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Gottesopfer (epub)

Titel: Gottesopfer (epub) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Pleva
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würde.«
    Sam sah die Schwester skeptisch an und fragte: »Und erinnern Sie sich noch an seinen Nachnamen?«
    Â»Nein, tut mir leid, und ich sagte ja bereits, dass ich keine Papiere über ihn gefunden habe. Aber warten Sie …«
    Sie stand auf und ging zu einem Bücherregal hinter ihr. Sie fuhr mit der Hand über die vielen Buchrücken, hielt bei einem inne und legte den Kopf schief. Dann zog sie ein dickes ledergebundenes Buch, offenbar ein Fotoalbum, heraus und setzte sich damit wieder hinter den Schreibtisch. Sie blätterte darin und sagte dann: »Ach, hier haben wir es. Man kann kaum etwas erkennen. Es wurde, kurz nachdem er hierhergebracht worden war, aufgenommen.« Sie drehte das Album zu Sam.
    Er hielt den Atem an. Auf dem Foto waren ungefähr fünfzehn Nonnen abgebildet. Sie standen in zwei Reihen vor dem Kloster. Am Rand war ein kleiner Junge zu sehen. Er war nur zur Hälfte abgebildet und war wohl nur versehentlich mit auf das Foto gekommen. Sam beugte sich tiefer über das Bild. Der Junge war vielleicht acht oder neun Jahre, hatte dunkle Haare und trug einen einfachen Wollpullover sowie eine lange Hose.
    Â»Das hilft Ihnen wohl nicht viel. Man kann ihn kaum erkennen.Das Einzige, woran ich mich erinnern kann, sind seine Augen. Sie sahen merkwürdig aus. Ich glaube, sie waren verschieden.«
    Â»Was meinen Sie damit?«
    Â»Sie hatten unterschiedliche Farben. Ja, jetzt sehe ich es richtig vor mir: Ein Auge war blau, das andere grün.«
    Â»Das ist tatsächlich selten. Schwester, wissen Sie noch, wie Schwester Augustina mit weltlichem Namen hieß? Denn ich gehe mal davon aus, dass Augustina ihr Ordensname war.«
    Die Nonne schenkte Sam ein kleines Lächeln. »Ich kannte Schwester Augustina nur unter diesem Namen. Aber im Keller werden die Akten über die verstorbenen Nonnen aufbewahrt. Ich werde sie für Sie heraussuchen.«
    Â»Das wäre sehr hilfreich. Danke.«
    Sam sah wieder auf das Bild. »Kann ich das Foto mitnehmen? Ich schicke es Ihnen zurück, wenn wir eine Kopie davon gemacht haben, Schwester.«
    Â»Ja, kein Problem.«
    Sam trennte das Bild vorsichtig aus dem Album und steckte es ein. Dann fiel ihm noch etwas ein: »Sie sagten vorhin, dass Schwester Augustina hoffte, durch die Taufe den Teufel von ihm fernzuhalten. Was meinten Sie damit?«
    Schwester Maria zögerte, als ringe sie mit sich, noch ein Geheimnis dieses Klosters preiszugeben.
    Â»Sie hat sich immer bekreuzigt, wenn sie ihn gesehen hat. Vor allem, als er älter wurde. Eines Nachts habe ich gehört, wie sie in ihrem Zimmer gebetet hat, dass der Teufel ihn verschont. Sie war fest davon überzeugt, dass der Junge eine schwere Bürde mit sich trug und dass er eine schwarze Seele hatte.«
    Sie zuckte mit den Schultern, als wolle sie sagen, dass sie das selbst nicht ganz verstanden hatte. Dann sagte sie: »Aber das sind alles alte Geschichten! Warum sind Sie so an Pater Paul, dem Jungen und Schwester Augustina interessiert?«
    Â»Wir suchen einen Mörder, jemanden, der mit den Foltermethoden der Inquisition Frauen auf brutalste Weise umbringt.«

    Sam hatte damit gerechnet, dass sie erschreckt zusammenfahren oder entsetzt ein Kreuz schlagen würde, aber nicht mit dem, was er jetzt zu hören bekam.
    Â»Was heißt schon auf brutalste Weise? Seien Sie doch ehrlich: Was ist denn heute noch brutal? Die Medien, das Fernsehen und diese Videospiele, da sehen die Menschen doch nur Horror und Angst. Die Gewalt umgibt uns zu jeder Stunde, sodass es schon keinen mehr schockiert, wenn Kinder andere Kinder oder ihre Eltern töten, wenn Eltern ihre Kinder töten. Fast täglich hört man doch von Babys, die in der Tiefkühltruhe oder im Müll landen, weggeworfen wie Dreck. Und fast täglich sieht man erschossene Menschen oder von einer Bombe zerrissene Kinder im Fernsehen. Es berührt die Menschen nicht einmal mehr, weil täglich die Grenzen des Erträglichen überschritten werden. Ich sage Ihnen etwas: Die Gesellschaft hat keinen Respekt vor dem Leben. Die Menschheit ist auf der niedrigsten Stufe angekommen, sie ist verroht, sie hat den Glauben verloren. Ihr Mörder ist nur ein weiteres Produkt dieser gottlosen Zeit.«
    Â»Sollte dieses Produkt, wie Sie es nennen, in Ihrem Kloster groß geworden sein, wäre das allerdings sehr bedenklich. Ein Haus Gottes, dem der Teufel entsprungen ist.«
    Doch Schwester Maria

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