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Gottesopfer (epub)

Titel: Gottesopfer (epub) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Pleva
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Sekretariat und vereinbaren Sie einen Termin, weil ich …«
    Â»Ich heiße Sam O’Connor und bin von der Polizei. Ich denke, Sie sollten sich die Zeit nehmen«, sagte Sam kühl und bestimmt.
    Das Fenster wurde geschlossen, dann hörte er im Inneren des Hauses schwere Schritte. Die Tür ging auf, und vor Sam stand der Pfarrer, zumindest war er ganz in Schwarz gekleidet und trug ein Kreuz um den Hals. Ein schlanker großer, dunkelhaariger Mann, der zu Sams Überraschung auffallend gut aussah. Sam schätzte ihn auf nicht älter als fünfunddreißig.
    Â»Polizei?«, fragte der Pfarrer überrascht und blieb in der halb offenen Tür stehen.
    Â»Darf ich reinkommen, oder wollen wir eine Wanderung durch den Garten machen?«
    Der Geistliche trat zur Seite und forderte Sam mit einer Handbewegung auf, die kleine Treppe neben der Haustür nach oben zu gehen. Auf den ersten Stufen drehte sich Sam um und fragte: »Wie war noch Ihr Name?«
    Â»Pater Dominik. Ich hatte mich Ihnen aber noch gar nicht vorgestellt«, antwortete der Pfarrer und folgte Sam nach oben.
    Das Pfarrhaus war winzig klein. Im ersten Stock gab es einen etwa drei Quadratmeter großen Vorraum; dort standen ein alter Holztisch und zwei Stühle am Fenster. An einer der weißen Wände hing ein großer Jesus am Kreuz. Wieder einmal fragte sich Sam, warum die Menschen ein Kreuz anbeteten, an dem ein Toter hing.
    Â»Setzen Sie sich doch.« Der Pfarrer zeigte auf einen der Holzstühle. Sam nahm Platz und holte dann aus seiner Tasche die kleine blaue Bibel.
    Â»Gehört die Ihnen?«
    Pater Dominik nahm das Buch in die Hand und öffnete es. »Warum fragen Sie? Hier steht doch, dass die Bibel unsererGemeinde gehört. Die Bibeln werden im Pfarrhaus aufbewahrt. Wir brauchen sie für die Bibelstunde und den Firmunterricht. Danach werden sie wieder eingesammelt.«
    Â»Kontrollieren Sie, ob jeder seine Bibel abgibt?«
    Â»Wer uns bestiehlt, bestiehlt auch Gott. Es ist Gottes Haus.«
    Â»Na klar. Also kann jeder so eine Bibel mitnehmen, wenn er möchte?«
    Â»Theoretisch ja.«
    Sam hatte mit dieser Antwort gerechnet, also bohrte er weiter.
    Â»Waren Sie vor Kurzem in Salzburg? Genauer gesagt: letzten Samstag?«
    Pater Dominik sah Sam mit seinen stechend blaugrünen Augen fragend an. Er schien zu überlegen. Ein bisschen zu lange, um sich nur daran zu erinnern, ob er vor fünf Tagen einmal quer durch Deutschland gefahren war, fand Sam.
    Â»Warum fragen Sie?«
    Â»Ja oder nein?«
    Â»Ja. War ich, glaube ich zumindest … also, ich meine, was den Tag angeht, bin ich mir nicht so sicher. Da müsste ich in meinem Terminkalender nachsehen.«
    Â»Darf ich fragen, warum Sie dort waren?«
    Pater Dominik rutschte nervös auf seinem Stuhl hin und her. Er kratzte sich am Bein und faltete dann die Hände vor sich auf dem Tisch. »Ich habe dort eine Familie betreut und einen privaten Gottesdienst abgehalten.«
    Â»Eine Familie betreut? Was heißt das?« Sam hob die rechte Augenbraue und beobachtete, wie sich der Pfarrer wand wie ein Regenwurm im Schnabel eines Vogels.
    Â»Ich kenne die Familie schon lange. Sie haben eine … wie soll ich sagen? … eine kranke Tochter und baten mich, einen Gottesdienst abzuhalten.«
    Â»Gibt es denn in Salzburg keine Pfarrer?«
    Â»Das hat persönliche Gründe. Mehr möchte ich dazu nicht sagen.« Seine plötzliche Unsicherheit war verflogen, und der Pfarrer strahlte wieder Ruhe und Gelassenheit aus.

    Â»Es wird Ihnen wohl nichts ausmachen, wenn Sie mir die Telefonnummer der Familie geben, damit ich das überprüfen kann, oder? Ich möchte Ihnen außerdem etwas zeigen.«
    Sam holte die Fotos der Opfer nacheinander hervor und legte sie auf den Tisch. Er hatte nicht die Aufnahmen von ihren entstellten Leichen ausgewählt, sondern Fotos vor ihrem Tod, als sie noch in die Kamera lächeln konnten. Er beobachtete, wie die Augen des Pfarrers über die Gesichter wanderten. So entging ihm nicht, dass er leicht blinzelte, als er das Foto von Birgit Eschberger sah. Und Sam glaubte, dass er auch bei Irene Geiger einen Moment gezuckt hatte. »Und?«
    Der Pfarrer stützte sich mit den Ellbogen auf den Tisch und rieb sich das Kinn. »Ich weiß nicht, aber diese Frau …«, er zeigte auf Frau Eschberger, »… sie kommt mir bekannt vor. Woher könnte ich

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