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Gottesstreiter

Titel: Gottesstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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als hätte Birkhart
     von Grellenort nicht gelogen, er hatte wirklich seine Augen und Ohren überall. Kaplan Zwicker, den sie am Fuße des Riesengebirges
     aufgehängt hatten, war nicht sein einziger Spion gewesen, es gab, wie es schien, auch einen Zuträger in Ulrich von Bibersteins
     Gefolge. Die Eskorte, die ihn nach Schlesien brachte, war nicht schwer zu finden gewesen, und sie hätten bei einem Kampf mit
     den schwarzen Reitern nicht |368| die geringste Chance. Wenn ich allein bin, überlegte Reynevan, wird es leichter sein, sich zu verstecken und die Verfolger
     irrezuführen.
    Aber es war seiner Aufmerksamkeit auch nicht entgangen, wie erfahren die Ritter waren. Er wusste, dass es nicht einfach werden
     würde, diesen Leuten zu entkommen. Dazu bedurfte es eines Mittels. Einer Methode.
     
    Nach etwa einer Meile, als die Glocken des Kirchleins eben die Mittagsstunde einläuteten, kamen sie nach Jannowitz, einem
     großen Dorf am Bober. Eine Stunde später gelangten sie an eine Kreuzung; ihre Straße kreuzte sich hier mit der, die von Schönau
     nach Landeshut führte. Auf der bislang wenig befahrenen Straße wimmelte es plötzlich von Reisenden, und die Laune der Eskortierenden
     besserte sich merklich. Die Ritter hörten auf, sich umzublicken, sie wussten, dass sie hier inmitten der Leute bedeutend sicherer
     waren als in der Waldwildnis des Riesengebirgsvorlandes. Priedlanz begann wieder, ständig zu betonen, dass er Sehnsucht nach
     Weibern habe, Strotschil fing wieder damit an, die Vorzüge der bereits erwähnten Freudenhäuser zu preisen. Otto Kuhn brummte
     ein bayerisches Liedlein vor sich hin. Nur Liebenthal war immer noch nervös, aufgewühlt und böse. Fast jeden Reisenden, dem
     sie begegneten, bedachte er mit einem vor sich hin gemurmelten Schimpfwort. Ein jüdischer Hausierer wurde zum »Christusmörder«
     und »Blutsäufer« und natürlich zum »Krätzejuden«. Alle Kaufleute waren selbstverständlich »Diebe«, alle Hauer der nahen Erzgrube
     »wallonische Narren«. Eine kleine Gruppe von Minderbrüdern erwarb sich den Beinamen »verdammte Nichtsnutze«, und die bewaffneten
     Johanniter entfernten sich als »Bande von Sodomiten«.
    »Wisst ihr was?«, fragte plötzlich Strotschil, der ahnte, was der Grund für diese Verdrossenheit war. »Ich denke, das war
     kein Mensch, dieser Schwarze, der uns da beobachtet hat.«
    »Was denn sonst?«
    |369| »Ein Geist. Ein Dämon. Dies hier ist schließlich das Riesengebirge, habt ihr das etwa vergessen?«
    »Rübezahl   ...«, erriet Kuhn, »jo, jo!«
    »Rübezahl hat ein Hirschgeweih und einen riesigen Bart«, sagte Priedlanz im Brustton der Überzeugung. »Der da hatte keinen.«
    »Rübezahl kann jede Gestalt annehmen.«
    »Verdammt   ... Man bräuchte ein Kruzifix. Oder ein anderes Kreuz. Hat jemand eines dabei? Und du, Bielau? Hast du nicht zufällig ein
     Kreuz mit?«
    »Nein.«
    »Verdammt, da hilft nichts, als zu den Heiligen zu beten   ... Bloß, zu welchen?«
    »Zu den Vierzehn Nothelfern«, schlug Strotschil vor. »Am besten gleich zu allen zusammen. Unter denen gibt’s ein paar tüchtige
     Kerle. Zum Beispiel Georg, na klar. Von den anderen hat Cyriacus den Teufel in Ketten gelegt, Margareta einen Drachen besiegt
     und Eustachius den Löwen. Veit   ... Was Veit gemacht hat, weiß ich nicht mehr. Aber bestimmt was Großes.«
    »Veit hot lustige Hüpfer g’mocht«, warf Kuhn ein.
    »Na, hab ich’s nicht gesagt?«
    »Halt endlich dein Maul, du Hundsfott!«, schrie Willrich von Liebenthal. »Da trifft einen ja der Schlag, wenn man sich so
     etwas anhören muss!«
     
    »Seht mal da, was für ein prächtiger Tross.«
    Und wirklich, der Tross, der aus Richtung Bolkenhain kommend an ihnen vorüberzog, zeigte sich wahrhaft vermögend. Vornweg
     ritt ein Knecht, hellblau und silbern gekleidet, der eine Standarte mit Schachbrettmuster in ebendiesen Farben hielt. Hinter
     ihm sprengten Bewaffnete drein und prächtig gekleidete Höflinge, die den von vier Apfelschimmeln gezogenen, mit gemustertem
     Stoff ausgeschlagenen und mit hellblauen Bändern verzierten Wagen begleiteten. In dem Wagen |370| saß, umgeben von ihren Damen, eine korpulente Matrone mit Haube und Schleier, die sich außerordentlich würdig gab.
    »Rosamunde von Borschnitz.« Priedlanz erkannte sie und verbeugte sich.
    »Aus dem Hause Bolz«, bestätigte Strotschil halblaut. »Ha, sie soll früher ein wunderschönes Mädchen gewesen sein. Mein Vater,
     Gott hab ihn selig, hat erzählt,

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