Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Gottesstreiter

Titel: Gottesstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
Vom Netzwerk:
ist, Grellenort«, warnte er den Eindringling ungehalten. »Wehe, wenn es nicht wichtig
     ist! Wie dem aber auch sei, ich habe allmählich die |192| Nase voll von deiner Frechheit! Du scheinst wohl keine Lust mehr zu haben, durchs Fenster geflogen zu kommen oder durch die
     Wand zu gehen! Immer musst du so einen Aufruhr veranstalten! Aber egal! Ich höre!«
    »Aber nein! Ich höre!«
    »Waas?«
    »Haben Euer Bischöfliche Gnaden mir nicht zufällig etwas mitzuteilen?«, spottete der Mauerläufer.
    »Hat es dir den Verstand vernebelt, Birkhart?«
    »Du verbirgst doch nicht zufällig etwas vor mir, Väterchen? Etwas Wichtiges? Etwas, das bislang höchster Geheimhaltung unterlag,
     aber jeden Moment der ganzen Welt bekannt werden kann?«
    »Du redest vollkommenen Blödsinn daher! Ich denke nicht daran, mir so etwas anzuhören!«
    »Hast du die Bibel vergessen, Bischof? Die Worte des Evangelisten?
Non enim est aliquid absconditum quod non manifestetur, nec factum est occultum sed ut in palam veniat.
Denn es ist nichts verborgen, was nicht offenbar werden wird. Ich möchte dich höflich davon in Kenntnis setzen, dass sich
     ein Zeuge für den Überfall auf den Steuereinnehmer am dreizehnten September
Anno Domini
1425 in der Nähe von Wartha gefunden hat.«
    »Sieh mal einer an!« Konrad von Oels knirschte mit den Zähnen. »Ein Zeuge hat sich gefunden. Und was hat er ausgesagt? Wer
     hat den Steuereinnehmer überfallen, da bin ich aber neugierig?«
    Die Augen des Mauerläufers blitzten.
    »Den Täter zu finden, ist nur noch eine Frage der Zeit«, knurrte er. »Es ist nämlich so, dass Leute, die uns nicht gewogen
     sind, jenen Zeugen ausfindig gemacht haben. Sobald sie den Zeugen haben, werden sie der Spur folgen. Und alles kommt ans Licht.
     Wie ein Goldstück aus dem Sack. Also mäßige deinen Ton ein wenig, Bischof!«
    Bischof Konrad bedachte ihn einige Zeit mit bösen Blicken. Dann krabbelte er aus seinem Bett und bedeckte seine Blöße |193| mit einem weiten Mantel. Er setzte sich, zusammengesunken, auf einen Stuhl. Und schwieg lange.
    »Wie konntest du nur, Väterchen«, sagte der Mauerläufer vorwurfsvoll und nahm ihm gegenüber Platz. »Wie konntest du nur? Ohne
     mir etwas zu sagen? Ohne mich zu informieren?«
    »Ich wollte dich nicht behelligen«, log Konrad flugs. »Du hattest so viel um die Ohren   ... Woher weißt du von jenem Zeugen?«
    »Durch Magie. Und durch Zuträger.«
    »Ich verstehe. Mit Hilfe von Magie und Zuträgern wird man auch, wie ich annehme, jenen Zeugen ausmachen   ... Und hmm   ... beseitigen können? Überhaupt pfeife ich auf diesen Zeugen, und auf Leute, die uns nicht wohlgesinnt sind, scheiß ich.
     Einen Dreck können die mir! Aber wozu soll ich mir Ärger einhandeln? Wenn man diesem Zeugen in aller Stille den Hals umdrehen
     könnte   ... He? Birkhart, mein Sohn? Hilfst du mir?«
    »Ich habe so viel um die Ohren.«
    »Schon gut, schon gut,
mea culpa
«, gab der Bischof widerwillig zu. »Nun werd doch nicht gleich wütend. Hast ja Recht. Ich hab’s dir verheimlicht! Na und?
     Hast du etwa keine Geheimnisse vor mir?«
    »Warum?« Der Mauerläufer wollte nicht zugeben, dass auch er Geheimnisse hatte. »Warum, erkläre es mir, Bischof, warum hast
     du das Geld geraubt, das einer heiligen Sache dienen sollte? Dem Krieg gegen die böhmische Häresie! Dem Kreuzzug, zu dem du
     immer noch aufrufst!«
    »Ich habe dieses Geld gerettet«, antwortete Konrad mit Eiseskälte. »Dank meines Eingreifens wird es dazu dienen, wozu es dienen
     sollte. Es wird dafür ausgegeben, wofür es gebraucht wird. Für Söldner, Pferde, Waffen, Kanonen, Büchsen und Pulver. Für all
     das, mit dessen Hilfe wir die böhmischen Abtrünnigen bekämpfen, unterdrücken und vernichten können. Und es ist auch gewährleistet,
     dass von diesem Geld nicht ein Groschen beiseite geschafft werden wird. Wenn die Steuereinnahmen |194| nach Frankfurt gelangt wären, hätten die sie gestohlen. So wie immer.«
    »Deine Argumentation klingt zwar einleuchtend«, der Mauerläufer lächelte, »aber ich bezweifle, dass sich der päpstliche Legat
     davon überzeugen lässt.«
    »Der Legat ist selbst der größte Dieb! Außerdem, wovon reden wir denn hier überhaupt! Der Legat und die Fürsten haben doch
     längst ihr Silber bekommen, denn nach dem Raub haben wir die Steuer ein zweites Mal erhoben. Wie sie damit gewirtschaftet
     haben, hat man ja gesehen. Bei Tachau! Das, was nicht in ihre Taschen gelangt ist, ist auf dem

Weitere Kostenlose Bücher