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Gottesstreiter

Titel: Gottesstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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nach Schönau gereist war.
    |477| Nach Schönau zu reiten, konnte Reynevan nicht riskieren. In der Dämmerung kehrte er daher nach Wolmessen zurück. Am nächsten
     Tag musste er sich von Malevolt, dem anarchistischen Mamun, verabschieden.
    »Möchtest du nicht bei uns bleiben?«, fragte er den Mamun, als dieser sein struppiges Pferdchen aus dem Stall führte. »Willst
     du nicht mit uns ein Bündnis eingehen? Du hast Tybald geholfen, und das hat natürlich Folgen. Möchtest du nicht weiter mittun?«
    »Nein, Reinmar. Das möchte ich nicht.«
    »Du hast aber doch behauptet, du würdest für die Revolution eintreten und den Umschwung unterstützen. Dass es Zeit sei, die
     alte Ordnung zu verändern, den Weltklumpen in seinen Grundfesten zu erschüttern. Bleib bei uns. Wir werden die Ordnung verändern
     und den Weltklumpen, glaube es mir, tüchtig durchschütteln. Jeden Moment   ...«
    »Ich weiß, was jeden Moment beginnt«, unterbrach ihn Malevolt. »Ich habe mir eure Gespräche angehört und in eure Augen geblickt,
     als ihr vom Krieg gesprochen habt. Ich bin mit ganzem Herzen für Revolution und Anarchie, aus tiefster Seele unterstütze ich
     Bewegung und Veränderung. Aber ich wage es nicht, an diesem Prozess selbst teilzunehmen, denn im revolutionären Kampf um Veränderung
     verändert man sich selbst. Man verwandelt sich. Es bedarf schon enormer Kraft, um dies zu kontrollieren, um sich nicht in
     etwas zu verwandeln, das   ... In etwas zu verwandeln, das nicht gut wäre. Ich traue da meiner Kraft und meiner Selbstkontrolle nicht recht. Daher ziehe
     ich es vor, in den Hintergrund zu treten.
Basta!
Aber euch   ... dir   ... wünsche ich gutes Gelingen. Leb wohl, Reinmar!«
    Der Mamun hatte sie zwar verlassen, aber er hatte etwas zurückgelassen. Einige Tage später sah Reynevan Samson Honig, der
     in der Scheune Stöße und Schläge mit dem Goedendag übte, dem eisenbeschlagenen flämischen Streitkolben. Samson und Malevolt
     hatten aneinander Gefallen gefunden, stundenlang miteinander Karten gespielt und gewürfelt, der |478| Goedendag konnte ein Spielgewinn sein, er konnte aber auch ein Geschenk sein, das zum Abschied überreicht worden war.
    Reynevan fragte nicht danach.
     
    Am Festtag des heiligen Vinzenz, der in Schlesien als der Tag eines der Patrone des Doms von Breslau feierlich begangen wurde,
     erschien Tybald Raabe wieder in Wolmessen. Er hatte vermutlich all seine Informanten abgeklappert, denn er brachte endlich
     Nachrichten aus Böhmen. Kolín, berichtete er, hatte schließlich kapituliert. Nach vierundachtzig Tagen Belagerung, am Dienstag
     vor St. Thomas, hatte Herr Diviš Bořek von Miletínek die Stadt übergeben, unter der Bedingung des freien Abzugs seiner Soldaten.
     Prokop war auf diese Bedingung eingegangen. Er hatte genug von der Belagerung. Und andere Pläne.
    »Prokop mobilisiert bereits Tábor, die Waisen und die Prager«, berichtete der Goliarde. »Sicher zu einem Zug nach Ungarn.«
    Tybald ritt abermals weg. Er kam sehr lange nicht wieder, erst am Sonntag
Invocabit
kehrte er zurück. Mit neuen Nachrichten. Wie erwartet war das von Prokop und Jaroslav von Bukowina angeführte Heer nach Ungarisch-Brod
     marschiert und von dort aus auf ungarisches Gebiet vorgedrungen. Erobert und verbrannt wurden nacheinander Senitz, Skalitz,
     Unternussdorf, Modern, Bösing und St. Georgen, am Aschermittwoch hingegen waren die Böhmen bis nach Pressburg gezogen, wo
     sie die Vorstadt und alle umliegenden Dörfer angezündet hatten. Mit Wagen voller Beute hatten sie sich auf den Rückweg gemacht.
     Sie zogen, zum Schrecken der Bevölkerung, über Tyrnau und Neustadt an der Waag. Keiner wagte es, sich ihnen in den Weg zu
     stellen oder den Kampf mit ihnen aufzunehmen.
    »Nach Mähren wurde währenddessen aus Böhmen mächtig Verstärkung geschickt. Kampfabteilungen aus Nimburg, Schlan, Mährisch-Neustadt
     und Lundenburg.«
    |479| »Demnach ist jetzt Schlesien an der Reihe.« Bisclavrets Zähne blitzten.
    »Es wird Zeit für uns«, erklärte Drosselbart knapp. »Wir müssen uns fertig machen.«
    »Wir müssen uns fertig machen«, wiederholte Urban Horn wie ein Echo.
    Sie bereiteten sich vor. Tage und Nächte saßen sie über den Landkarten und planten. Bisclavret und Řehors ritten weg und führten
     Packpferde mit sich   ... Zwei Tage später waren sie mit ihrer Last zurück, die schwer zu sein schien und klirrte. Das waren, grob geschätzt, ein
     paar hundert Mark.
    Reynevan ritt nach

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