Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Gottesopfer (epub)

Titel: Gottesopfer (epub) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Pleva
Vom Netzwerk:
schaut vom Himmel auf die Menschen. Er will sehen, wer einsichtig ist und nach seinem Willen handelt. Doch viele haben sich von ihm abgewandt.«
    Sam dachte, wie recht der Pfarrer damit hatte, und hörte dann nicht mehr zu. Er hoffte, dass der Gottesdienst bald vorbei war und er sein Verhör fortsetzen konnte. Er war zwar katholisch getauft, aber in Deutschland sofort aus der Kirche ausgetreten, nachdem er festgestellt hatte, dass das Finanzamt nach Artikel 140 des Grundgesetzes Kirchensteuer von seinem Gehalt abzog. Normalerweise konnte er kein Gesetz mit seinem Artikel wiedergeben, aber in diesem Fall hatte er sich so aufgeregt, dass sich dieser Paragraph in sein Gehirn eingebrannt hatte. In Amerika erhielten die Kirchen keine staatliche Förderung und warengrößtenteils auf Spenden angewiesen. Wer in die Kirche ging, gab einen Obolus. In Deutschland wurde man hingegen nicht einmal gefragt, ob man überhaupt den Dienst der Kirche in Anspruch nahm oder nehmen wollte; das Finanzamt zog die Steuer einfach ab.
    Sam erhob sich leise; er wollte ein bisschen frische Luft schnappen und draußen auf das Ende der Märchenstunde warten.
    Etwa eine Stunde später, nachdem Pater Dominik hinter dem letzten Kirchenbesucher, und zwar Lina, die Tür geschlossen hatte, setzte Sam sein Gespräch mit ihm in der Kirche fort.
    Â»Wo waren wir stehen geblieben?«, fragte der Pfarrer.
    Â»Ich hatte Sie gefragt, ob Ihnen das Wort ›Medium‹ etwas sagt. Die Frau hier auf dem Foto war ein Medium.« Sam hielt dem Pfarrer noch einmal das Foto von Birgit Eschberger vor die Nase.
    Â»War? Ist sie das denn nicht mehr?«, fragte Pater Dominik zögerlich.
    Â»Die Frau ist tot. Sie starb letzte Woche in Salzburg.«
    Pater Dominik sah Sam fragend an. Entweder er stellt sich total dumm, oder er hat wirklich keine Ahnung, dachte Sam.
    Â»Gott hab sie selig.« Der Pfarrer bekreuzigte sich. »Nun, um auf Ihre Frage zurückzukommen. Ein Medium kann Verbindung mit dem Jenseits aufnehmen. Meist sind es Engel, die Botschaften weitergeben, aber es können auch böse Geister sein. In der Bibel …«
    Â»Der brennende Dornbusch, der zu Moses sprach, ist sogar mir bekannt«, unterbrach ihn Sam leicht genervt.
    Pater Dominik aber sprach gelassen weiter: »Das war allerdings Gott persönlich, der in Form einer Flamme zu Moses sprach. Aber es gibt auch Zeugnisse von Engeln. Es wundert mich ehrlich gesagt, dass sich jemand wie Sie, der sich gegen den Glauben auflehnt, für Engel und Medien interessiert.«
    Obwohl Sam mit keiner Silbe erwähnt hatte, dass er nicht an Gott glaubte, hatte ihn Pater Dominik offenbar durchschaut. Eins zu null für den Pfarrer, dachte Sam und antwortete: »Eigentlichmöchte ich von Ihnen wissen, ob Sie diese Frau kennen. Oder schon mal gesehen haben?«
    Wieder besah sich der Pfarrer das Bild, und Sam hatte den Eindruck, als wolle er Zeit gewinnen.
    Â»Ich muss gestehen, dass ich kein gutes Gedächtnis für Gesichter habe, aber es kann sein, dass diese Frau bei dem privaten Gottesdienst in Salzburg dabei war. Fragen Sie doch einfach die Familie Ingelheim in Salzburg.«
    Â»Deren Nummer wollten Sie mir ja sowieso geben«, meinte Sam.
    Pater Dominik holte ein winziges, abgegriffenes Lederadressbuch aus seiner Hosentasche und blätterte darin. »Hm, sie ist nicht hier drin. Warum rufen Sie mich nicht morgen früh an, dann gebe ich Ihnen die Nummer? Ich denke, im Sekretariat wird sie irgendwo sein.«
    Natürlich, dachte Sam, immer schön auf Zeit spielen.
    Â»Die Frauen auf den anderen Fotos haben Sie nie gesehen?«, fragte er und suchte die Aufnahmen von den anderen drei Mordopfern aus der Tasche.
    Â»Wie ich bereits sagte, mein Personengedächtnis ist nicht sehr gut.«
    Sam nickte übertrieben verständnisvoll und machte damit deutlich, dass er dem Pfarrer kein Wort glaubte. Dann ging er langsam Richtung Ausgang, blieb im Mittelgang aber so plötzlich stehen, dass Pater Dominik, der ihm gefolgt war, beinahe in ihn hineingelaufen wäre. Als Sam sich umdrehte, stand der Pfarrer so dicht hinter ihm, dass er dessen Nasenhaare einzeln hätte zählen können.
    Â»Sie hören wieder von mir.«
    Als Sam die Kirche verlassen hatte, drehte Pater Dominik den Schlüssel im Schloss herum und stand einen Augenblick ruhig da. Er atmete langsam ein und aus. Er hoffte, dass der Polizist nicht so eine Art Inspektor Columbo

Weitere Kostenlose Bücher