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Gottesstreiter

Titel: Gottesstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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zum Ohr der Pferdehändlerin hinab, »es sieht nicht gut aus. Die Böhmen kommen. Sie haben
     die Vorstadt von Steinau verbrannt. Auch Parchwitz brennt. Die Hussiten ziehen nach Breslau   ... Das bedeutet, sie kommen hier vorbei   ...«
    Dzierżka de Wirsing wurde sofort hellwach. Sie sprang hastig auf.
    |588| »Sattle unsere Pferde, Sobek. Elencia, steh auf.«
    »Was ist?«
    »Steh auf. Ich gehe für einen Moment zu den Mönchen hinüber, wenn ich zurückkomme, musst du fertig sein. Wir verschwinden
     hier. Die Hussiten kommen.«
    »Ist denn eine solche Eile wirklich notwendig? Von hier nach Parchwitz   ...«
    »Ich weiß, wie weit es von hier nach Parchwitz ist«, unterbrach Dzierżka sie. »Die Eile ist notwendig. Die hussitische Reiterei
     kann jeden Moment hier sein. Einige Böhmen   ...«
    Sie brach ab und sah Snorrbein an.
    »Einige von denen haben verdammt gute Pferde«, murmelte sie dann.
     
    »Jesses«, seufzte Jan Královec. »Steht die Stadt im Meer oder wie?«
    »Das ist die Oder und ihr Nebenarm.« Urban Horn deutete auf die weite Wasserfläche. »Und das ist die Ohle, sie umfließt die
     Stadt im Süden.«
    »Die verwehrt den Zugang gar nicht schlecht«, warf Jíra z Řečice ein. »Da könnte man meinen, die bräuchten gar keine Mauern.«
    »Aber sie haben welche«, sagte Blażej z Kralup. »Und zwar mächtige. An Basteien mangelt es auch nicht   ... Und wie viele Kirchtürme! Fast wie in Prag!«
    »Der erste da«, sagte Horn, sich mit seinem Wissen hervortuend und deutend, »das ist St. Nikolai, und dort ist das Nikolai-Tor.
     Die große Kirche da mit dem hohen Turm ist die Pfarrkirche St. Elisabeth. Und die andere, ebenfalls recht ansehnliche, ist
     auch eine Pfarrkirche, nämlich St. Maria Magdalena. Der Turm dort, das ist das Rathaus. Die Kirche dort   ...«
    »Das ist St. Dorotheen«, fiel ihm Prokop der Kahle ins Wort, der Breslau anscheinend ebenso gut kannte. »Dort auf der Sandinsel
     ist die Marienkirche. Hinter der Sandinsel liegt die Dominsel und darauf das Kollegiatstift zum heiligen Kreuz, |589| daneben der Dom, immer noch im Bau. Da weiter hinten   ... auf dem Elbing, ein riesiges Prämonstratenserstift. Und dort, das ist St. Katharinen und St. Adalbert, die Kirche der
     Dominikaner. Zufrieden? Wisst ihr nun schon alles? Das ist gut, denn ihr werdet die Breslauer Kirchen nicht aus der Nähe zu
     sehen bekommen. Jedenfalls diesmal nicht.«
    »Das ist klar.« Jan Tovačovskýz Cimburka nickte. »Es wäre ja geradezu närrisch, die Stadt anzugreifen.«
    »Du Kleingläubiger!« Prokupek verzog das Gesicht und spuckte aus. »Hätte Josua so gedacht wie du, stünde Jericho bis zum heutigen
     Tage! Gottes Stärke lässt die Mauern einstürzen   ...«
    »Lasst Gott in Frieden«, ermahnte Dobko Puchała sie gelassen. »Jericho hin, Jericho her, Breslau jetzt stürmen, das würde
     nur ein Schwachsinniger.«
    Die hussitischen Heerführer brummten zustimmend. Die Mehrzahl teilte die Meinung Puchałas und des Mähren. Das Aufblitzen in
     den Augen von Královec, von Jan Bleh und von Otíka z Lozy zeugte jedoch davon, dass sie es gerne versucht hätten.
    »Wir sind aber von recht weit her zu diesem Nest des Antichristen gekommen«, Prokop hatte das Aufblitzen sehr wohl bemerkt,
     »und wir haben einen so langen und schwierigen Weg hinter uns, dass es eine Sünde wäre, dem Antichristen nicht eine Religionsstunde
     zu erteilen.«
    Vor ihnen, vor der Anhöhe, floss in einem flachen Tal die Lohe dahin, die sich mit ihrem Frühjahrshochwasser weit über die
     Wiesen ergoss, in denen Störche umherwateten. Die Birkenwälder schmückten sich bereits mit erstem, frühlingshaftem Grün. Die
     Traubenkirschen standen schon weit in Blüte. Auf dem Schwemmland blühten Butterblumen und Hahnenfuß, Löwenzahn breitete sich
     in gelben Teppichen aus. Reynevan blickte sich um. Die Hauptmacht der Taboriten und der Waisen hatte die Weistritz auf einer
     eroberten Brücke bei Leschnitz, neben dem brennenden Zollhaus, überquert.
    |590| »Wir werden den Breslauern und dem Bischof, diesem Antichristen, ein Unterrichtsstündlein geben. Dieses Dörfchen da vor der
     Anhöhe, wie nennt sich das?«
    »Neukirch, guter Herr!«, beeilte sich einer der dienstfertigen Bauernführer zu erklären. »Und dort liegt Mochbern   ...«
    »Brennt beide nieder. Kümmere dich darum, Bruder Puchała. Oh, da sehe ich eine Mühle   ... Da eine zweite. Dort ein Dorf   ... Und noch ein Dorf   ... Und was ist das dort? Ein

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