte Kleingeld für einen Kaffee. Ich musste nicht lange auf die nächste Zweideutigkeit warten.
    »Schade, dass Sie nicht ausprobieren wollen, wie viel Spaß es mit Luftunterstützung macht.«
    »Oh, Sie bieten mir Ihren Geleitschutz an?«
    »Aber einhundert Prozent.«
    »Ein Offizier und Gentleman«, sagte ich. »Vielleicht habe ich Sie ja falsch eingeschätzt. Vielleicht seid ihr ja gar keine Kämpfer, sondern bloß Frachtflieger.«
    Er griff sich mit der Hand an die Brust, wie um auf sein gebrochenes Herz anzuspielen. Ich stieg ins Auto. »Behalten Sie Ihre Hand am Knüppel, Junge. Da haben Sie mehr

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