Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Gottesstreiter

Titel: Gottesstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
Vom Netzwerk:
– das Kloster selbst war durch das Abkommen
     mit Münsterberg geschützt. Weil er das herzogliche Vorwerk in Algersdorf und das wie durch ein Wunder bisher verschont gebliebene
     Kirchlein in Wigandsdorf zur gleichen Zeit in Flammen aufgehen lassen wollte, hatte Dobko seine Abteilung in drei Gruppen
     eingeteilt. Reynevan und Samson waren bei ihrem Anführer geblieben, Scharley |593| nahm an dem Unternehmen nicht teil, er litt an einem so heftigen Durchfall, dass ihm selbst magische Arzneien nicht halfen.
    Sie ritten querfeldein, durch Niederungen, von Bächen durchzogen, Zuflüssen zur Ohle, die ihr vom Torf geschwärztes Wasser
     über steinerne Hindernisse und umgestürzte Baumstämme hinweg trieben. An einem dieser Bäche sah Reynevan die Wäscherin.
    Außer Samson und ihm sah niemand sie. Sie hingegen hob nicht einmal den Kopf, obwohl die Männer kaum zwanzig Schritte von
     ihr entfernt den Bach durchquerten. Sie war sehr schmal, ihre Schlankheit wurde durch das eng anliegende Kleid noch betont.
     Reynevan konnte ihr Gesicht nicht sehen, es war vollkommen von ihren glatten, langen dunklen Haaren verdeckt, die bis ins
     Wasser hinunterfielen, an dem sie kniete und das sie umspielte. In ihren wachsbleichen, bis zu den Ellenbogen eingetauchten
     Armen hielt sie ein Hemd oder eine Leinenbluse, das sie mit gespenstisch langsamen Bewegungen eintauchte und ausdrückte. Dem
     Hemd entquollen blutige Wolken, wie Rauch. Das Blut vermischte sich mit dem Wasser und färbte es dunkelrot, rosafarbener Schaum
     umspülte die Knie der Pferde.
    Plötzlich kam ein Wind auf, ein boshafter Wind, der an den grünenden Zweigen zerrte und von den Hängen der Schlucht einen
     Staubwirbel aus vertrocknetem altem Unkraut herunterriss. Reynevan und Samson blinzelten. Als sie die Augen wieder öffneten,
     war die Erscheinung verschwunden.
    Aber noch immer führte das Wasser Blut mit sich.
    Sie schwiegen eine Zeit lang.
    »Reiten wir weiter?« Samson räusperte sich. »Oder kehren wir um?«
    Reynevan antwortete nicht, er gab seinem Pferd die Sporen und folgte eilends Puchała und dessen Polen, die schon hinter dem
     Grün der Erlen verschwanden.
    |594| In der nächsten Schlucht gerieten sie in einen Hinterhalt.
     
    Vom gegenüberliegenden Hang, aus einem Gebüsch heraus, krachten Schüsse, Bogensehnen schwirrten, und auf die Polen prasselte
     ein Regen aus Kugeln und Bolzen hernieder. Menschen schrien, Pferde wieherten laut, einige bäumten sich auf und stürzten dann
     in die Schlucht hinab. Unter ihnen auch Samsons Pferd.
    »Deckung!«, schrie Puchała. »Runter vom Pferd und in Deckung!«
    Aus dem Gebüsch drang erneut das Schwirren von Bogensehnen, wieder zischten Pfeile. Reynevan verspürte einen Schlag gegen
     die Schulter, so heftig, dass er zu Boden stürzte und unglücklich auf eine mit feuchten Blättern bedeckte Schräge fiel. Die
     Blätter waren schlüpfrig wie Seife, er glitt über sie hinweg, und erst als er unten angekommen war und aufzustehen versuchte,
     bemerkte er den Bolzen, der unter seinem Schlüsselbein herausragte. Lieber Gott, bloß nicht die Schlagader, konnte er gerade
     noch denken, bevor er drohte in Ohnmacht zu fallen.
    Er sah noch, wie Samson unter dem toten Pferd hervorkroch, sich aufrappelte und stand. Und wie er stürzte, den Kopf voller
     Blut, noch bevor der ohrenbetäubende Widerhall der aus dem Gebüsch abgefeuerten Handfeuerwaffe verklungen war.
    Reynevan schrie, den Schrei übertönte die nächste Salve aus den Schießrohren. Die ganze Gegend war in Rauch gehüllt. Bolzen
     zischten. Verwundete schrien.
    Obwohl sich seine Arme und Beine wie Stroh anfühlten und jede Bewegung ihn wahnsinnig schmerzte, kroch Reynevan zu Samson
     hinüber. Rings um den Kopf des Riesen hatte sich eine riesige Blutlache gebildet, Reynevan sah jedoch, dass die Kugel die
     Schläfe nur gestreift hatte. Aber der Kopf kann trotzdem versehrt sein, dachte er. Zum Teufel, bestimmt ist er versehrt. Seine
     Augen   ...
    |595| Samsons Augen waren verschleiert, plötzlich fingen sie tief in den Augenhöhlen an zu tanzen. Reynevan sah erschrocken, wie
     der Kopf des Riesen zu zittern begann, sein Mund sich verzog und Speichel herausfloss. Es schien, als würde sich aus seinem
     Munde gleich ein gewaltiger Schrei lösen.
    »Dunkel   ...«, stammelte Samson undeutlich, mit fremder Stimme. »Dunkel   ... Finster   ... Jesus   ... Wo bin ich? Hier ist Nacht   ... Will nach Haus   ... nach Haus! Wo bin ich   ...«
    Reynevan

Weitere Kostenlose Bücher