Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Gottesstreiter

Titel: Gottesstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
Vom Netzwerk:
in der Lage war, sie wiederzufinden. Man hatte einen ganzen Tag danach gesucht, vergeblich. Čapeks Wut wuchs. Als
     Scharley dann gemeint hatte, statt am Ober- und Unterlauf des Gebirgsbaches herumzutrödeln, sei es vielleicht besser, Reynevans
     Spur zu folgen, befahl der wütende Hauptmann seinen Leuten, nach Michalovice zurückzukehren, und erklärte den Freunden, sie
     sollten gefälligst allein weitersuchen.
    »Also haben wir allein weitergesucht«, Scharley seufzte, »ziemlich lange sogar. Wir sind hinter Jablonné v Podještědí bis
     nach Rojmund und Hammerstein gelangt. Dort hat uns dann Čapek eingeholt, diesmal in Gesellschaft von Stephan Tlach aus Český
     Dub und von einem vom Weißen Berg herübergekommenen Boten von Filou   ...«
    Wie sich zeigte, hatte Hauptmann Tlach eine Nachricht von |468| seinem Informanten aus dem Cölestinerkloster in Oybin erhalten. Was es mit dem geheimnisvollen Verschwinden Reynevans auf
     sich hatte, war damit geklärt. Leider wurde es den Freunden nicht gestattet, Bibersteins Leuten zu folgen. Der Bote vom Weißen
     Berg brachte den Befehl, sofort zurückzukehren. Dieser Befehl war eindeutig, und da seine Erfüllung zu den Pflichten der Hauptleute
     gehörte, machten sich die Freunde mit ihrer Eskorte auf den Weg. Besser gesagt, im Konvoi.
    Am Weißen Berg behielt Neplach nur Scharley bei sich. Samson riss sich förmlich darum, allein nach Schlesien zu reiten, aber
     der Demerit brachte ihn schließlich von seinem Vorhaben einer einsamen Reise ab.
    »Ich brauchte nicht sehr lange, um ihn davon zu überzeugen«, er lächelte boshaft, »denn unser Freund Samson hatte in Prag
     wichtige Dinge zu erledigen. Tagelang hat er die erledigt, wenn er mit der rothaarigen Marketka durch Zderaz oder Slovany
     spaziert ist. Oder mit ihr in Podskalí saß, wo beide stundenlang zusahen, wie die Moldau dahinfloss und die Sonne unterging.
     Händchen haltend.«
    »Scharley!«
    »Na was denn, lüge ich vielleicht?«
    »D’antico amor sentì la gran potenza   ...«,
erinnerte sich Reynevan und konnte ein Lachen auch nicht unterdrücken.
    »Wie geht es ihr, Samson?«
    »Viel besser. Kommt, lasst uns trinken!«
     
    »Es geht das Gerücht um«, sagte Scharley und blinzelte in die Sonne, »dass ein Feldzug vorbereitet wird. Ein großer Feldzug.
     Man könnte sagen, ein Überfall. Man könnte auch sagen, ein Krieg.«
    »Wenn du bei Filou auf dem Weißen Berg gewesen bist«, spottete Reynevan, »dann weißt du doch ganz genau, was im Busch ist.
     Filou hat gewiss nicht versäumt, dich zu instruieren.«
    |469| »Es geht das Gerücht um«, Scharley ließ sich nicht aus der Ruhe bringen, »dass man dir in diesem Krieg eine wichtige Rolle
     zugedacht hat. Du sollst dich, wie der Dichter sagt, direkt im Zentrum der Ereignisse befinden. Woraus folgt, dass wir uns
     alle im Zentrum dieser Ereignisse befinden werden.«
    Sie saßen auf der Terrasse des Gasthauses »Zum silbernen Glöckchen« und freuten sich an der Sonne, die trotz des leichten
     Frostes angenehm wärmte. Schnee glitzerte auf dem bewaldeten Hang. Von den vom Dach herabhängenden Eiszapfen tropfte träge
     das Wasser. Samson schien zu dösen. Vielleicht schlief er wirklich? Letzte Nacht hatten sie bis in die späten Stunden hinein
     geredet und ganz unnötigerweise einen letzten Krug geleert.
    »Im Zentrum von Kriegsereignissen, noch dazu, wenn man eine wichtige Rolle spielen soll, kann man leicht eins auf die Finger
     kriegen. Oder auf einen anderen Körperteil. Unvorstellbar einfach ist es auch, wenn Krieg herrscht, so einen Körperteil einzubüßen.
     Da kommt es manchmal vor, dass der Kopf dieser Körperteil ist. Und dann wird es wirklich heikel.«
    »Ich weiß, was du willst. Hör auf.«
    »Dem entnehme ich, dass du meine Gedanken lesen kannst, ich muss also nichts mehr sagen. Denn die Schlussfolgerung hast du
     auch gelesen, nehme ich an.«
    »Ich habe sie gelesen. Und ich erkläre hiermit: Ich werde für die Sache kämpfen, für die Sache ziehe ich in den Krieg, und
     für die Sache werde ich die Rolle spielen, die mir zugedacht ist. Die Sache des Kelches muss siegen, all unsere Anstrengungen
     richten sich auf dieses Ziel. Dank unserer Anstrengungen und Opfer werden der Utraquismus und die wahre Lehre triumphieren,
     die Zeit des Unrechts wird vorüber sein und die Welt eine bessere werden. Dafür gebe ich mein Blut hin. Und wenn es sein muss,
     auch mein Leben.«
    Scharley seufzte.
    »Wir sind doch allesamt keine

Weitere Kostenlose Bücher