Gottesfluch: Thriller (German Edition)
späteren Bauwerken verschwunden, und ein großer Teil davon liegt sogar unter dem Erdboden. Auf der Spitze des Tempelbergs befindet sich ein weiteres Plateau. Dieser Abschnitt schließt auch das Fundament der ursprünglichen Bebauung selbst ein. Der Felsendom, das ist dieses spektakuläre Bauwerk mit der goldenen Kuppel, ist die heiligste moslemische Stätte in Jerusalem, und sie ist genau auf diesem Plateau errichtet.
Der Felsen – der Grundstein – bildet das Kernstück des Gebäudes, denn von hier aus soll Mohammed nach dem Glauben der Moslems seine berühmte ›Nachtreise‹ in den Himmel, zu der ›entferntesten Moschee‹, unternommen haben. Unter dem Grundstein befindet sich eine kleine Höhle, bekannt als der ›Brunnen der Seelen‹, in dem sich nach islamischem Glauben die Geister der Toten versammeln, um von Gott gerichtet zu werden, wenn die Welt endet.«
»Alles klar«, meinte Bronson. »Bis jetzt kann ich dir folgen.«
»Gut.« Angela grinste, und Bronson musste sich zusammenreißen, um sich nicht vorzubeugen und sie einfach zu küssen.
»Das alles liegt auf dem oberen Plateau, aber das untere Plateau bedeckt den größten Teil des Tempelbergs. An einem Ende liegt die Al-Aqsa-Moschee, das ist das Gebäude mit der grauen Kuppel. An der östlichen und nördlichen Seite befinden sich Gärten und an der Spitze der nördlichen Seite eine islamische Schule. Auf dem Plateau gibt es eine Quelle, die al-Kas, die ihr Wasser ursprünglich von den Salomonischen Becken in Bethlehem bezog, ebenfalls durch ein Aquädukt. Heute ist sie an die Jerusalemer Wasserversorgung angeschlossen.«
Angela deutete im Plan auf eine Stelle am Rand des Tempelbergs.
»Es befinden sich etliche Tore in den Mauern, von denen das bekannteste vermutlich das Goldene Tor ist. Der Tradition zufolge ist dies das Tor, das der jüdische Messias benutzen wird, wenn er endlich in Jerusalem einzieht. Allerdings sollte er nicht vergessen, Hammer und Meißel mitzunehmen, weil dieser Eingang zurzeit zugemauert ist. Genau genommen sind alle Tore versiegelt. Dann gibt es noch die beiden Huldah-Tore, bekannt als Tripel- und Doppel-Tor, weil eines drei Bögen hat und das andere zwei. Sie bildeten den ursprünglichen Ein- und Ausgang zum Tempelberg, und zwar vom ältesten Teil von Jerusalem aus, dem Ophel. Weiter gibt es noch das Barclay-Tor und das Warren-Tor. Letzteres wurde nach Charles Warren benannt, den ich bereits ein paar Mal erwähnt habe. Allerdings solltest du eigentlich ohnehin wissen, wer das war.«
»Ich? Warum?«
»Hast du jemals von Jack the Ripper gehört?«
»Ach, der Charles Warren? Der Kommissar von Scotland Yard? Was zum Teufel hat der in Jerusalem gemacht?«
Angela lächelte erneut. »Bevor er mit seiner Jagd auf den berüchtigtsten Massenmörder in der englischen Geschichte scheiterte, war er Offizier, genauer, Leutnant bei den Royal Engineers. Im Jahr 1867 übertrug man ihm die Leitung einer Expedition zur Erforschung des Tempelbergs, einem Unternehmen, das von der Palestine Exploration Fund finanziert wurde. Diese Expedition fand etliche Tunnel, die unter Jerusalem und dem Tempelberg hindurchführten, darunter einige, die unmittelbar unter dem alten Hauptquartier der Tempelritter verliefen. Andere Tunnel endeten in verschiedenen Zisternen und sind vermutlich ursprünglich Aquädukte gewesen.
Ebenso wie diese Tunnel erforschte er auch verschiedene blockierte Tore. Hinter dem Goldenen Tor, dem Warren-Tor und dem Barclay-Tor lagen Durchgänge und Treppen, die ursprünglich alle zur Oberfläche des Tempelbergs führten, und hinter den Huldah-Toren befanden sich Tunnel, die eine Weile unterhalb des Berges verliefen, bevor sie zur Oberfläche nördlich der Al-Aqsa-Moschee hinaufführten.
Das Interessante ist, dass ein Stück neben dem Durchgang des Tripel-Tores eine große Gewölbekammer liegt, die man gewöhnlich als König Salomons Stallungen bezeichnet, obwohl es keinerlei Verbindung zu Salomon gibt. Diese Kammer wurde von König Herodes erbaut, als er seine umfassenden Arbeiten am Tempel ausführen ließ, und es gibt Beweise, dass dieser Bereich tatsächlich als Stall benutzt wurde, vermutlich von den Kreuzfahrern. Warren fand heraus, dass eine Funktion dieses Abschnittes darin bestand, die Ecke des Tempelbergs selbst zu stützen.
Er entdeckte ebenfalls, dass es zahlreiche Tunnel gab, die unter dem Tripel-Tor hindurchführten und auch unter der untersten Ebene des Tempelbergs. Sie gingen in verschiedene Richtungen
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