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Gottesstreiter

Titel: Gottesstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Lustbarkeiten führt euch zu Hunzleder?«
    »Eigentlich keine.« Scharley nickte dem Mädchen mit dem |211| Krug zu und taxierte es, als es näher trat, mit Kennerblick. »Was nicht heißen soll, dass wir nicht die eine oder andere ausprobieren.
     Gibt es zum Beispiel heute eine Vorstellung? Ein lebendes Bild?«
    »Klar gibt’s das«, lachte Tauler, »sicher gibt’s das. Ich bin vor allem deswegen hier. Ich werde nicht einmal spielen. Aus
     Angst, dass sie mir auch noch den Gulden abnehmen, den man für die Darbietung zahlen muss.«
    »Und die anderen«, Scharley wies mit dem Kopf Richtung Schanktisch, »wer sind die?«
    »Der am Schanktisch«, Amadeus Bata wischte den Bierschaum von seinem Schnauzbart, »mit dem Kelch auf der Brust, das ist Habart
     Mol von Modřelice, einer der Hundertschaftsführer von Roháč. Der Bärtige, der wie ein Priester aussieht, ist sein Kamerad,
     sie sind gemeinsam gekommen. Bei Hunzleder am Tisch sitzen seine Falschspieler, Namen weiß ich nur einen, den Kahlkopf dort
     nennen sie Jeřabek   ...«
    »Nun denn, ihr Lieben!«, rief Hunzleder von seinem Tisch herüber, sich kräftig und fröhlich die Hände reibend. »Heran an den
     Tisch, zum Spiel, zum Spiel! Fortuna wartet!«
    Manfred von Salm setzte sich als Erster an den Tisch, Scharley folgte seinem Beispiel, Istvan Seczy und Amadeus Bata schurrten
     mit ihren Schemeln. Der mit dem Kelch geschmückte Hundertschaftsführer aus Roháčs Truppe setzte sich dazu, sein Kamerad, der
     wie ein Priester aussah, verließ den Schanktisch. Reynevan blieb, wo er war, Scharleys Warnung eingedenk. Auch Berengar Tauler
     rührte sich nicht von seinem Platz, mit einem Nicken rief er das nächste Schankmädchen zu sich heran. Dieses war rothaarig
     und sommersprossenübersät, die Sommersprossen saßen sogar auf ihren entblößten Unterarmen. Im Unterschied zu den anderen hatte
     sie etwas weniger dunkle Ringe unter den Augen, aber ihr Gesichtsausdruck wirkte seltsam eingefroren.
    »Was spielen wir?«, fragte Hunzleder die am Tisch Sitzenden. »Pikett? Ronfe?
Trentuno? Menoretto?
Zu Eurer Verfügung, |212| zu Eurer Verfügung, was Ihr nur wollt. Vielleicht
cricca
oder
bassetta,
vielleicht auch
trappola
oder
buffa aragiato,
vielleicht wollt Ihr aber auch
ganapiérde
? Ich kenne alle
genera ludorum fortunae
! Ich bin mit allem einverstanden. Bei uns ist der Kunde König. Also wählt!«
    »Zum Kartenspielen sind wir zu viele«, meinte Bata. »Schließlich sollen doch alle ihren Spaß haben. Ich schlage Würfel vor.
     Wenigstens zum Anfang.«
    »Würfel? Die edlen
tesserae
? Bei uns ist der Kunde König. Ich bin zu jedem Spiel bereit   ...«
    »Besonders zum Spiel mit den Würfeln, die du gerade in der Hand hältst«, sagte Istvan Seczy humorlos. »Halt uns nicht für
     Blödmänner, mein Freund.«
    Hunzleder lachte geziert, warf die markanten gelben Würfel, mit denen er gespielt hatte, in den Becher und schüttelte diesen.
     Er hatte kleine, gedrungene Hände und kurze, von Tuberkuloseknötchen gezeichnete Finger. Diese Hände waren das völlige Gegenteil
     von dem, was man sich unter Falschspielerhänden vorstellte. Aber sobald sie sich bewegten, bestätigten sie ihren Ruf, sie
     waren flink wie Eichhörnchen.
    Die gelben Würfel wurden mit einem geschickten Wurf aus dem Becher befördert, rollten nur ein kurzes Stück und kamen beide
     mit der Sechs nach oben zu liegen. Hunzleder, das Gesicht noch immer zu einer Grimasse verzogen, die ein Lächeln vorstellen
     sollte, strich die Würfel mit einer blitzschnellen Bewegung wieder hinein, als haschte er nach einer Fliege auf dem Tisch.
     Er schüttelte den Becher in einem gewaltigen
accozzamento
und würfelte erneut. Es fielen zwei Sechsen. Jeřabek kicherte. Roháčs Hundertschaftsführer fluchte.
    Ein rasches Einsammeln der Würfel, ein
accozzamento
, der Wurf. Und wieder eine doppelte
sex stantia
, doppelte
sex puncti.
Ein Wurf. Zweimal sechs Augen. Ein neuer Wurf. Das Gleiche. Ein Wurf. Der Hundertschaftsführer fluchte erneut.
    »Das war nur ein Scherz«, Hunzleder verzog sein pockennarbiges |213| Gesicht zu einem unentschlossenen Lächeln, »nur ein Scherz. Nur so ein kleiner Scherz.«
    »In der Tat«, Scharley revanchierte sich mit einem schmallippigen Lächeln, »klein, aber geschmackvoll. Und lustig. Einmal
     war ich in Nürnberg Zeuge, wie man bei einem Spiel um Geld dem Spieler für diesen Scherz beide Hände gebrochen hat. An einer
     Steinschwelle, mit einem Schmiedehammer. Ich sage

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