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Gotteszahl

Gotteszahl

Titel: Gotteszahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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konnte.
    »Was?«
    »Warum sind die hier«, wiederholte er. »Die › 25er ‹ . Hier. In Norwegen.«
    Sie schwenkte den Wein im Glas. Der Rhythmus von »Money, Money, Money« dröhnte von unten herauf. Für einen Moment hatte sie Lust, zurückzudröhnen. Wenn Kristiane jetzt nicht einschlief, stünde ihnen eine lange, unruhige Nacht bevor. »Weiß nicht«, sagte sie. »Aber vielleicht sind sie ja auch anderswo.«
    »Nein.«
    Er nahm ihr Glas und trank einen Schluck. »Interpol hat keinerlei Informationen über ähnliche Vorkommnisse irgendwo in Europa. In den USA dagegen arbeitet das FBI an einem Fall, wo …«
    »Sechs homosexuelle Männer ermordet worden sind, und es hat sich herausgestellt, dass es zwischen allen eine Art Zusammenhang gibt«, sagte sie an seiner Stelle. »Auch dieser Fall ist eine harte Nuss.«
    Er lachte leise. »Weißt du wirklich alles, was in diesem verdammten Land vor sich geht?«
    »Die USA sind kein verdammtes Land. Die sind ein wunderbares Land, die USA.«
    Er lachte geradezu herzlich und drückte sie an sich. Sie lächelte ebenfalls. Sie hatte ihn schon lange nicht mehr so lachen hören. »Es kann natürlich auch ein Zufall sein«, sagte sie.
    Als er keine Antwort gab, fügte sie hinzu: »Aber das glaube ich nicht.«
    »Wieso nicht?«, fragte Yngvar. »Wenn sie beschlossen haben, ihren Hass zu … exportieren, dann können sie doch genauso gut hier anfangen wie in jedem anderen Land. Bei genauerer Überlegung …«
    Er versuchte, sich bequemer hinzusetzen. »… sind wir vielleicht besonders gut geeignet. Wir haben die liberalste Gesetzgebung der Welt, was die Rechte von Homosexuellen angeht, wir haben …«
    »Zusammen mit etlichen anderen«, fiel sie ihm ins Wort. »Und einigen Staaten der USA. Kein Grund herzukommen. Ich glaube ganz einfach nicht …«
    Yngvar wirkte so unruhig, dass sie sich aufsetzte und seinen Gürtel öffnete. »Ich liebe dich, egal wie viel du wiegst«, sagte sie. »Aber es sieht ein bisschen albern aus, den Gürtel so wortwörtlich enger zu schnallen. Kannst du dir nicht etwas größere Sachen kaufen, Lieber?«
    Sie hätte schwören können, dass er rot wurde.
    Aber er ließ den Gürtel offen hängen.
    »Ich glaube, sie sind aus einem ganz bestimmten Grund hier«, sagte sie.
    »Aus welchem?«
    »Wenn ich das wüsste. Aber sie haben einen.«
    »Verdammt«, sagte Yngvar und richtete sich mühsam auf.
    »Wohin willst du?«
    Er murmelte etwas, was sie nicht verstehen konnte, und ging zum Flur. Aus dem Untergeschoss hörte sie »Super Trouper« und ertappte sich dabei, dass sie mitsummte. Um diese blöde Melodie aus ihrem Kopf zu vertreiben, nahm sie einen Kugelschreiber vom Couchtisch und eine Zeitung aus dem Korb auf dem Boden. An den Rand der Vorderseite von Aftenposten kritzelte sie einige Notizen. Als sie fertig war, versank sie in Nachdenken, so tief, dass sie Yngvar erst bemerkte, als er sich wieder neben sie fallen ließ. Jetzt trug er eine weite Schlafanzughose und ein riesiges Footballtrikot aus den USA.
    »Schau mal«, sagte sie und tippte mit dem Kugelschreiber auf die Zeitung.
    »Davon begreif ich gar nichts«, sagte er und runzelte die Stirn angesichts ihrer unverständlichen Kritzeleien.
    »Modus«, sagte sie kurz.
    »Ja?«
    »Sophie Eklund wurde durch eine Manipulation an ihrem Auto umgebracht. Also der Versuch, einen Mord zu tarnen.«
    »Ja …«
    »Niclas Winter wurde als Opfer einer Überdosis verbucht. Was er ja auch war, aber alles lässt annehmen, dass er mit Curacit getötet worden ist. Mit anderen Worten, noch ein Versuch, einen Mord zu tarnen.«
    »Wie kann man eigentlich einem erwachsenen und ziemlich gesunden Mann eine Curacitspritze setzen?«, murmelte Yngvar und versuchte noch immer, ihre Schrift zu entziffern. »Ich würde mich wie besessen wehren.«
    »Ich stelle mir als Erstes vor, dass ihm eingeredet worden ist, es wäre etwas anderes. Heroin zum Beispiel.«
    »Ja …«
    »Oder man kann ihn überrumpeln. Curacit wirkt unheimlich schnell. Wenn man das in den Mund spritzt, wo es viele Blutgefäße gibt, dann tritt die Wirkung in Sekundenschnelle ein.«
    »In den Mund? Aber man kann doch niemanden zwingen, den Schnabel aufzureißen, um sich einen Happen Curacit verpassen zu lassen?«
    Sie zog die Beine zum Lotossitz hoch und biss in den Kugelschreiber. »Runar Hansen, der Arme, um den hat sich niemand so richtig gekümmert. Junkies, die niedergeschlagen werden und an ihren Verletzungen sterben, erregen kaum noch Aufmerksamkeit.

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