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Gottesstreiter

Titel: Gottesstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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stöhnte Reynevan, während er versuchte, die Kante des Bretts von seinem wund gescheuerten Hals wegzuhalten, »ist das   ...?«
    »Ja«, bestätigte der Tischlergeselle düster. »Da bin ich ganz sicher   ...«
    »Troský«, jammerte einer hinter ihnen. »Das ist die Burg Troský   ... Gott schütze uns   ...«
    Aus der mit dünnem Wald bestandenen Anhöhe ragte ein einsamer, seltsam geformter Felsen hervor, mit zwei Hörnern, wie ein
     Teufelskopf, wie die aufgestellten Lauscher eines geheimnisvollen Wolfes. Der Fels   – Reynevan wusste es nicht und konnte es auch nicht wissen – bestand aus erstarrter Lava, einem vulkanischen Erguss von Basaltgestein.
     Die Extravaganz, mit welcher der Felsen die Landschaft beherrschte, musste jemandem als geeignet dafür erschienen sein, als
     natürliches Fundament für eine Burg zu dienen. Dieser Jemand war, wie Reynevan wusste, denn er hatte sich vor Beginn seiner
     Fahrt ein wenig kundig gemacht, kein Geringerer als Čeněk von Wartenberg, der zu König Wenzels Zeit Burggraf von Prag gewesen
     war. Der von Čeněk verpflichtete Baumeister hatte jenes vulkanische Monument geschickt genutzt: Er verschmolz die eigentliche
     Burg mit dem Sattel zwischen den beiden Basalthörnern, auf die Hörner selbst setzte er Türme. Der höhere von den beiden, an
     der Ostecke, schlanker und viereckig, wurde »Jungfrau« genannt. Den niedrigeren, westlichen Turm, ein abgerundetes, behäbiges
     Fünfeck, nannte man »Großmutter«.
    |288| Im Jahre 1424 – Burgherr war zu dieser Zeit schon Otto de Bergow, ein erklärter Feind und grausamer Verfolger jener, welche
     die Kommunion aus dem Kelch empfingen – hatten wütende Taboriten die Burg belagert. Aber da halfen weder der lange währende
     Beschuss durch Katapulte und Bombarden noch der in einem Fiasko endende Versuch, die Burg zu stürmen; die Gottesstreiter mussten
     unverrichteter Dinge abziehen. Seither galt Troský als uneinnehmbar. De Bergow prahlte damit und quälte die Hussiten in seiner
     Umgebung weiterhin mit Feuer, Schwert und Strick.
    »He dahinten!«, brüllte der Aknegesichtige von der Spitze her. »Die Burg liegt vor uns! Treibt die Schweine hinauf, die sollen
     ihre Haxen schneller bewegen!«
    Die Peitschen knallten. Es hagelte Schimpfwörter und Flüche.
     
    Sie wurden durch ein enges Tor auf den im Schatten der oberen Burg liegenden Hof getrieben, der sich nach Westen hin verjüngte.
     Den in den Zwinger Getriebenen wurden die Bretter abgenommen. Mit seiner taub gewordenen Hand betastete Reynevan seinen Hals
     und stellte fest, dass dieser bis aufs Fleisch aufgescheuert war. Der Tischlergeselle versuchte ihm etwas zu sagen, verstummte
     aber mit einem lauten Schrei, als die Riemen der Peitsche auf seinen Rücken klatschten.
    »Stellt euch auf, ihr Hunde!«, schrie das Aknegesicht. »Steht! Und keinen Mucks!« Unter Geschiebe und Gestoße stellten sie
     sich an der Mauer auf. Es waren, wie Reynevan jetzt erst feststellte, mit ihm dreiunddreißig Menschen, darunter sieben Frauen,
     vier Greise und drei Halbwüchsige. Weder die Greise noch die Halbwüchsigen sahen so aus, als wären sie zur Sklavenarbeit zu
     gebrauchen. Reynevan wunderte sich darüber, dass man sie aufgegriffen hatte.
    Dann aber fehlte die Zeit, sich weiter zu wundern.
    Vom Vorhof gelangte man über eine teilweise überdachte hölzerne Treppe zur oberen Burg. Eben diese Treppe kam eine |289| Gruppe prächtig gekleideter Herren herab. Unten angelangt, wurden sie vom Hauptmann der Wache und einigen Burgmannen begrüßt
     und kamen dann näher.
    »Na, was haben wir denn da, Hurkoveč?«, fragte der an der Spitze gehende, stattliche Mann mit dem hellen Schnurrbart. Es bestand
     kein Zweifel daran, wer das war, seinen losen
haqueton
schmückte ein geflügelter Fisch, das Wappentier des Geschlechtes derer de Bergow. Dieser Mann war der Herr auf Burg Troský,
     Otto de Bergow höchstpersönlich.
    »Was haben wir denn da?«, wiederholte er. »Ein paar Bauern, ein paar Bettler, ein paar Weiber und ein paar Kinder. Mir scheint,
     Hurkoveč, wir hätten schon früher einiges zwischen uns klargestellt. Du Hundsfott sollst mir Hussiten liefern. Hussiten, und
     nicht ein paar zufällig aufgegriffene Dorfbewohner. Glaubst du, ich bezahle dich für ein paar Bauern? Die vermutlich großteils
     auch noch meine eigenen sind?«
    »Das Herrgöttl sull mich strafen!« Das Aknegesicht schlug sich an die Brust und machte eine tiefe Verbeugung. »Ich will den
     morgigen

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