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Gottesopfer (epub)

Titel: Gottesopfer (epub) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Pleva
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an.
    Â»Tut mir leid, wenn ich Sie erschreckt habe. Das lag nicht in meiner Absicht.«
    Das hörte sich so ehrlich an, dass sie nur noch ein zickiges »Ach ja?« von sich gab.
    Der Mann betrachtete die bunten Kirchenfenster über demauferstandenen Jesus, und Lina studierte kurz sein Profil. Ein ausgesprochen schönes Profil. Eine gerade Nase, ein geschwungener Mund, eine ebenmäßige, leicht gebräunte Haut. Hatte er eine Glatze, oder warum trug er eine Mütze in der Kirche?
    Â»Sie scheinen nicht oft in die Kirche zu gehen.«
    Jetzt sah er sie wieder direkt an und zog überrascht die rechte Augenbraue hoch. »Wie kommen Sie darauf?«
    Â»Wussten Sie nicht, dass man in der Kirche keine Kopfbedeckung trägt?«
    Â»Hat der Papst doch auch auf, wenn er seine Reden schwingt.«
    Â»Sie meinen die Mitra?«
    Â»Mag sein, dass die Kochmütze so heißt.«
    Lina musste lachen. »Die Mitra wird nur von Bischöfen und Äbten getragen. Aber Normalsterbliche, die eine Kirche besuchen, nehmen ihre Kopfbedeckung ab.«
    Wortlos zog er seine Mütze vom Kopf und strich sich seine vollen schwarzen Haare nach hinten.
    Lina schmunzelte. Keine Glatze. Wieder hatte sie dieses eigenartige Gefühl im Nacken, und gleichzeitig flackerten die Kerzen leicht in einem Windzug. Sie drehte sich noch einmal um, aber hinter ihnen war niemand zu sehen.
    Â»Kennen Sie den Pfarrer dieser Kirche?«
    Lina wandte sich wieder dem Mann neben ihr zu. »Sie sind also das erste Mal hier?«
    Â»Ja, ich fand die Kirche so schön von außen, und da dachte ich, ich schau sie mir mal von innen an.«
    Â»Und was hat das mit dem Pfarrer zu tun? Wollen Sie vielleicht etwas beichten?«, fragte Lina keck.
    Der Mann grinste: »Können Sie mir vielleicht mal eine Frage beantworten, ohne eine Gegenfrage zu stellen?«
    Â»Ja, ich kenne Pater Dominik relativ gut«, sagte Lina etwas verträumt, korrigierte sich aber sofort. »Ich meine, so gut nun auch wieder nicht. Also …« Was redete sie da nur? Der Mann musste ja denken, dass sie ein Verhältnis mit dem Pfarrer hatte. Tatsächlich sah er sie mit seinen braunen Augen fragend an.

    Lina fühlte sich plötzlich unter seinem Blick aus unerfindlichen Gründen schuldig. Sie merkte, wie ihr heiß wurde, die Hitze stieg nach oben bis zu ihren Haarwurzeln und wollte von dort nicht mehr entweichen. Im Gegenteil, sie verteilte sich und breitete sich ganz langsam in ihrem Gesicht aus, bis sie puterrot war. »Also, was ich eigentlich sagen wollte, ich komme seit Jahren in diese Kirche.«
    Wieder zog er seine Augenbraue nach oben.
    Â»Ich muss jetzt nach Hause.« Lina erhob sich.
    Â»Ich heiße übrigens Sam. Sam O’Connor.« Er gab ihr seine behandschuhte Hand, und Lina nahm sie, darauf achtend, dass ihr Händedruck nicht zu lasch war.
    Â»Lina Lopez. O’Connor? Sie hören sich aber nicht wie ein Amerikaner an.«
    Â»Mein Vater ist Amerikaner, meine Mutter Deutsche.«
    Plötzlich ging die Tür hinter dem Altar auf, und diesmal erschien nicht nur ein Kopf, sondern ein junger Mann. Als er näher kam, erkannte Lina ihn als einen der Messdiener. Er hatte einen Schlüssel in der Hand und wollte offensichtlich die Kirche abschließen.
    Â»Ich denke, wir sollten gehen«, sagte Lina leise und ging zum Mittelgang.
    Sam dagegen trat auf den Mann zu. »Sagen Sie, ich würde gerne mit dem Pfarrer der Gemeinde sprechen. Ich war heute Nachmittag schon einmal hier.«
    Â»Er ist erst morgen wieder da, wenn Sie also morgen wiederkommen würden?«
    Â»Ja, das werde ich dann wohl tun müssen.«
    Lina war bereits Richtung Ausgang gegangen und bekreuzigte sich noch einmal, während Sam sich trotzig noch in der Kirche seine Mütze wieder aufsetzte.
    Lina schaute abermals in die hinteren dunklen Bankreihen, ob sie dort etwas sah, aber da war niemand. Das unangenehme Gefühl war verschwunden.
    Draußen hatte es offenbar kräftig geschneit: Ein zwanzig Zentimeterhoher weißer Teppich lag auf Straßen und Vorgärten. Sam klappte den Kragen seines schwarzen Ledermantels hoch, um sich vor dem eisigen Wind zu schützen, und Lina zog sich ihre cremefarbene Wollmütze tiefer ins Gesicht. Nur ein paar kleine, kaum noch wahrnehmbare Fußspuren, die zu einer Seitenstraße führten, und ein paar größere, deutlich sichtbare von der Kirche zur Hauptstraße störten die

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