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Gottesopfer (epub)

Titel: Gottesopfer (epub) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Pleva
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weiße Pracht. Lina und Sam folgten den Spuren zur Hauptstraße, ohne zu ahnen, in wessen Fußspuren sie da traten.
    Eine Weile gingen sie stumm nebeneinander her, bis Lina das Wort ergriff.
    Â»Sind Sie hier in die Nähe gezogen, oder warum waren Sie heute in der Kirche?«
    Â»Ich bin in die Nähe gezogen. Da haben Sie ins Schwarze getroffen.« Sam lächelte Lina an.
    Â»Dann kann man davon ausgehen, Sie öfter dort zu treffen?«
    Â»Eventuell, ja.«
    Â»Sie glauben aber nicht an Gott, oder?«
    Diese junge Frau war ziemlich aufmerksam, fand Sam. Da er sie nicht vor den Kopf stoßen wollte, verkniff er sich jeglichen bissigen Kommentar über die Kirche und antwortete mit einem schlichten »Nein«.
    Lina sah ihn mit ihren bernsteinfarbenen Augen an. Sie hatte eine negative Schwingung wahrgenommen. Dann sagte sie langsam: »Ja, es ist schon komisch, manche Leute haben Angst zu glauben. Sie fühlen sich dann nicht individuell genug.«
    Sam atmete tief durch. Er war bei Glaubensfragen oft zu emotional, hatte immer das Gefühl, sich verteidigen zu müssen. Er zählte innerlich bis drei und fragte dann lediglich: »Warum glauben Sie an Gott?«
    Lina überlegte einen Augenblick, als ihr voller Schrecken bewusst wurde, dass sie darauf keine Antwort wusste. Sie glaubte zwar an Gott, aber warum? Das hatte sie sich noch nie gefragt.

18
    Als Sam die Tür zu seinem Hotelzimmer öffnete und eintrat, stand er mit einem Fuß auf einem braunen Papierumschlag, den man ihm unter der Tür durchgeschoben hatte. Er setzte sich damit aufs Bett, riss den Umschlag auf und zog die zusammengehefteten Papiere heraus. Von einem Foto lächelte ihn eine hübsche junge Frau mit einem blonden Pagenschnitt und intensiven blauen Augen in der Farbe von Kornblumen an. Den beiliegenden Notizen entnahm er, dass Catharina Kil kurz vor ihrem Tod neunundzwanzig Jahre alt geworden war. Das nächste Foto zeigte sie mit über dem Kopf zusammengebundenen Händen. Ein Seil war über einen Balken an der Decke geworfen worden und hielt den nackten Körper in aufrechter Position auf dem Holzbock. Der kahl geschorene Kopf war nach hinten geknickt, der Mund weit geöffnet. An den Beinen hingen kleine Sandsäcke. Das Ganze sah irgendwie eigenartig aus, fand Sam. Erst als er den Autopsiebericht las, verstand er.
    Catharina Kil war verblutet. In den mittleren Teil des Holzbocks war eine messerscharfe Stahlplatte eingebaut worden, sie hatte sich in die untere Hälfte ihres Körpers bis hinauf zum Bauchnabel gebohrt. Sie ist gespalten worden wie ein Schwein, dachte Sam.
    Wenn Morde wie dieser tatsächlich zum Alltag eines Amsterdamer Polizisten gehörten, war er heilfroh, dass er in Deutschland arbeitete. Ob das wirklich ein entgleistes Sadomasospiel gewesen war, wie van Houten meinte?
    Gefunden hatte das Opfer ihr Freund, der sich seitdem in psychiatrischer Behandlung befand. Anscheinend hatte er den Täter in Catharina Kils Wohnung überrascht. Ein offenes Fenster und Spuren im Blumenbeet vor dem Haus wiesen darauf hin, dass der Mörder Hals über Kopf geflohen war. Dabei hatte er einen schwarzen Rucksack der Marke Kipling vergessen. Darin hatteman etwas Salz, Wachsreste, Kräuter und ein kleines weißes Baumwolltuch gefunden, außerdem Werkzeug, wahrscheinlich um den Bock zusammenzubauen, der aus drei Einzelteilen bestand, und eine halb volle Flasche Wasser – normales Leitungswasser, wie sich herausgestellt hatte. An der Flasche hatte man nur Speichelreste des Opfers gefunden, keine Spuren des Täters. Wegen der Salz- und Kräuterreste hatte die Polizei in Amsterdam geschlussfolgert, dass der Täter normalerweise Lebensmittel in seinem Rucksack transportiert hatte. Nur Sam wusste, dass dem nicht so war. Ganz offensichtlich war dies der vierte Fall, der dem wahnsinnigen Freak zuzuschreiben war.
    Rucksäcke von Kipling wurden weltweit vertrieben, und das No-Name-Werkzeug aus China gab es in jedem Baumarkt. Also auch hier kein Ansatzpunkt.
    Doch gab der Mord an Catharina Kil Sam ein weiteres großes Rätsel auf. Die Frau hatte auf den ersten Blick nichts mit Esoterik zu tun. Sie hatte ihr Hobby zum Beruf gemacht und große Ölbilder gemalt, die sie mit anderen Künstlern in ihrer kleinen Galerie in Amsterdam verkauft hatte. Sie entsprach überhaupt nicht dem Profil, oder hatte sie vielleicht heimlich Séancen abgehalten? Sam kam nicht

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