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Gottesgericht

Gottesgericht

Titel: Gottesgericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
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Nichten war.
    »Mein Name ist Jane Wade. Ich suche eigentlich nach Liam. Meines Wissens wohnt er dort, oder?«
    »Einen Moment, bitte«, sagte die junge Frau, dann hielt sie den Hörer zur Seite und trällerte: »Onkel Li-am …«
    Eine Stimme, die aus einem anderen Raum zu kommen schien, war zu vernehmen, und die Frau legte das Telefon irgendwo ab. Nach einer scheinbaren Ewigkeit hob es Lavelle wieder auf. »Hallo?«, sagte er zögernd.
    »Hallo, Liam. Hier ist Jane Wade.«
    »Jane – du!« Es klang, als hätte er nicht erwartet, von ihr zu hören.
    »Ja, ich habe beschlossen anzuklingeln, für den Fall, dass du nur zu einem Kurzbesuch da bist.«
    »Äh, nein … Ich werde eine Weile hier sein.« Seine Stimme hatte den Schwung und die Begeisterung verloren.
    »Du schreibst, du würdest mich gern treffen. Wann hattest du denn im Sinn?« Mit der freien Hand klickte sie im Computer ihren Kalender an.
    »Jederzeit. Ich habe keine Verpflichtungen. Wie sieht es bei dir aus?«
    »Diese Woche ist ziemlich viel los, arbeitsmäßig. Vor allem am Donnerstag. Aber vielleicht könnten wir uns vorher zum Lunch treffen?«
    »Morgen?«
    »Ähm … okay. Ich arbeite jetzt auf der Nordseite der Liffey – nicht weit vom Financial Services Center –, also braucht keiner von uns den Fluss zu überqueren. Hier in der Gegend gibt es eine Reihe netter Plätzchen für ein Lunch …«
    »Äh … würde es dir etwas ausmachen hierherzukommen? Zum Pub, meine ich?«
    »Nach Portmarnock?« Jane stöhnte innerlich. Das würde sie zur Mittagszeit mindestens eine halbe Stunde kosten. Und Pub-Essen war nicht gerade das, was sie sich vorgestellt hatte.
    »Keine Angst – der Silver Dolphin wird inzwischen sehr gerühmt für sein Essen, sagen Paul und Mary.« Lavelle hatte ihre Gedanken gelesen und hörte sich langsam wieder an wie der Alte.
    »Also gut, dann treffen wir uns dort. Ich komme um halb eins von hier weg, also sagen wir … gegen eins?«
    Nachdem sie sich den Weg von Lavelle hatte beschreiben lassen – das Pub befand sich nicht in dem am Meer gelegenen Dorf Portmarnock selbst, sondern weiter nördlich –, fragte ihn Jane, ob das am Telefon seine Nichte gewesen war.
    »Ja, das war Cliona. Zehn Jahre alt, als ich auf die Philippinen gegangen bin, und stell dir vor, nächsten Monat feiert sie ihren einundzwanzigsten Geburtstag. Tempus fugit , was?«
    »Du hast ja nicht lange gebraucht, um in Latein zu verfallen«, zog sie ihn auf.
    »In Asien hatte ich nicht viel Verwendung dafür. Also mach dich auf einiges gefasst.«
    »Seit deiner Abreise hat sich viel verändert, wie du sicherlich weißt. Vor allem, was deine Kirche angeht. Missbrauchsskandale und all das.«
    »Schrecklich. Und wirklich schlimm für die Anständigen.«
    »Schreckt auch potenziellen Nachwuchs ab, soviel ich höre.«
    »Ja. Hätte nie gedacht, dass ich den Tag erlebe, da in Irland die Priester knapp werden.«
    »Haben sie dich also zurückgeholt, um eine Lücke in ihren Reihen zu füllen?«
    »Eine Lücke füllen? So redet man nicht mit einem Bischof.«
    »Bischof? Du? Wirklich?«
    »Da müsste schon ein Wunder geschehen«, sagte er trocken.
    »Himmel, jetzt bin ich dir für einen Moment auf den Leim gegangen.«
    »Freut mich, dass ich eine so erfahrene Journalistin drangekriegt habe. Vielleicht lasse ich verbreiten, dass man mich für ein Bischofsamt in Betracht zieht. Wenn ich darüber nachdenke – warum zieht man mich eigentlich nicht in Betracht? Jetzt bin richtig sauer. Bis morgen dann.«
    Jane legte das Telefon beiseite und stellte fest, dass sie lächelte. Lavelles Humor war immer noch intakt. Und er hatte ihn benutzt, um ihre Frage zu umgehen, was er zu Hause machte.

11
    Orhun seufzte, als er das Kommuniqué las. Die Regierung in Ankara ging mit der Situation um, als seien die Terroristen tatsächlich religiöse Extremisten, die echte Forderungen stellten. Aber er blieb skeptisch. Um sich für eine Weile abzulenken, griff er nach seinem Handy, lehnte sich im Sessel zurück und legte die Füße auf den Schreibtisch. Nachdem er am Abend zuvor auf eine endlose Reihe von Journalistenanfragen nur mit »Kein Kommentar« geantwortet hatte, war er zu müde gewesen, um sich anzusehen, was ihm Maguire geschickt hatte.
    Er hatte eine Sicherheitsüberprüfung von Jane Wade kurz nach ihrem gemeinsamen Abendessen genehmigt. Es war kein Rendezvous gewesen, sondern eine Gelegenheit, außerhalb der Geschäftszeiten zu besprechen, wie sie in ihrer Sendung über den türkischen

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