Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gotteszahl

Gotteszahl

Titel: Gotteszahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
Vom Netzwerk:
Gebet: »Danke, dass du mir die Kraft gibst, deinen Geboten zu folgen, Herr. Danke, dass du mir Tatkraft und Mut gibst, deine Befehle zu befolgen. Danke, dass du mich ein Werkzeug in diesem Kampf gegen die satanische Finsternis sein lässt. Danke, dass du mir die Weisheit gibst, Recht von Unrecht zu unterscheiden, Gut von Böse, Echt von Falsch. Danke, dass du mich bestrafst und belohnst, wie ich es verdiene. Danke, dass ..«
    Einen Moment lang zögerte er. Er faltete die Hände noch fester und kniff ergriffen die Lider zusammen. »Danke, dass ich das schöne kleine Mädchen retten durfte, den unschuldsreinen Engel. Danke, o Herr, dass du es mir ermöglichst, Jesu Nähe wieder zu spüren. Denn dein ist Alles, und Reinheit ist das Ziel. Amen.«
    Langsam hob er das Gesicht gen Himmel. Die Kraft, die ihn durchströmte, ließ ihn erschauern, er fühlte sich fast schwerelos. Ein Vogel hob von einem verschneiten Zweig ab und schrie schrill, ehe er vor dem schwarzen Himmel verschwand. Der Mann richtete sich auf, atmete die frische kalte Luft ein, die nach Tannennadeln duftete, und griff zu einem kleinen roten Kleeblatt aus emailliertem Metall. Er schob die Hände in Fäustlinge, die er an einer U-Bahn-Station gefunden hatte, und rieb den Anstecker energisch ab, ehe er ausholte und ihn zwischen die Bäume warf. Als er sich wieder ins Auto setzte, fühlte er sich glücklich.
    Geläutert.
    Er musste die hundert Meter zur Landstraße zurücksetzen, aber das war kein Problem. Eine Viertelstunde später fuhr er weiter über die E 6 in Richtung Göteborg. In zwei Tagen würde er wieder in den USA sein, und in Norwegen gäbe es keine einzige Spur von ihm.
    Dessen war er sicher.
    »Unsere sicherste Spur ist das hier.«
    Yngvar ließ sich auf dem Sofa zurücksinken und hielt das Bild von Kristianes Retter hoch. »Und es ist gar nicht so wenig.«
    Inger Johanne schmiegte sich dichter an ihn. Er roch nach langem Arbeitstag, und sie schob die Nase an seinen Ärmel und atmete tief ein. »Danke, dass du nicht mehr böse bist«, murmelte sie.
    Er gab keine Antwort.
    »Oder bist du es noch?«
    Sie lächelte ein wenig und schaute zu ihm auf.
    »Das nicht. Ich bin wohl eher … enttäuscht. Vor allem enttäuscht.«
    »Jetzt klingst du, als ob du ein Kind tadeln wolltest.«
    »Irgendwie will ich das wohl auch.«
    Sie fuhr hoch. »Also wirklich, Yngvar. Ich habe gesagt, dass es mir leidtut. Ich hätte zuerst zu dir kommen müssen. Es ist nur … Du bist immer so … immer so skeptisch. Ich wusste, du würdest meine ganze Theorie anzweifeln und ich …«
    »Hör jetzt auf !«, sagte er hitzig. »Getan ist getan und gegessen ist gegessen.«
    »Es hat sich aber als Glückstreffer erwiesen, dass ich mich an Silje Sørensen gewandt habe.«
    Sie rang sich ein aufmunterndes Lächeln ab und hoffte, dass er es erwidern würde.
    Aber das tat er nicht. Yngvar kratzte sich mit beiden Händen am Kopf und schnaubte gereizt. Dann griff er wieder zu dem Bild des dunkel gekleideten glatzköpfigen Mannes. Musterte es lange, ehe er plötzlich sagte: »Du weißt, dass ich mich mit Isak gut verstehe. Er kann natürlich gern hier sein. Ich lasse es mir aber nicht gefallen, dass du ihn als Schild gegen mich verwendest und dass er hier auf mich wartet, wenn ich nach mehreren Tagen Einsatz in einer anderen Stadt zurückkomme, wenn du und ich seit über dreißig Stunden nicht mehr miteinander gesprochen haben und uns, gelinde gesagt, sehr viel zu … sagen haben. Das darf nie wieder passieren!«
    »Aber dann hättest du mir nicht geglaubt! Ich habe dieses scheußliche Gefühl schon seit dem 19. Dezember und ich habe nicht gewagt, dir oder Isak etwas zu sagen. Mein Gespräch mit Kristiane, als mir klar wurde, dass sie eine zentrale Zeugin ist, das war so vage, so wenig … greifbar, dass ich … Als Isak gesagt hat, dass auch er … Du hättest mir nicht geglaubt, Yngvar.«
    »Das ist keine Frage von glauben oder nicht glauben, Inger Johanne. Es macht mir natürlich keine Probleme zu glauben, dass du, und später Isak, eine Art Gefühl hattet, Kristiane werde beobachtet. Oder dass du glaubst, Kristiane habe etwas gesehen, was für den Mörder oder die Mörder von Marianne Kleive wichtig ist. Aber dass ihr so ein Gefühl habt, muss nicht bedeuten, dass es wirklich so ist. Vor allem, da ihr beide nichts Konkreteres liefern könnt als eben ein … › Gefühl‹.«
    Er zeichnete mit den Fingern Gänsefüßchen neben ihre Wange.
    »Der Ordner war verschwunden und

Weitere Kostenlose Bücher