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Gottesstreiter

Titel: Gottesstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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von denen ich mich unaufhörlich leiten lasse.
     Zum Beispiel: Nach St. Scholastica zieh ein warmes Beinkleid an. Oder: Aus leeren Schüsseln kann auch Salomo nichts ausgießen.
     Oder: Wer schon am Morgen einen zwitschert, dem ist der Tag niemals verbiestert. Oder   ...«
    Samson lachte. Reynevan seufzte. Von den Eiszapfen tropfte es.
     
    Weihnachten,
natalis Domini
, die Geburt des Herrn, Jule, wurde im »Glöckchen« wahrhaft recht gefeiert, wenn auch nur im kleinsten Kreise. Nach kurzer
     Erwärmung waren wieder Schneestürme hereingebrochen und die Wege zugeweht, so dass das Gasthaus erneut von der Welt abgeschnitten
     war, zudem war es eine Zeit, in der kaum jemand reiste. Mit Reynevan, Scharley und Samson, mit Vogelsang, Urban Horn und Tybald
     Raabe feierte auch der Gastwirt Martin Prahl, der aus diesem Anlass, ohne zu murren, seinen Weinkeller um einige Flaschen
     Rhein-, Mosel- und Siebenbürgener Wein erleichterte. Berta, die Wirtsfrau, sorgte für mehr als ausreichende und leckere Speisen.
     Der einzige Gast »von außerhalb« war der Mamun Jon Malevolt, der zur Überraschung aller nicht allein erschien, sondern den
     zwei Waldhexen begleiteten. Die Überraschung war groß, aber durchaus nicht unangenehm. Die Hexen waren attraktive Frauen,
     von einnehmender Erscheinung und ebensolchem |473| Auftreten, die, als erst das Eis gebrochen war, von allen geachtet wurden, auch von der anfangs erschrockenen Berta Prahl.
    Die Hexen trugen ihren Teil zum Fest dadurch bei, dass sie zwei große Bütten Bigos mitbrachten. Vortreffliches Bigos. Die
     Bezeichnung »vortrefflich« reichte dafür allerdings bei weitem nicht aus, ja selbst die Bezeichnung »Bigos« schien zu gering
     und unangemessen. Dieses Gericht, das die Waldhexen zubereitet hatten, war geradezu eine Hymne auf das Sauerkraut, eine Hymne,
     die im Chor nach einem Loblied auf die Räucherwurst und den Speck, einem Preislied auf das Wild, einer Dithryambe auf die
     fetten Fleischsorten und einer melodiösen und liebevollen Kanzone auf die getrockneten Pilze, den Kümmel und den Pfeffer feierlich
     angestimmt wurde.
    Zu dieser Poesie passte denn auch hervorragend der Wermut, den Malevolt mitgebracht hatte. Prosaisch, aber wirksam.
     
    Der Winter, der sich schon im Dezember hart angelassen hatte, zeigte erst nach
circumcisio Domini
, dem Fest der Beschneidung des Herrn, was er vermochte. Die Schneestürme nahmen an Stärke zu, einige Tage hintereinander
     tobten sie Tag und Nacht. Dann klarte der Himmel auf, und eine bleiche Sonne kroch hinter den Wolken hervor. Dann kam der
     Frost. Er kam mit solcher Macht, dass die Welt darunter zu stöhnen schien. Und erstarb, erfror.
    Der Frost war so stark, dass man selbst vom Abtritt oder vom Holzholen steif gefroren zurückkehrte und jeder längere Aufenthalt
     im Freien bedroht war durch gefährliche Erfrierungen. Horn und Tybald, die beschlossen hatten, am Dreikönigstag abzureisen,
     wurden für verrückt erklärt. Aber Horn und Tybald reisten trotzdem ab. Sie mussten.
    Es war das Jahr 1428.
     
    |474| Urban Horn kehrte am achtzehnten Januar zurück. Die erschütternde Neuigkeit, die er brachte, rüttelte die Freunde aus ihrer
     winterlichen Apathie.
    Auf Herzog Johann von Münsterberg war ein Anschlag verübt worden. Am Dreikönigstag, am Tag des Festes der Erscheinung des
     Herrn. Als der Herzog nach der Messe aus der Kirche trat, hatte sich der Attentäter durch die Wachen hindurchgedrängt und
     sich mit einem Stilett auf ihn gestürzt. Johann verdankte sein Überleben der Opferbereitschaft zweier Ritter, Timotheus von
     Risin und Ulrich von Seiffersdorf, die ihn mit ihren Körpern schützten. Risin hatte einen dem Herzog zugedachten Stich abbekommen
     – andere Umstehende nutzten die Gelegenheit und überwältigten den Angreifer. Es war niemand anderer als Gelfrad von Sterz,
     der Ritter, der seit einigen Jahren im Ausland verschollen war und den alle, selbst seine eigene Familie, für tot gehalten
     hatten.
    Der Klatsch über dieses Ereignis machte blitzschnell in ganz Schlesien die Runde. Kaum einer hegte Zweifel an den Motiven
     des Gelfrad von Sterz, denn alle wussten von der Romanze, die Herzog Johann mit der Frau des Ritters, der schönen Burgunderin
     Adele, verbunden hatte. Alle wussten, auf welch rücksichtslose Weise Herzog Johann seine ehemalige Geliebte nach Beendigung
     dieser Romanze behandelt hatte, alle wussten, welchen Tod Adele als Folge jener Rücksichtslosigkeit erlitten hatte.
    Und

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