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Gottesstreiter

Titel: Gottesstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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euch, wir haben Tränen gelacht.«
    Fridusch Hunzleders Augen blitzten gefährlich auf. Aber er beherrschte sich und rief wieder ein Lächeln auf sein zerschlagenes
     Gesicht.
    »Ein Scherz ist ein Scherz, und so soll es auch bleiben«, sagte er noch einmal. »Zum Spiel nehmen wir andere Würfel. Die hier
     stecke ich weg   ...«
    »Aber nicht in die Tasche, bei allen hundert Teufeln!«, knurrte Manfred von Salm. »Leg sie auf den Tisch. Als Anschauungsmaterial.
     Die anderen werden wir von Zeit zu Zeit damit vergleichen.«
    »Wie Ihr wollt, ganz wie Ihr wollt!« Der Falschspieler hob die Hände, um zu zeigen, dass er mit allem einverstanden sei, alles
     akzeptiere und dass der Kunde König sei. »Welches Spiel beliebt Euch? Sechsundfünfzig? Sechsen und Sieben?«
    »Vielleicht Glückhaus?«, schlug Scharley vor.
    »Von mir aus auch Glückhaus! Mach schon, Jeřabek!«
    Jeřabek wischte mit seinem Ärmel den Tisch ab und zeichnete mit Kreide ein Rechteck mit elfeinhalb Feldern auf die Tischplatte.
    »Fertig!« Hunzleder rieb sich die Hände. »Ihr könnt Eure Einsätze machen   ... Und du, Bruder Berengar? Gibst du uns nicht die Ehre? Schade, schade   ...«
    »Dein Bedauern erscheint mir wenig aufrichtig, Bruder!« Berengar Tauler gab sich alle Mühe, das Wort »Bruder« überhaupt nicht
     brüderlich klingen zu lassen. »Du kannst dich wohl schon gar nicht mehr daran erinnern, dass du mich letzten Sonnabend wie
     eine Martinsgans gerupft hast? Ich sitze hier, |214| weil es mir an Kapital mangelt, warte auf die lebenden Bilder und vergnüge mich mit meinem Becher. Und vielleicht mit einem
     Gespräch, da es Herr Reinmar, wie ich sehe, auch nicht eilig hat, zu den Würfeln zu kommen.«
    »Wie Ihr wollt.« Hunzleder zuckte mit den Achseln. »Für uns aber, meine Herren, habe ich Folgendes vorgesehen: Zuerst vergnügen
     wir uns mit den Würfeln. Dann, wenn wir weniger geworden sind, spielen wir Pikett oder einen anderen
ludus chartularum
. Dazwischen gibt es eine Darbietung, den so genannten künstlerischen Teil. Aber nun los, meine Herren! Glückhaus! Bitte,
     die Felder zu besetzen. Fortuna, komm zu uns!«
    Eine Zeit lang waren vom Tisch her hauptsächlich Flüche zu hören, der Klang von Münzen, die auf die Felder geworfen wurden,
     das Klappern des
accozzamento
und der Klang der Würfel, die auf den Tisch kollerten.
    »Wie ich das so sehe«, Berengar Tauler nahm einen Schluck aus seinem Becher, »wird Amadeus innerhalb von drei Vaterunsern
     alles verspielt haben und dann zu uns kommen. Wenn du mir also unter dem Siegel der Verschwiegenheit etwas mitzuteilen hast,
     dann jetzt gleich.«
    »Warum glaubst du, dass dies sein könnte?«
    »Intuition.«
    »Ha! Also gut. Burg Troský im Jitschiner Bergland, in der Nähe von Turnau   ...«
    »Ich weiß, wo Burg Troský ist.«
    »Warst du schon dort? Kennst du sie gut?«
    »Ich war schon viele Male da und kenne sie sehr gut. Worum geht es?«
    »Wir wollen dorthin.«
    »Wozu?«
    »Ach, bloß so, zum Spaß«, antwortete Reynevan möglichst gleichgültig. »Das ist so eine Laune von uns und ein netter Zeitvertreib:
     in katholische Schlösser zu gelangen.«
    »Ich verstehe schon und frage nicht weiter. Scharley hat vorhin |215| ganz dezent eine Schuld erwähnt, die ich abzutragen habe. So soll ich also die Rechnung begleichen? Also schön, ich werde
     darüber nachdenken.«
    »Heißt das nun ja, oder heißt das nein?«
    »Das heißt, ich werde darüber nachdenken. He, Marketka! Wein, wenn’s beliebt!«
    Das rothaarige, sommersprossige Mädchen mit dem starren Gesicht und den leblosen Augen schenkte ihm ein. Mangelte es dem Antlitz
     an Schönheit, so machte ihre Figur dies bei weitem wett. Als sich das Mädchen vom Tisch abwandte, konnte Reynevan nicht umhin,
     ihre Taille und die Hüften zu betrachten, die sich wie in einem sanften Tanz hin- und herwiegten und fast eine hypnotische
     Wirkung ausübten.
    »Ich merke schon«, sagte Tauler mit einem Lächeln, »dass dir unsere Marketka ins Auge sticht. Unser lebendes Bild. Unsere
     Adamitin.«
    »Adamitin?«
    »Das heißt, du weißt nichts darüber. Hat dir denn Scharley nichts erzählt? Hast du noch nicht einmal etwas von den Adamiten
     gehört?«
    »Dies und das ist mir schon zu Ohren gekommen. Aber ich bin Schlesier, in Böhmen bin ich erst seit knapp zwei Jahren   ...«
    »Bestell dir was zu trinken. Und setz dich bequem hin.«
    »Der böhmische Umsturz«, begann Berengar Tauler, nachdem Reynevan versorgt worden war,

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