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Gottesstreiter

Titel: Gottesstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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eingekreist. Dann begann das Gemetzel. Berengar Tauler war einer der Ersten, die fielen. Die anderen Taboriten schlugen
     sich wie die Teufel, mit ihnen Reynevan, Scharley, Řehors und Samson, der mit seinem Goedendag verheerend um sich schlug.
     Aber es war ziemlich schlecht um sie bestellt, lange hätten sie nicht mehr standgehalten, wären ihnen nicht die im Galopp
     hinter den Hütten hervorsprengenden »Kumani« zu Hilfe geeilt. Das Gemetzel verlagerte sich vom Kampfwagen in die Nähe des
     Dorfangers, verwandelte |581| sich zunächst in eine Hetzjagd zu Pferde und danach in einen Kampf Mann gegen Mann.
    »Dort   ...«, stöhnte Řehors, kroch mühsam unter dem Wagen hervor und drückte Reynevan eine Armbrust in die Hand, »siehst du den?
     Den auf dem Grauschimmel mit dem Stier im Wappen? Das ist der Anführer   ... Ich habe eine durchschossene Hand   ... Schieß, Reinmar   ...«
    Reynevan packte die Armbrust, lief, um sicherzugehen, näher heran und schoss. Der Bolzen prallte mit einem lauten Krachen
     vom Schulterschutz der Rüstung ab. Aber der Ritter war auf ihn aufmerksam geworden. Er brüllte etwas unter seinem Visier hervor,
     zeigte einem anderen Reynevan mit dem Schwert, und dann drangen beide in vollem Galopp auf ihn ein.
    Scharley hob ein Schießrohr vom Boden auf, ohne Lunte. Samson bemerkte es und warf ihm geschickt ein glimmendes Holzstück
     aus dem von Pferdehufen zerstreuten kleinen Feuerchen zu. Der Demerit fing das glimmende Holz ebenso geschickt auf, drehte
     sich um und zielte aus der Achsel. Im Zündloch war zum Glück noch Pulver, es knallte, der Lauf spie Feuer und Rauch aus, und
     der angreifende Reiter wurde heftig aus dem Sattel geschleudert, direkt unter die Hufe der ihn verfolgenden Ungarn. Der andere
     Ritter, der mit dem Stierwappen, drang auf Reynevan ein, das Schwert zum Schlag erhoben. Plötzlich streckte er sich und ließ
     Schwert und Zügel fahren – einer der Nimburger hatte ihm einen Spieß in die Achsel gestoßen. Ein zweiter lief mit einem Dreschflegel
     heran und schlug zu, dass es krachte; unter dem sich verformenden Helm sprang das Blut hervor.
    »Denen haben wir’s aber gegeben!«, wiederholte der Wagenhauptmann immer wieder, auf unsicheren Beinen schwankend und sich
     das Blut aus den Augen wischend, das von seinem Kopf herunterrann. »Denen haben wir’s   ... aber gegeben   ...«
    Auf dem Anger schrien die Ungarn triumphierend. Die flüchtenden schlesischen Ritter verfolgte niemand. Der Himmel bewölkte
     sich.
    |582| Vier Schlesier waren tot. Fünf von den Hussiten waren gefallen, doppelt so viele waren verwundet. Bevor sie die Leichen hinter
     eine Hecke in ein Birkenwäldchen tragen konnten, starb noch einer der Verwundeten. Sie benötigten ein tiefes Grab.
    Berengar Tauler. Drosselbart von Vogelsang. Heinrich von Baruth, der schwarze Stier. Christian von Der,
trois roses de gueules.
Ein berittener Schütze. Ein Lanzenträger. Ein Adamec, ein Zbořil, ein Raček, auf die ihre Frauen zu Hause vergeblich warten
     würden.
    »Gebt mir einen Spaten«, sagte Samson in die Stille hinein, »ich werde graben.«
    »Ich grabe.« Er stieß den Spaten in den Boden, trat fest darauf, zog ihn heraus und warf eine große Erdscholle beiseite. »Ich
     werde zur Buße graben. Denn ich bin schuldig geworden!
Iniquitates meae supergressae sunt caput meum!
Ich bin in den Krieg gezogen! Aus Neugier! Ich hätte die anderen davon abhalten können, und ich habe es nicht getan. Ich hätte
     sie belehren können. Manipulieren. Wenn es nötig gewesen wäre, hätte ich jemandem in den Hintern treten können! Ich hätte
     mir all dies auch am Arsch vorbeigehen lassen können, mit Marketka an meiner Seite in Podskalí sitzen und schweigen können
     und zusehen, wie die Moldau vorbeifließt. Aber ich bin in den Krieg gezogen. Aus den niedrigsten Beweggründen: aus Neugier
     am Krieg und an der menschlichen Natur.«
    »Also bin ich schuldig am Tode derer, die hier liegen. Schuldig werde ich auch am Tode jener sein, die noch folgen. Darum,
     verdammt noch mal, schaufle ich dieses Grab. Aus der Tiefe,
de profundis clamavi ad te Domine   ... Miserere mei Domine
, erbarme dich meiner, Herr, in deiner Gnade. Lösche durch die Größe deiner Barmherzigkeit meine Verfehlungen aus. Wasche
     mich rein von meiner Schuld, und reinige mich von meinen Sünden.«
    Nach dem dritten Vers betete er nicht mehr allein. Auch die anderen gruben.
     
    |583| Dzier żka war eingenickt, laute Stimmen weckten

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