Gottesfluch: Thriller (German Edition)
ab, aber er hatte keine Ahnung, welche Funktion oder welchen Zweck sie erfüllten. Und natürlich hat man seit Warrens Untersuchungen im neunzehnten Jahrhundert niemandem mehr Zutritt zum Berg gewährt, um diese Gänge weiter zu erforschen.«
»Und wir kommen also weder in die Tore noch in die Tunnel?«
»Nein«, bestätigte Angela. »Im Jahre 1910 hat ein Engländer namens Montague Parker die moslemischen Wachen auf dem Tempelberg bestochen und nachts in der Nähe von Warrens Schacht angefangen zu buddeln. Als er entdeckt wurde, gab es ein Riesengeschrei, fast einen richtigen Aufstand, und er konnte von Glück sagen, dass er mit dem Leben davonkam. Es war eine ziemlich komplizierte Geschichte, in der auch ein finnischer Mystiker eine Rolle spielte. Der hatte behauptet, dass er codierte Hinweise gefunden hätte, und zwar in der hebräischen Bibel, genauer gesagt im Buch Hesekiel, die auf das Versteck der Bundeslade hindeuteten. Hier«, fuhr sie fort, »ich zeige es dir im Internet.«
Sie gab einige Begriffe in eine Suchmaschine ein, wählte einen der Treffer aus und klickte auf den Link. Die Seite wurde aufgerufen, und sie scrollte ein Stück herunter.
»Das ist Montague Parker.« Sie deutete auf die Fotografie eines Mannes, dessen Gesichtszüge nicht gut zu erkennen waren. Er trug offenbar die Mütze eines Marineoffiziers und stand auf der Terrasse eines Hotels, dessen Name hinter ihm zum Teil zu lesen war.
Angela streckte die Finger nach dem Touchpad aus, um weiterzuscrollen, aber Bronson hielt sie mit einer Handbewegung auf. »Hast du das schon gelesen?«, fragte er und deutete auf den Text unter dem Foto.
»Nein«, gab Angela zu und sah genauer hin. Nach ein paar Minuten lehnte sie sich zurück. »So ein Mist! Wenn ich diese Website doch gesehen hätte, bevor wir zur Gihon-Quelle gefahren sind! Ich wusste nicht, dass sie das gemacht haben.«
Der Text erläuterte ausführlich, wie Montague Parkers Expedition fast drei Jahre lang im Hiskija-Tunnel gegraben und ihn erweitert hatte auf der verzweifelten Suche nach der Bundeslade.
»Das ist wirklich zu blöd«, meinte Angela und verzog entnervt das Gesicht. »Ich hätte besser recherchieren sollen. Unser Trip war nicht nur pure Zeitverschwendung, sondern wir wären fast auch noch dabei getötet worden.«
»Was ist mit den anderen Zisternen?«, erkundigte sich Bronson, der taktvoll das Thema wechselte.
»Oh, ja. Richtig, sie unterscheiden sich im Stil und in der Bauweise, wahrscheinlich weil sie von verschiedenen Gruppen von Menschen im Lauf der Jahrhunderte gebaut wurden. Einige sind einfach nur Kammern, die man aus dem Fels geschlagen hat, während andere sorgfältiger und raffinierter konstruiert wurden. Zwei von ihnen, sie heißen Zisterne eins und fünf, könnten wegen ihrer Lage auf dem Tempelberg möglicherweise auch eine Art religiöse Funktion gehabt haben, die mit dem Altar des Zweiten Tempels zusammenhängt. In Zisterne fünf gibt es außerdem einen Durchgang, der jedoch durch einen Erdrutsch blockiert ist. Also könnte es noch eine weitere Kammer oder Kammern hinter denen geben, die bis jetzt gefunden worden sind.«
»Wie groß sind diese Zisternen? Enthalten sie nur ein paar Liter Wasser, oder sind sie wirklich groß?«
»Einige von ihnen sind riesig. Zisterne acht zum Beispiel fasst mehr als eine Million Liter, und Nummer elf kann sogar fast fünf Millionen Liter Wasser stauen. Die meisten anderen sind kleiner, aber sie alle waren als richtige Zisternen angelegt, mit entsprechend hohem Fassungsvermögen. Vergiss nicht, in der Antike waren Wasservorräte überlebenswichtig, und diese Zisternen waren so angelegt, dass sie jeden Tropfen Regenwasser aufnehmen konnten, der vom Himmel fiel.«
»Aber nach dem, was du gesagt hast, kann man sie nicht genau datieren. Also haben wir keine Ahnung, welche von ihnen bereits existierte, als die Sicarii nach einem Versteck für ihre Relikte suchten, richtig?«
»Genau.«
»Bitte lass mich noch einmal einen Blick auf die Übersetzung werfen, die wir gemacht haben«, bat Bronson.
Angela öffnete ihre Handtasche und zog ein halbes Dutzend gefaltete Zettel heraus. Bronson blätterte sie rasch durch.
»Das habe ich mir gedacht«, erklärte er. »Im Text steht eindeutig ›die Zisterne‹, dann kommen zwei Wörter, die wir nicht entschlüsseln konnten, dann kommt ›Ort von‹, dann wieder eine Leerstelle und dann ›Jüngster Tag‹. Unsere Interpretation war ›die Zisterne am Ort des Jüngsten Tages‹.
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